Naturschutz:Dachauer Moos braucht innovative Bauern

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Die Experten sparen bei ihrem Vortrag im gut besuchten Stockmannsaal des Thoma-Hauses nicht an Zahlen und Fakten, um ihre Thesen zugunsten einer Renaturierung zu untermauern. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Moore leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Flächen stark entwässert, um sie urbar zu machen. Bei einer Veranstaltung vom Bund Naturschutz und dem Bündnis für Dachau zeigen Experten Wege auf, wie landwirtschaftliche Nutzung auch auf nassen Böden wirtschaftlich funktionieren kann

Von Felix von den Hoff, Dachau

Einer der beiden Preisträger des diesjährigen Deutschen Umweltpreises ist der Moorforscher Hans Joosten. Mit seinem sprachlich verknappten Standpunkt "Moor muss nass" setzt er sich seit Jahrzehnten gegen Moorentwässerung und damit für Klimaschutz ein. Das zeigt, welche wichtige Rolle das Thema Renaturierung von Moorflächen in der Diskussion um Klimaschutz und ökologischen Wandel eingenommen hat - und wie aktuell es ist.

"Es geht um ein absolut wichtiges Thema", betont auch Peter Heller, Vorsitzender des Bund Naturschutz (BN) Ortsgruppe Dachau, am Dienstagabend im Stockmann-Saal des Ludwig-Thoma-Hauses. Zusammen mit dem Bündnis für Dachau hatte der BN zum Themenabend "Der Dachauer Moorschatz - Bedeutung der Moore für Klima und Mensch" eingeladen. Der Saal ist gut besucht, fast alle der in Zweiergruppen im Raum angeordneten Stühle sind besetzt. Nur die Jugend ist an diesem Abend eher spärlich vertreten.

Schnell wird an diesem Abend klar, welche Bedeutung die Nässe der Moore für den Klimaschutz hat. Denn die oft zum Zwecke der Land- und Forstwirtschaft entwässerten Moorflächen setzen klimaschädliche Gase wie Kohlendioxid, Methan oder Lachgas frei, die zuvor im Moor gebunden waren. Die Gebiete müssen daher wieder bewässert werden - und zwar schnell.

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Dass auch im Landkreis Dachau dringender Handlungsbedarf besteht, zeigt eine Karte der Region, welche die CO₂-Emissionen des "Dachauer Moorschatzes" mit Hilfe einer Ampelskala veranschaulichen. Nach grünen Flecken sucht man rund um das Ried- und Hackermoos oder das Palsweiser Moos vergebens.

Gefragt sind nun die Landwirte und Privatbesitzer, aber auch die Anstalt Bayerische Staatsforsten, die die Moorflächen nutzt. "Gerade die Staatsflächen müssen eine Vorbildfunktion übernehmen", stellt Annette Freibauer klar. "Der Druck zu handeln ist sehr groß." Als Biologin am Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft forscht sie seit Jahren auf einer Testfläche bei Karolinenfeld am Erhalt von Moorflächen. An diesem Abend referiert sie über Möglichkeiten, diese Flächen landwirtschaftlich zu nutzen. Es gehe nämlich nicht nur darum, wie man im Moor Klimaschutz betreiben könne, sondern auch darum, wie dort langfristig landwirtschaftliche Gewinne zu erzielen seien. Ohne Anreize könne man nicht auf die Hilfe der Landwirte bei der für das Klima so wichtigen Renaturierung der Moorflächen hoffen. Doch die Hierarchie in dieser Beziehung steht fest: "Es muss auf diesen Flächen dauerhaft so nass wie möglich sein. Und die Landwirtschaft muss sich daran anpassen", so Freibauer. Dazu forsche sie aktuell an sogenannten Paludikulturen - nässebeständigen Pflanzen, die auch auf den nassen Moorflächen ertragreich genutzt werden könnten. Anreize für die Landwirte müssten aber von der Politik kommen.

Als Rahmen dafür wurde 2014 das Klimaschutzprogramm Bayern 2050 beschlossen, das die Renaturierung von Mooren vorsieht. Bis 2040 soll Bayern außerdem klimaneutral sein. "Ohne die Renaturierung von Mooren ist das nicht möglich", erläutert Matthias Drösler, Biologe am Institut für Ökologie und Landschaft der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, der eng mit dem Freistaat an diesen Zielen arbeitet. "Dieser Verantwortung sind wir bisher noch nicht gerecht geworden." Außerdem hätten die intakten Moorflächen auch darüber hinaus einen "extrem hohen Naturschutzwert." Insbesondere viele Tiere, die auf der Roten Liste gefährdeter Arten zu finden sind, würden dort einen geeigneten Lebensraum finden.

Am Ende einer angeregten Diskussion bleibt kaum mehr Zeit, um die Situation im Landkreis Dachau genauer zu beleuchten. Zwei große Bauvorhaben werden dann vom Publikum allerdings doch noch zur Sprache gebracht: die Ostumfahrung und der geplante Bau einer Hochspannungsleitung, die den Landkreis kreuzen soll. Für beide Projekte müsste in Moorflächen eingegriffen werden. Auf die Frage nach einer Einschätzung der Wissenschaft dazu, äußert sich Dösler bestimmt: "Ein Eingriff in den Torfkörper heißt immer, Torf zu verlieren." Jedes Bauprojekt müsse also auch in diesem Hinblick sehr genau von Experten geprüft und beurteilt werden.

So gelte es, vor allem im Landkreis Aufmerksamkeit für die Bedeutung der Moore für Klima und Mensch zu schaffen, "um dem katastrophalen Zustand des Dachauer Mooses entgegenzuwirken", schließt Peter Heller den Abend. "Es wartet eine kleinteilige und auch teure Arbeit auf uns, die sich aber lohnen wird."

© SZ vom 15.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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