Dachau:Müttern den Rücken frei halten

Dachau: Sich Zeit nehmen, die Anliegen und Sorgen der Familie ernst nehmen und Sicherheit vermitteltn - das leisten Ehrenamtliche, sagt Anja Mußmann-Walter.

Sich Zeit nehmen, die Anliegen und Sorgen der Familie ernst nehmen und Sicherheit vermitteltn - das leisten Ehrenamtliche, sagt Anja Mußmann-Walter.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

"Wellcome" sucht Ehrenamtliche, die Familien mit Kindern unterstützen und zeitlich entlasten

Von Petra Schafflik, Dachau

Kaum hat sich Monika Dreseler-Wilk auf der gemütlichen Eckbank niedergelassen, sausen Elisabeth und Sophia schon herbei und kuscheln sich dazu. Wenige Minuten später sind die zweieinhalbjährigen Zwillinge vertieft in ein Spiel, das die Besucherin mitgebracht hat, entwerfen voller Eifer aus bunten Steckfiguren einen niedlichen Käfer. "Die Mädchen fragen schon immer, wann Monika wieder kommt und freuen sich", erzählt Mutter Stephanie Z. Als die Familie im Sommer ihr drittes Kind erwartete, hatte Stephanie Z. beim Projekt Wellcome angefragt. Seit September kommt jetzt Monika Dreseler-Wilk als ehrenamtliche Helferin einmal wöchentlich für ein paar Stunden vorbei, um die Eltern in den ersten Monaten nach der Geburt des Babys zu entlasten. Eine Unterstützung, die gut tut, zumal alle Angehörigen hunderte Kilometer weit weg leben, wie Stephanie Z. betont. "Diese Hilfe entspannt unseren Alltag."

Für Monika Dreseler-Wilk ist der Einsatz bei Familie Z. Routine, denn die 39-Jährige ist bereits seit fünf Jahren bei Wellcome engagiert. Denn Dreseler-Wilk, selbst Mutter von drei Kindern, darunter auch Zwillingen, weiß nur zu gut, wie aufreibend das Leben mit kleinen Kindern sein kann. "Ich kann nachfühlen, wie alleine man dann oft dasteht." Sobald ihr Jüngster in den Kindergarten kam, meldete sie sich deshalb bei Wellcome, um Eltern mit Neugeborenen in der ersten Zeit zu unterstützen. Eine Aufgabe, die ihr immer noch große Freude bereitet. "Es macht mir einfach Spaß mit Kindern." In allen Familien, die sie betreut hat, konnte sie zeitliche Entlastung schaffen. Und eine Portion Ruhe und Gelassenheit einbringen.

Auch Stephanie Z. ist froh über die Hilfe, von der sie über einen Flyer erfahren hatte. Sobald die Wellcome-Helferin mit den Mädchen spielt, ihnen vorliest oder die zwei auch mal mitnimmt zum nahe gelegenen Spielplatz, bleibt der Mutter Zeit für den Jüngsten und für sich selbst. "Eine halbe Stunden Bewegung an der frischen Luft, Bürokram, den man mit drei Kindern nicht erledigen kann, dann mit dem Kleinen spielen oder in aller Ruhe etwas kochen" - so lautet ihr Programm. Natürlich schätzt sie auch die Erfahrung von Monika Dreseler-Wilk, gerade auch mit einer ähnlichen Geschwisterkonstellation. "Da hole ich mir schon mal Tipps."

So wie Monika Dreseler-Wilk engagieren sich aktuell 30 Ehrenamtliche im Landkreis, betreuen Familien in der erste Zeit nach der Geburt eines Kindes. Das Programm Wellcome läuft seit 2010 und das Interesse von jungen Familien wächst ständig. Allein im vorigen Jahr wurden 36 Eltern und Kinder begleitet, berichtet Anja Mußmann-Walter, die als gelernte Kinderkrankenschwester und Sozialpädagogin das Projekt koordiniert. "Für die kommende Zeit liegen schon wieder vier Anfragen vor."

Wellcome richtet sich gezielt an Familien mit Babys, doch auch für Eltern mit ein wenig älteren Kinder gibt es mit "Familienpaten" ein maßgeschneidertes Angebot. Ziel ist es, Eltern und Kinder in unterschiedlichsten Lebenslagen in Krisen und bei Problemen aktiv zu unterstützen. Einzige Voraussetzung ist, dass eines der Kinder noch unter drei Jahren alt sein muss. Eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern zum Beispiel wird derzeit von Familienpatin Ingrid Prantl betreut und entlastet. Prantl, selbst vierfache Mutter, die über viele Jahre auch Mutter-Kind-Gruppen beim Dachauer Forum geleitet hat, nutzt ihre profunde Erfahrung nun fürs Ehrenamt. Wenn sie in "ihre" Familie kommt, stehen die Kinder im Mittelpunkt. Gemeinsam Schlitten fahren oder drinnen basteln und vorlesen, "da bin ich flexibel".

Weil es mit drei Kindern viele Termine zu koordinieren gibt, hält die Familienpatin der Mutter ganz nach Bedarf den Rücken frei. Wichtig sei, so Ingrid Prantl, sich auf die Familie und ihren Lebensstil einzulassen. Und Ratschläge nur zu erteilen, wo sie nachgefragt werden. Als Ersatzoma sieht sich Prantl dezidiert nicht. "Die Position der Großeltern ist in den Familien doch belegt, ich bin einfach die Ingrid." So wie Ingrid Prantl sind im Landkreis derzeit 14 ehrenamtliche Familienpaten aktiv, die allein im Vorjahr 19 Eltern und deren Kinder betreut haben. Egal ob Umzug, Trennung, Krankheit eines Elternteils oder schlicht Unterstützung im aufreibenden Alltag mit Mehrlingen oder mehreren Kindern: Die Hilfe gestaltet sich so unterschiedlich, wie die Familien und ihre Lebenssituation. "Immer geht es darum, sich Zeit nehmen, die Anliegen und Sorgen der Familie ernst zu nehmen, dabei Sicherheit zu vermitteln durch regelmäßige Termine", erklärt Anja Mußmann Walter, die im Mehrgenerationenhaus neben "wellcome" auch das Projekt "Familienpaten" koordiniert. "Spezielle Fachkenntnisse braucht es nicht", betont Ingrid Prantl.

Weil die Nachfrage der Familien im Landkreis wächst, sind weitere Ehrenamtliche in beiden Projekten dringend gesucht und herzlich willkommen. Wer sich für die Aufgabe einer Wellcome-Helferin oder eines Familienpaten interessiert, erhält Auskünfte bei Anja Mußmann-Walter unter Telefon 08131 / 6 15 01 29 oder E-Mail (für beide Projekte): dachau@wellcome-online.de.

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