Dachau:Maschinenpistole im Keller

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Die Polizei stößt bei einer Hausdurchsuchung auf ein umfangreiches Waffenarsenal. Das Amtsgericht verurteilt einen 35-jährigen Wirtschaftsingenieur zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Die Polizeibeamten stoßen auf ein regelrechtes Waffenarsenal, als sie im Januar vergangenen Jahres die Wohnung eines 35-jährigen Mannes durchsuchen: eine Maschinenpistole vom Modell Uzi, eine Pump-Gun, eine halb-automatische Kurzwaffe, zwei Revolver, eine Kiste voller Ersatzteile sowie Hunderte Schuss Munition. Im Auto des Mannes finden die Ermittler ein verbotenes Faustmesser, im Kühlschrank geringe Mengen von Marihuana und Amphetamin.

Mehr als ein Jahr später sitzt der 35-Jährige vor dem Schöffengericht in Dachau und sieht gar nicht aus wie ein Waffennarr. Er trägt einen Anzug mit Krawatte, dazu sauber geputzte Schuhe - ein sehr höflich auftretender, eloquenter Mann. Als Beruf gibt er "Wirtschaftsingenieur" an.

"Erzählen Sie uns etwas über die Umstände", sagt Amtsrichter Lukas Neubeck. Der 35-jährige Angeklagte holt zu einer detailreichen Geschichte aus, eine Viertelstunde lang redet er. Der Mann ist vorbereitet, er weiß, dass eine Menge auf dem Spiel steht. Auf einen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, der maßgeblich für den Strafrahmen ist, steht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren.

Die Geschichte des Angeklagten beginnt auf dem Parkplatz vor seiner Wohnung. Er trifft einen Nachbarn. Die beiden betrinken sich, wechseln dabei mehrfach die Wohnung. Schließlich konsumiert der 35-Jährige "ein weißes Pulver", mutmaßlich Amphetamin. "Ab dem Zeitpunkt kann ich mich an nichts mehr erinnern." Am nächsten Morgen wacht er auf, er hat eine blutenden Wunde am Fuß. Ein Nachbar bringt ihn nach Dachau ins Krankenhaus. Der Mann, mit dem er sich nachts noch betrunken hat, findet morgens die vollautomatische Maschinenpistole in seiner Wohnung. Er alarmiert die Polizei. Überall im Gang und der Wohnung finden sich Blutspuren. Was genau in jener Nacht passiert ist, bleibt vor Gericht unklar, weil der als Zeuge geladene Nachbar der Verhandlung fernbleibt.

Noch im Krankenhaus wird der 35-Jährige von Polizeibeamten in Gewahrsam genommen und aufs Revier gebracht. Er redet. Die Waffenkiste habe er 2012 von einem engen Freund bekommen, der aufgrund finanzieller Schwierigkeiten umziehen musste, gibt er zu Protokoll. Der Freund sei inzwischen tot. Woher dieser die Waffen hatte, wisse er nicht. Nachdem er die Kiste seines Freunds entgegengenommen hat, verschließt er zwei Revolver samt Munition in einem für die Lagerung von Waffen zugelassenen Tresor. Die Maschinenpistole verräumt er mit den Ersatzteilen in seinem Keller. Nach eigener Aussage habe er die Uzi für eine ungefährliche Dekowaffe gehalten.

Tatsächlich ist die Maschinenpistole nicht schussbereit, als die Polizei sie beschlagnahmt. Doch könnte man sie mit den beiliegenden Ersatzteilen, Lauf und Verschluss, mit wenigen Handgriffen wieder scharf machen. Dass er die Uzi nicht als echte Kriegswaffe identifizieren konnte, glaubt ihm der Staatsanwalt nicht. Der 35-Jährige war zehn Jahre lang Mitglied eines Schützenvereins und im Besitz eines Waffenscheins. Eine der Pistolen, die die Polizei findet, hat er legal gekauft und vorschriftsgemäß registrieren lassen. "Der Angeklagte hat eine waffenrechtliche Ausbildung durchlaufen und eine Prüfung abgelegt. Er ist waffentechnisch versiert", schlussfolgert der Staatsanwalt. Die aus der Anklageschrift hervorgehenden Tatvorwürfe des unerlaubten Besitzes verbotener Waffen sowie des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sieht er als erfüllt an.

Der Staatsanwalt fordert deshalb ein Jahr und elf Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Amtsrichter Lukas Neubeck fasst sich nach dem ausführlichen Plädoyer des Staatsanwalts relativ kurz. Sein Urteil: ein Jahr und acht Monate auf Bewährung, Bewährungszeit: drei Jahre. Zu Gunsten des Angeklagten wertet Neubeck dessen vollumfängliches Geständnis sowie die Tatsache, dass er bisher strafrechtlich nie in Erscheinung getreten ist. Seine Waffe und den dafür benötigten Schein hat der 35-Jährige unmittelbar nach der Hausdurchsuchung freiwillig zurückgegeben. "Sie sind nicht der Angeklagte, den ich normalerweise hier sitzen habe", sagt Neubeck. "Ich bin überzeugt, dass wir uns im Gerichtssaal nicht mehr wiedersehen."

© SZ vom 14.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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