Süddeutsche Zeitung

Stadtentwicklung:Stadt Dachau will ein Grundstück auf dem MD-Gelände kaufen

Die Isaria Wohnbau AG will die Firmen für das MD-Gelände allein aussuchen. Doch die Stadt Dachau will auch mitreden.

Von Julia Putzger, Dachau

Die Neuentwicklung des MD-Geländes scheint ein ewiger Streitpunkt zu sein: Mal gab es Unstimmigkeiten mit dem Investor - der Isaria Wohnbau AG - dann Diskussionen unter den Stadträten, in welchem Verhältnis die Flächen von Wohnraum und Gewerbe stehen sollen. Auch die Frage nach sozialem Wohnbau erhitzte die Gemüter. Worüber sich bisher aber scheinbar niemand Gedanken gemacht hat: Welche Betriebe sollen sich auf den Gewerbeflächen überhaupt ansiedeln? Doch es wäre nicht das MD-Gelände, wenn es auf diese Frage eine einfache Antwort gäbe.

Den Impuls, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, gab ein Antrag der Dachauer SPD. Darin forderten die Fraktionsmitglieder, dass die Stadtverwaltung mit der Isaria Verhandlungen aufnimmt, um die künftige Gewerbeansiedlung aktiv mitgestalten zu können. Die SPD schlug zu diesem Zweck die Gründung einer Gewerbeentwicklungsgesellschaft vor, auch andere Konstellationen seien denkbar. Denn nicht nur die bisherige Diskussion über Flächengrößen, sondern vor allem "die Qualität der Gewerbeansiedlung und die Sicherung von Mitgestaltungsrechten" sei für die Stadt wichtig für eine nachhaltige Entwicklung des Geländes, heißt es im Antrag. Diesen Überlegungen konnten sich im Haupt- und Finanzausschuss auch die Stadträte der CSU und des Bündnisses für Dachau anschließen.

Unterschiedliche Standpunkte

Im Interesse der Isaria ist ein solches Vorgehen allerdings nicht: "Wir haben da sehr unterschiedliche Standpunkte", erläuterte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) in der Sitzung. Denn der Eigentümer wünsche sich vor allem eine sehr zeitnahe Vermarktung der Gewerbeobjekte und achte dabei auf eine gute und sichere Rendite, also einen optimalen Verkaufspreis. Dahingegen spielen für die Stadt das Gewerbesteueraufkommen und die Schaffung von Arbeitsplätzen eine zentrale Rolle. Vor allem Betriebe aus dem Bereich Light Industrial sind diesbezüglich interessant. "Dieser Interessenskonflikt ist nichts Verwerfliches. Aber eine gemeinsame Strategie und Lösung wird da eher schwierig", gab der Oberbürgermeister zu.

Entsprechend der bisherigen Pläne sind die Gewerbeflächen auf dem MD-Gelände entlang der Bahntrasse angeordnet. Sie dienen so als Lärmschutz für die westlich gelegene Wohnbebauung, was wiederum bedeutet, dass Wohnen erst realisiert werden kann, wenn die gewerblichen Bauwerke entlang der Bahn errichtet sind. Bezüglich der Käufer- oder Mieterauswahl dieser Gewerbeflächen hat die Stadtverwaltung mit der Isaria bereits Kontakt aufgenommen - doch der Investor signalisierte, dass eine Beteiligung der Dachauer dabei nicht in Frage käme. Die im SPD-Antrag vorgeschlagene Gewerbeentwicklungsgesellschaft wird es also nicht geben.

Vorsicht beim Grundstückskauf

Stattdessen schlägt die Isaria der Stadt vor, andere Flächen - nämlich die sogenannten Mayr-Terrassen im Bereich zwischen Erich-Ollenhauer-Straße, Freisinger Straße und Bahnlinie - die ebenfalls für die gewerbliche Nutzung vorgesehen sind, zu kaufen. Dann hätte die Stadt als Eigentümer alle Freiheiten, über Käufer oder Pächter zu entscheiden, die ihren Anforderungen entsprechen. Anke Drexler (SPD) sprach stellvertretend für Wirtschaftsreferent Andreas Gahr (SPD): "Eine aktive Rolle der Stadt ist zwingend erforderlich." Auch die CSU konnte sich mit diesem Vorschlag anfreunden: "Wir können diesen Zielkonflikt nur lösen, wenn wir als Stadt selbst Flächen kaufen", sagte der Fraktionsvorsitzende Florian Schiller. Allerdings müsse die Stadtverwaltung in so einem Falle auch "ihre Hausaufgaben machen": Damit meinte Schiller, dass man sich mit der Vermarktbarkeit der entsprechenden Flächen auseinandersetzen müsse. Da die Mayr-Terrassen im gesamten Prozess eher spät entwickelt werden, befürchtete er, dass die Stadt auf diesen "sitzen bleibe", da passende Firmen bereits auf anderen Flächen angesiedelt wären. Dagegen wandte Stadtrat Michael Eisenmann (Bündnis) ein, dass die Mayr-Terrassen ein sehr gut erschlossener Punkt seien.

Trotz ungewohnter Einstimmigkeit beim Thema MD-Gelände ist Vorsicht geboten: Kämmerer Thomas Ernst warf ein, dass die Stadt im Falle eines Grundstückskaufs und anschließendem Verkauf aufpassen müsse, "dass wir nicht zum gewerblichen Grundstücksvermittler mit steuerrechtlichen Konsequenzen werden".

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Quelle:
SZ vom 25.09.2020
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