Asylunterkunft:Mitterndorfer drohen mit Klage

Landrat Löwl wirbt für eine Unterbringung von Asylbewerbern auf dem Gelände der früheren griechischen Schule. Nur wenige sind dafür. Die Bürgerinitiative lässt sich nicht umstimmen und pocht auf ihre Unterschriftenaktion.

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Die Mitterndorfer Anti-AsylGruppe hat auf einer Informationsveranstaltung angekündigt, Stadt und Landkreis zu verklagen, falls Wohncontainer in dem Dachauer Stadtteil aufgestellt werden. Daran ändert für sie auch die Ankündigung des Dachauer Landrats Stefan Löwl (CSU) nichts, sich mit Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) auf eine maximale Laufzeit von vier Jahren einigen zu wollen. Ein Großteil der etwa 70 Zuhörer forderte eine kleine Lösung für Mitterndorf, die sich auf die Aufnahmekapazität in der ehemaligen griechischen Schule beschränken solle. Die große Freifläche solle erhalten bleiben. Löwl machte deutlich, dass eine solche Option angesichts des Andrangs von Flüchtlingen unwahrscheinlich ist. Wenn, dann entstehen Wohncontainer auf der Freifläche.

Auf der zweiten Veranstaltung innerhalb weniger Wochen zur Frage, ob und wie Flüchtlinge in Mitterndorf untergebracht werden könnten, ergab sich ein differenzierteres Bild unter den Kritikern als noch bei der ersten allein mit Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Damals führten die Initiatoren der Unterschriftenaktion gegen Asylbewerber das große Wort und warnten zum Beispiel vor einer Zunahme der Gewaltkriminalität.

Am Dienstagabend im Pfarrheim distanzierten sich einige Mitterndorfer von solchen Vorbehalten. Kurt Göttler sagte, dass der Artikel 16 a des Grundgesetzes, wonach Menschen in Not geholfen werden muss, eine Selbstverständlichkeit sei. Ihm gehe es darum, eine menschliche Lösung zu finden. Deswegen schlug er vor, nur so viele Flüchtlinge in die aufgelassene griechische Schule aufzunehmen, wie dort sinnvoll untergebracht werden können. Grundsätzlich plädierte er für "dezentrale Lösungen".

Zahl der Flüchtlinge steigt ständig

Von nächster Woche an muss der Landkreis 42 Asylbewerber pro Woche aufnehmen. Bisher waren es 30. Landrat Stefan Löwl weiß noch nicht wie. Er ermutigt sich selbst und verspricht: "Wir schaffen das." Freilich ist fraglich, ob das Konzept des Landkreises bei einem zusätzlichen Andrang noch tragfähig bleibt. Die ehemalige Tennishalle in Markt Indersdorf fungiert zurzeit als Drehscheibe. Dort kommen die Flüchtlinge nach ihrer Erstaufnahme in Bayern an. Von da schickt sie der Landkreis dann in Unterkünfte in den 17 Kommunen; größtenteils sind es Wohncontainer für 75 Menschen. Die reichen aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr aus.

Jetzt stellt sich die Frage, ob der Landkreis es noch verhindern kann, Turnhallen zu reservieren. Ebersberg hat bereits drei aus dem Schulbetrieb genommen. Der SZ sagte Löwl nach der Informationsveranstaltung im Dachauer Stadtteil Mitterndorf: "Dazu werden wir wohl auch kommen." Die Alternative wären Zelte, wie sie nächste Woche erstmals in München aufgebaut werden. we

Außerdem wollten die Mitterndorfer wissen, wie es denn mit der Bürgerbeteiligung weitergeht. Bekanntlich soll das Areal der ehemaligen griechischen Schule zu einem städtischen Wohngebiet entwickelt werden. Deswegen ist die Stadt zweifach gefordert: Einerseits muss sie die Standortfrage für Flüchtlingsunterkünfte klären, andererseits hat sie damit begonnen, für das Schulareal einen Bebauungsplan zu entwickeln. Der Kompromissvorschlag des Landrats sieht vor, das Gelände nur so lange zu nutzen, bis der notwendige Bebauungsplan erstellt und genehmigt ist: "Vier Jahre sind da ein sportliches Ziel." Er fügte hinzu: "Wir wollen nicht notwendige Einrichtungen einer Kommune durch Asylbewerberunterkünfte unterbinden." Oberbürgermeister Hartmann nahm diese Steilvorlage auf: "Wenn das die Aussage ist, dann werde ich darauf bestehen."

Nun ist es noch überhaupt nicht klar, ob Flüchtlinge nach Mitterndorf kommen und ob der Standort sich bei einem ständig wachsenden Andrang von Asylbewerbern überhaupt eignet. Deswegen bat der Landrat um Verständnis, dass er Fragen zur Finanzierung und zur Größe nicht beantworten könne. Das Landratsamt als staatliche Behörde sei zu einer Vorsorgepolitik gezwungen, um handlungsfähig zu bleiben. Deswegen hatte der Freistaat auch das Baugesetz dahin gehend verändert, dass Baugenehmigungen für temporäre Einrichtungen erleichtert und bestehende Bebauungspläne außer Kraft gesetzt werden können. Die Bürgerinitiative, die 200 Unterschriften gegen die Ansiedlung von Asylbewerbern in Mitterndorf gesammelt hat, will die veränderte Rechtslage nicht hinnehmen. Einer von ihnen teilte mit, sich juristischen Rat und Beistand geholt zu haben, um auf eine Klage vorbereitet zu sein.

Mitterndorf

Die ehemals griechische Schule in Dachau-Mitterndorf steht verwaist da, weil der griechische Staat nicht mehr in der Lage ist, die Sanierung zu finanzieren.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Eindringlich versuchte Landrat Löwl darzulegen, in welch extremer Lage der Landkreis - und nicht nur er - sich wegen der Flüchtlingsproblematik befinde. Er würdigte die Haltung aller Dachauer Kommunen, in denen sich zahlreiche Asylhelferkreise gegründet haben, die eine "großartige Arbeit" leisteten. Löwl hob die enge Kooperation mit den Bürgermeistern und Mandatsträgern hervor. "Ich bin froh, dass wir die gesellschaftliche Aufgabe im Konsens machen konnten." Dass diese, für ihn selbstverständliche Übereinkunft in Mitterndorf mittels einer Klage aufgekündigt werden könnte, nahm er erstaunt und bedrückt zu Kenntnis. "Es wäre der erste Fall im Landkreis."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: