Dachau:Montessori-Kinderhaus in Not

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Das Feuer in dem Gebäude, in dem auch das Montessori-Kinderhaus untergebracht ist, bricht am 28. April 2022 aus. (Foto: Toni Heigl)

Der Montessori-Verein muss Fördergelder in Höhe von 500 000 Euro zurückzahlen. Die Einrichtung bleibt trotz allem in Betrieb.

Von Eva Waltl, Dachau

Den Vorstand des Montessori-Kinderhauses in Dachau plagen große finanzielle Sorgen. Der Verein muss Fördergelder in Höhe von mehr als 500 000 Euro zurückzahlen. Der Grund: Die Einrichtung hat Auflagen des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes in der Vergangenheit nicht erfüllt. Die Folgen sind hart: Das Montessori-Kinderhaus ist nun insolvent. Doch die Eltern der ungefähr 70 Kinder, die dort unter der Woche betreut werden, brauchen keine Sorge zu haben. Der Betrieb geht weiter. Finanziell werden sie wohl auch nicht zur Kasse gebeten.

"Der Vorgang liegt schon über ein Jahr zurück", erklärt Landrat Stefan Löwl. "Es gab eine Überprüfung der Mittelverwendung." Die Qualifikationen von pädagogischen Mitarbeitern habe nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen, um die entsprechenden Zuschüsse beziehen zu dürfen. Das betrifft die Jahre 2013 bis 2016. Nachdem im vergangen Jahr sowohl Regierung als auch Staatsministerium den Fall "intensiv geprüft" hätten, sei es "aufgrund der Akten und der Rechtslage nicht möglich, Lösungen zu finden", erklärt Löwl. Das Resultat: Das Kinderhaus muss die Beträge der drei Jahre nun zurückzahlen.

"Wenn es Fehler gab, dann werden die Mittel zurückverlangt"

Als Träger der Kinderbetreuung in Dachau erhält das Montessori-Kinderhaus sowohl vom Freistaat als auch von der Stadt Dachau eine finanzielle Förderung. Das Bayerische Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz regelt diese Förderung genau und definiert, welche Voraussetzungen notwendig sind, um eine Unterstützung zu erhalten. Markus Haberl vom Amt für Schule, Kinderbetreuung, Jugend, Soziales und Sport der Stadt Dachau ergänzt, dass das Gesetz vorsehe, eine Kindertageseinrichtung dürfe nur für pädagogische Fachkräfte und pädagogische Ergänzungskräfte, sogenannte schlüsselwirksame Kräfte, Fördermittel erhalten. "Werden Kräfte eingesetzt, die nicht schlüsselwirksam sind, dürfen für diese Kräfte auch keine Mittel fließen", so Haberl. In der Praxis ist dies oft nicht so eindeutig, da es viele verschiedene Ausbildungsberufe in diesem Bereich gibt. Erzieher und Kinderpfleger sind als schlüsselwirksam definiert, aber zahlreiche andere Ausbildungsberufe fallen nicht in das Raster. Bei diesem Flickenteppich gilt es daher, so Haberl weiter, im Einzelfall erst überprüfen zu lassen, ob der jeweilige Ausbildungsabschluss, als schlüsselwirksam anerkannt wird oder eben nicht: "Das ist auf den ersten Blick nicht immer ganz klar", gibt er zu. Wie das Kinderhaus diese Regelungen in besagtem Zeitraum handhabte, sei nicht klar. Haberl ergänzt allerdings, der Verein sei als Bezieher von Zuschüssen selbst für die Prüfung der jeweiligen Personalqualifikation verantwortlich. Genau in diesem strengen Regelkonstrukt verfing sich das Montessori-Kinderhaus und findet sich nun inmitten eines Insolvenzverfahrens.

Der Vorstand des Kinderhauses sieht sich nicht in der Schuld und stützt sich darauf, Belange betreffend des pädagogischen Personals für den betreffenden Zeitraum telefonisch mit dem Landratsamt "abgeklärt und abgesegnet" zu haben. Das Montessori-Kinderhaus beklagt weiter, dass "alle Bemühungen des Montessori-Vorstands, mit dem Landrat, der Stadt Dachau und den Gemeinden Bergkirchen und Karlsfeld eine einvernehmliche Lösung außerhalb eines Rechtsstreits oder Insolvenzverfahrens zu finden", keinen Erfolg gehabt hätten. Der Landrat sieht dies außerhalb seiner Kompetenzen. Für ihn ist die Sache recht eindeutig: Es handle sich nicht um eine "politische, sondern um eine rechtliche Frage." Daher gebe es auf dieser Ebene auch keine politischen Spielräume, sagt er. "Wenn es Fehler gab, dann werden die Mittel zurückverlangt."

Das Kinderhaus bietet seit 1994 sein Erziehungsangebot in Dachau

Die Stabstelle Recht der Stadt Dachau werde nun laut Haberl die weiteren Schritte überlegen. Die Frage, wer aber letztendlich für den Betrag aufkommt, ist noch nicht geklärt und auch Frau Ludwig, Leitung der Stabstelle Recht, antwortet mit Unwissenheit: "Der Montessori-Verein muss zunächst einen Plan erstellen. Mehr wissen wir noch nicht." Dem kam der Montessori-Vorstand nach: Der Plan des Vereins sehe vor, dass "jeder Gläubiger die gleiche Quote von der Masse, die vorhanden ist" erhalte. Damit die Schulden des Montessori Kinderhauses getilgt werden, müsse diesem Plan die Mehrheit der Gläubiger zustimmen, erklärt der Vorstand.

Das Kinderhaus bietet seit 1994 sein Erziehungsangebot in Dachau an. Es habe dabei immer das freie Lernen und die freie Entwicklung der Kinder im Fokus. Was die zukünftige Betreuung betrifft, so sind sich alle Parteien einig, diese nahtlos aufrechtzuerhalten.

Haberl erklärt, man habe nach Alternativen gesucht. So schlug die Stadt Dachau der Einrichtung vor, die Trägerschaft des Kinderhauses zu übernehmen. Allerdings habe die Stadt von dem Verein bis dato keine offizielle Antwort erhalten, so Haberl. Der Vorstand des Montessori-Kinderhauses definiert die Zukunft wie folgt: "Der Kinderhausbetrieb wird uneingeschränkt fortgeführt. Ein sicheres Angestelltenverhältnis ist gewährleistet." Weiter hofft der Vorstand, dass der Verein "nach Abschluss der Planinsolvenz im ersten Halbjahr 2021 bestens gerüstet in eine gemeinsame, schuldenfreie Zukunft" blicke und den Motessori-Leitfaden auch weiterhin bewahren könne.

© SZ vom 12.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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