Dachau:Ned mei Bua

Da Billi Jean is ned mei Bua

Wild, laut, extrovertiert: Stefan Leonhardsberger (links) und Martin Fischer bieten beste Unterhaltung.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Zwei Österreicher schreiben berühmte Popsongs um - und begeistern das Publikum im Thoma-Haus

Von Julian Erbersdobler, Dachau

Stefan Leonhardsberger hätte auch ein Telefonbuch vorlesen können. Selbst dann wäre er bei seinem Publikum im Ludwig-Thoma-Haus sehr gut angekommen. Der Liedermacher bei Kerzenschein, begleitet vom grandiosen Martin Schmitt an der Gitarre und seinem österreichischen Schmäh. Die Stimme hat Sound, wie man so schön sagt. Einen Sound, der auch scheinbar verstaubte Wörter wie "arg" und "okay" wiederbelebt und ihnen Coolness verleiht. Um im Bild zu bleiben: Der von "Tollhaus Dachau" veranstaltete Liederabend war mehr als "oooarg".

Stefan Leonhardsberger und Martin Schmitt covern Hits aus der Pop-Geschichte und machen daraus ihre eigenen Austro-Pop-Geschichten. Mal leise und intim, mal wild, laut, extrovertiert. Und obwohl im Stockmann-Saal einige Stühle leer bleiben, springt der rot-weiß-rote Funke ins Publikum über. "Ihr hört's mir wahrscheinlich an, in meinem Hochdeutsch ist eine leichte österreichische Färbung drin", sagt Stefan Leonhardsberger einleitend und weiß sich zu rechtfertigen. Er ist im Mühlviertel aufgewachsen, dem oberösterreichischen "Auenland". "Hier leben kleine Männer mit haarigen Füßen", erinnert sich der Liedermacher.

Es zog ihn, wie so viele andere, schließlich in eine Zwölf-Quadratmeter-Studentenwohnung, nach Wien. Nach Anfangsschwierigkeiten lernt der 20-jährige Leonhardsberger einen Mann namens Tonic kennen, für den das Wort Womenizer in den Duden aufgenommen wurde. Grund genug, ihm ein Ständchen zu widmen und auch den Liederabend entsprechend zu benennen: "Da Billi Jean is ned mei Bua." Die Geschichte ist simpel: Tonic wird Vater und - zu allem Übel - auch noch von der Nachricht überrascht. Die Melodie für den Hit liefert kein Geringerer als Michael Jackson. "In da Post liagt a Brieferl drin, a G'richtstermin, mei Pump'n springt, da steht ja drin, dass i jetz Vada bin", heißt es treffend in der ersten Strophe.

Den Zwischengesang übernimmt Martin Schmitt; das Exzentrische, den angedeuteten Moon-Walk, den Griff in den Schritt, das Flirten mit dem Publikum, Aufgaben von Stefan Leonhardsberger, die er mit einer verblüffenden Leichtigkeit wegtanzt. In einem anderen Song werden die Musiker politisch. Der Liedermacher deutet an, dass sich wegen der kernigen Botschaft vielleicht bereits in zehn bis 15 Jahren etwas ändern könnte: die Zeitumstellung.

Natürlich braucht es auch in diesem Fall einen passenden Cover-Song und schon wird Lana del Reys "Summertime Sadness" zu Leonhardsbergers "Sommerzeit Jetlag", der sich so anhört: "Hey, i spinn, warum is scho so hell, g'fuit is doch erst simme, seit wann geht des so schnell. I hab kei Zeit zum Grübl'n, i bin scho a Stund spat und renn durch die Stadt. Stell die Uhr bevor du gehst - Sommerzeit-Umstellung. I wollt nur, dass du verstehst: Heit fehlt uns a Stund."

Gegen eine zusätzliche Stunde hätten die begeisterten Zuschauer im Ludwig-Thoma-Haus sicher auch nichts gehabt.

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