Wohnungsbaukonferenz in Dachau:Auf Augenhöhe mit München

Lesezeit: 3 min

Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (am Rednerpult 2. v. re.) eröffnet die diesjährige Wohnungsbaukonferenz im Dachauer Schloss. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Landeshauptstadt und die Kommunen im Umland wollen die Herausforderungen des rasanten Wachstums in der Region gemeinsam anpacken. Bei der Konferenz wird die Zusammenarbeit forciert.

Von Julia Putzger, Dachau

Seite an Seite, so wollen die Stadt München und das Umland sich den großen Herausforderungen in der Region stellen. Dass das gleichwohl schwierig werden dürfte, ist bei der fünften regionalen Wohnungsbaukonferenz erneut deutlich geworden, die am Dienstag im Schloss Dachau stattfand. Doch nicht nur die Probleme, sondern auch die möglichen Lösungen und die motivierten Mitstreiter sind zahlreich. Der Tenor der Konferenz: "Packen wir es gemeinsam an!"

Anders als der Titel der Veranstaltung vermuten lässt, geht es an diesem Tag im Dachauer Schloss nicht nur um das Thema Wohnraum. Im Fokus stehen die vier Bereiche Mobilität und Kommunikation, Gesellschaft und Zusammenleben, Arbeit und Wirtschaft sowie Freizeit und Erholung. Neben Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Dachaus Landrat Stefan Löwl (CSU) sind etliche andere politische Entscheidungsträger aus München und den umliegenden Landkreisen gekommen, auch Vertreter aus Wirtschaft und von verschiedenen Verbänden und Vereinen sind da. Im Mittelpunkt steht die große Frage: Wie soll die Region München im Jahr 2040 aussehen?

Wie soll die Region München im Jahr 2040 aussehen?

"Wir brauchen integrierte Gewerbestandorte" - "Arbeiten und Wohnen müssen stärker vernetzt sein" - "Das Bahnnetz muss besser ausgebaut werden" - diese und weitere Forderungen sind bei den Debatten zu hören. Über all dem steht aber - das stellt nicht nur Reiter gleich zu Beginn klar - die interkommunale Zusammenarbeit. Planungen und Überlegungen dürften nicht an der Stadt- oder Landkreisgrenze enden. Wichtig dabei: Die gemeinsame Arbeit soll auf Augenhöhe stattfinden. "Hier oben am Schlossberg könnte man zwar denken, dass wir auf München herabblicken, aber eigentlich sind wir auf derselben Höhe wie der Marienplatz", erklärt Löwl. Reiter ergänzt, dass sich die Zusammenarbeit in der Region in den vergangenen sechs Jahren stark verbessert habe, sichtbar beispielsweise anhand gemeinsamer Bildungsinfrastruktur. Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) gibt aber auch zu bedenken: "Wir müssen trotzdem unsere Identität bewahren."

Unter den Ergebnissen auf die Fragestellungen der vier Thementische sind zwar keine bahnbrechenden Neuheiten, sie stellen aber dennoch eine gute Zusammenfassung der Hoffnungen und Sorgen dar, die Menschen im Großraum München mit Blick in die Zukunft haben wie zum Beispiel die horrenden Mieten oder der drohende Verkehrskollaps. Das ergibt ein "Bild der Region", wie es die Organisatoren formulieren, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Vier Grafikkünstler - einer je Themenbereich - lauschen den ganzen Tag über den Diskutanten und verwandeln deren Ideen dann eifrig in kleine Zeichnungen. So werden die verschiedenen Problematiken schnell greifbar, auf einem Plakat ist zum Beispiel ein Zug zu sehen, aus dem ein Fahrgast ein Schild in die Luft hält: "Wir brauchen mehr Schiene", steht darauf. Quer über die vier mannshohen Zeichenboards verläuft ein Straße, denn, das wird schnell klar: Eine scharfe Trennung kann es auch zwischen den einzelnen Themen nicht geben.

"Freiraum ist keine Restraumverwertung"

Konkretere Ergebnisse für die Probleme, die im Sinne der Veranstalter bis 2040 gelöst sein sollen, liefern die drei sogenannten Stammtische. Beim Thema Engagement im Wohnbau werden verschiedene Modelle vorgestellt, die es Kommunen erleichtern sollen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Brigitte Keller, kaufmännische Vorständin der Wohnbaugesellschaft Ebersberg, stellt etwa deren Modell vor: Der Landkreis arbeite hier mit den Kommunen zusammen, was unüblich sei. So könnte beispielsweise das Knowhow größerer Gemeinden gebündelt werden - wovon wiederum die kleineren profitierten - oder Verwaltungskapazitäten zur Verfügung gestellt werden. Des Weiteren gibt es den Stammtisch "Freiraum richtig denken", dessen Ergebnisse der Geschäftsführer des Regionalparks Rheinmain, Kjell Schmidt, zusammenfasst: "Freiraum ist keine Restraumverwertung." Für den Großraum München rät er, ein Gesamtkonzept ähnlich dem Regionalpark zu schaffen, um die vielen "einzelnen Juwelen besser zu fassen" und Ausflugsziele abseits des Altbekannten attraktiver zu machen. Am dritten Stammtisch wird außerdem über eine mögliche Internationale Bauausstellung (IBA) in München diskutiert. Die Münchner Stadtbaurätin Elisabeth Merk ist sich sicher: "Die Zeit ist reif."

Klare Ansagen in Bezug auf alle derzeitigen Schwierigkeiten, die vielfach auf das Wachstum der Region zurückzuführen sind, macht auch Dieter Reiter. Man brauche vor allem Geschwindigkeit, um Lösungen voranzutreiben. In Richtung derer, die das Wachstum an sich kritisieren, mahnt er jedoch: "Einfach auf den Stoppknopf drücken, funktioniert nicht." Es sei Zeit für eine differenziertere Debatte - die Wohnungsbaukonferenz kann dafür jedenfalls wichtige Impulse geben.

© SZ vom 14.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: