Dachau:Mit anderen Augen

Das Unternehmen SBS im Gewerbegebiet entwickelt individuelle Sicherheitssysteme für Superreiche, Schlossherren und Industrielle

Von Benjamin Emonts, Dachau

Gleich wird es läuten an der Pforte seines Unternehmens - das weiß Matthias Thürstein schon vorher. Der draußen wartende Gast hört nun ein Rufzeichen, es tutet - einmal, zweimal, dreimal. Schließlich meldet sich eine sanfte Damenstimme: "Einen kurzen Augenblick bitte. Ich mach' Ihnen auf." Die Treppe hoch, wartet Matthias Thürstein bereits im Konferenzraum. An der Wand hängt ein großer Monitor, auf dem Live-Bilder zu sehen sind: vom eigenen Auto etwa, das auf dem Parkplatz steht; oder von der Eingangstür, an der man gerade eben geklingelt hat. So unter Beobachtung zu stehen wirkt schon etwas befremdlich - zumindest auf den ersten Blick.

Im Grunde genommen aber ist es nur logisch, dass man in dem großen weiß-roten Haus in der Dachauer Siemensstraße nicht einfach rein und raus spazieren kann. Sicherheit wird hier groß geschrieben. Sie muss. Schließlich ist das Gebäude der Zweitsitz des führenden mittelständischen Sicherheitstechnikunternehmens in Bayern: die SBS Sicherheitssysteme GmbH. Das Haus hat eine gewisse Vorzeigefunktion.

Matthias Thürstein, ein sympathischer Mann in Jeans und mit grauem Dreitagebart, hat das Unternehmen im Jahr 1993 in Altötting gegründet. Nach seinem Elektrotechnik-Studium in München hat er sich viele Jahre beruflich mit elektronischer Sicherheitstechnik beschäftigt. Die Lehre, die er daraus zog: Es fehlt an der letzten Kompetenz. "Mir wurde klar, dass der Elektriker im High-End-Bereich überfordert ist", sagt er. Folglich gründete er, basierend auf seinem erlernten Wissen, eine eigene Firma. Mittlerweile ist die SBS Sicherheitssysteme GmbH an vier Standorten vertreten: dem Hauptsitz Altötting, Dachau, Mannheim und Stuttgart. Ein weiteres Service-Center, welches das Ruhrgebiet bedienen soll, entsteht gerade in Düsseldorf.

An diesem Tag führt der 54-Jährige durch seine Filiale in Dachau, er erzählt stolz, aber trotzdem am Boden geblieben vom kontinuierlichen Aufstieg, den sein Unternehmen in den vergangenen 22 Jahren erlebt hat. Während der Umsatz im Gründungsjahr noch eine Million D-Mark betragen habe, so liege er heute bei acht Millionen Euro, berichtet Thürstein. Die beachtliche Rendite: Sieben Prozent.

"Wir besetzen eine Nische", erklärt sich der gebürtige Oberbayer den Erfolg. Seine Firma produziert die Sicherheitstechnik wie Alarmanlagen oder Videokameras nicht etwa selbst. Vielmehr suchen die 52 Mitarbeiter (darunter zwei Dachauer) den Markt nach den besten Produkten ab, erstellen für den Kunden ein maßgeschneidertes, individuelles Sicherheitskonzept und kümmern sich um die Planung, Abnahme und Wartung. Die Montage von Brand- und Einbruchmeldeanlagen oder Videoüberwachungskameras übernehmen indes Elektriker - "unsere verlängerte Werkbank", wie Thürstein sagt. So kann sich die Firma auf das konzentrieren, wo sie sich am besten auskennt: in der Konzeptionierung von hochmodernen Sicherheitskonzepten im High-End-Bereich für Firmen, Banken, Schlösser, Sportarenen und Superreiche - kurz gesagt all jene, die bereit sind, für ihre Sicherheit viel Geld in die Hand zu nehmen.

Thürstein sagt selbstbewusst: "Wo andere an Grenzen stoßen, da beginnt unsere Spielwiese." Inzwischen zählt SBS 1800 Bestandskunden. "Es gibt mittlerweile massiv Angebote von großen Firmen, die uns kaufen wollen", sagt Thürstein. Er aber will, dass das Unternehmen mittelständisch bleibt. "Denn ich bin immer noch der Meinung: Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft."

Der Stadt Dachau kann diese Haltung nur recht sein, immerhin steigt so die Wahrscheinlichkeit, dass die Firma langfristig in Dachau bleibt. Erst im April dieses Jahres haben Oberbürgermeister Hartmann und eine Stadtratsdelegation das Unternehmen besucht. "Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung funktioniert ausgesprochen gut. Es macht hier richtig Spaß, Gas zu geben", sagt Thürstein. Sein Unternehmen ist für die Große Kreisstadt nicht nur ein guter Steuerzahler, sondern dank seines guten Rufs und seiner Aktivitäten im Ausland (25 Prozent des Gesamtgeschäfts) zugleich ein wirtschaftliches Aushängeschild.

Firmeneigentümer Thürstein hat den Standort im Münchner Norden vor zwei Jahren bewusst gewählt, wie er sagt. Mitten in Bayern gelegen und mit Autobahnanbindung in sämtliche Himmelsrichtungen, "finden wir in Dachau eine ideale Infrastruktur vor. Für uns ist Dachau der Schlüssel, um den Großraum München zu erschließen".

Die Zahl der Projekte, welche die Firma in Dachau betreibt, ist noch überschaubar. Ein Hotel, eine Schule, ein paar lockere Anfragen: Viel hat sich noch nicht getan. Überhaupt ist das Klientel von SBS nicht etwa der mittelständische Wohnungs- oder Hauseigentümer, wie man vielleicht annehmen würde. Deren Bedarf nach Sicherheit ist angesichts der stetig steigenden Einbruchszahlen bekanntlich dramatisch gewachsen. Trotzdem sagt Thürstein: "Damit lässt sich derzeit kein Geschäft machen." Die Dimensionen, in denen der Unternehmer denkt, sind dafür schlichtweg zu groß - und zu kostspielig.

In München aber hat sich der gute Ruf von SBS bereits herumgesprochen, zumal die Polizei Hilfesuchenden die Firma mit ruhigem Gewissen empfiehlt. Für das Klinikum Großhadern konzipiert SBS die gesamte Brandmeldetechnik, für das Nymphenburger Schloss seit fast 20 Jahren das komplette Sicherheitskonzept. Hinzu kommt aktuell das Großprojekt "Ratiopharm Arena" in Ulm. Und Aufträge von zahlreichen Superreichen, Politikern und Industriellen, die in München leben.

Wer diese sind, lässt sich Thürstein freilich nicht entlocken. "Das wissen wir teilweise selbst nicht", wiegelt er ab. Viele der Superreichen, das plaudert er immerhin aus, wünschen sich sogenannte Panikräume. Die hermetisch abgeriegelten Zimmer, in denen man Schutz vor Einbrechern oder Attentätern findet, stehen auch hoch im Kurs. Mit zur Ausstattung gehört ein Monitor. Auf ihm kann man beobachten, was um einen herum so passiert.

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