Dachau:Neue Grundsätze für Investoren

Die Stadt Dachau gibt sich neue Richtlinien für die Baulandentwicklung. Darin wird festgelegt, wie Bauherren an den Kosten für Kindergärten und Schulen, aber auch am sozialen Wohnungsbau beteiligt werden können.

Von Petra Schafflik, Dachau

Wenn neue Stadtviertel entstehen, Menschen von auswärts zuziehen, gerät die bestehende Infrastruktur rasch an ihre Grenzen. Die Folge: Wichtige Einrichtungen wie Kitas oder Schulen müssen erweitert oder neu gebaut werden. Das kostet die Stadt viel Geld. Damit sie diese Folgekosten nicht wie bisher alleine tragen muss, sollen Investoren künftig über die "Dachauer Grundsätze zur Baulandentwicklung" beteiligt werden.

Diese Regeln werden die bestehende Richtlinie zur "Sozial gerechten Bodennutzung" ablösen, die sich in der Praxis als untauglich erwies. Das neue Konzept wird gerade vom Stadtbauamt gemeinsam mit einer spezialisierten Anwaltskanzlei entwickelt. Fachjurist Nikolaus Birkl gab den Stadträten im Bauausschuss schon einmal einen Einblick in den "Werkzeugkasten", mit dessen Mitteln Bauherren künftig an den Folgelasten gewinnträchtiger Bauprojekte beteiligt werden sollen und mit denen sozialer Wohnungsbau umgesetzt werden kann.

"Es geht um Kostenerstattung, nicht um Gewinnabschöpfung", erklärte Birkl. Bauträger oder Investoren sollen aus ihren Projektgewinnen einen Teil genau der Kosten übernehmen, die der Stadt nur aufgrund ihrer Bautätigkeit entstehen. Betroffen sind nur Flächen, auf denen die Stadt künftig neues Baurecht schafft, wo Ackerflächen zu Bauland werden und damit für den Eigentümer eine massive Bodenwertsteigerung entsteht.

Die Grundlagen für eine finanzielle Beteiligung zu schaffen, sei aufwendig, räumte Birkl ein. Konkret funktioniert es so: Über eine Prognose der Stadtentwicklung in den folgenden zehn bis 15 Jahren werden die Kosten aller dadurch notwendigen neuen Infrastrukturprojekte hochgerechnet, diese Summe dann auf die geplanten Wohnflächen umgelegt. Am Ende steht ein fester Eurobetrag, der pro Quadratmeter Neubaufläche zu bezahlen ist.

Nach diesem Verfahren, das erst aufgrund neuer Rechtsprechung möglich ist, können auch kleinere Bauvorhaben anteilig Geld in den Investitionstopf der Stadt bringen. Bisher war Voraussetzung, dass ein Infrastrukturprojekt wie etwa ein Schulbau direkt und vollständig durch ein Neubauvorhaben ausgelöst wird. "Einheitlich, fair und transparent" nannte Bauamtsleiter Michael Simon das neue Verfahren. Kein Investor wird zu stark belastet, die Kostenbeteiligung muss im Verhältnis zum Planungsgewinn "angemessen" sein.

Der Stadtrat steht einmütig hinter den neuen Grundsätzen zur Baulandentwicklung, Diskussionsbedarf gab es im Detail. Auf Nachfrage von Kai Kühnel (Bündnis für Dachau) bestätigte Anwalt Birkl, dass einzelne Bauprojekte mit individuell hohen Folgelasten unwirtschaftlich sein können. Kühnel zielte auf das MD-Gelände, dessen Entwickler Herbert Ullmann die Diskussion im Sitzungssaal als Zuhörer verfolgte. Bei dem ehemaligen Industrieareal könnten unter anderem durch eine aufwendige Bodensanierung die Kosten enorm hoch werden. Eine Kommune könne jedoch darauf verzichten, alle Kosten eines Projekts umzulegen, wenn ihr die Entwicklung eines Areals wichtig sei, sagte Birkl. "Wenn man es sich nicht leisten kann, sollte man nicht den griechischen Weg gehen", meinte dagegen Kühnel.

Umstritten war im Bauausschuss die Frage, welcher Anteil von sozialem Wohnungsbau in neuen Wohngebieten gefordert werden soll. Eine Quote von 30 Prozent, wie sie etwa in München seit langem üblich ist, hält die CSU-Fraktion für überzogen. In Dachau unterliegen 2,6 Prozent der Wohnungen einer Sozialbindung, etwa noch einmal so viele werden von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Stadtbau auf freiwilliger Basis zu günstigen Mietzinsen vergeben. Im Vergleich dazu seien 30 Prozent "ein bisschen zu hoch gegriffen", sagte CSU-Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky.

Der Zusammenhang erschloss sich nicht allen. "Welche Auswirkung hat die Bestandszahl auf die Zielquote?" fragte Kühnel. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) schilderte den enormen Bedarf, der sich in langen Wartelisten ausdrücke. Weil das Diktum der Ausgewogenheit gelte, bedeute mehr sozialer Wohnungsbau weniger Geld für Infrastruktur, erklärte CSU-Stadtrat Dominik Härtl.

SPD, Grüne und Bündnis für Dachau machten sich dennoch dafür stark, ein Drittel künftiger Baugebiete für sozialen Wohnungsbau zu reservieren. Zumal andere Gemeinden im Großraum München wie etwa Erding und Fürstenfeldbruck die gleiche Zielvorgabe fixiert hätten. Schließlich einigten sich die Stadträte, vorerst einen Korridor von 20 bis 30 Prozent sozialem Wohnungsbau zu vereinbaren. Geprüft wird noch, ob neben Kitas und Schulen auch Jugendräume und Sportflächen mit in die Liste der sozialen Infrastruktur aufgenommen werden können, die anteilig von Investoren zu finanzieren sind.

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