Kirchenstreik:So reagieren Katholiken im Landkreis Dachau auf Maria 2.0

Frauen fordern Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche

Eine Protestaktion der Initiative Maria 2.0.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Die Botschaft der Münsteraner Initiative Maria 2.0 ist im Landkreis kaum angekommen. Doch die Forderungen der Katholikinnen nach Gleichberechtigung sind ein Thema.

Von Julia Putzger, Dachau

Fünf katholische Frauen aus Münster haben unter dem Motto Maria 2.0 zum Kirchenstreik aufgerufen. Eine Woche lang leisteten sie keine ehrenamtliche Arbeit, betraten keine Kirche und feierten Gottesdienste ohne Priester im Freien. Sie wollen endlich Gleichberechtigung. Frauen sollen Zugang zu allen Kirchenämtern bekommen, so die zentrale Forderung. Außerdem plädieren sie für eine Aufhebung des Zölibats, die Aufklärung der Missbrauchsskandale und ein Überdenken der kirchlichen Sexualmoral.

Viele Frauen in Deutschland und Österreich sind dem Streikaufruf gefolgt. Im Landkreis Dachau ist vom großen Unmut jedoch wenig zu spüren. Nur ein Aushang an den Kirchentüren der Petersberger Basilika verrät, dass diese Themen den Katholiken hier durchaus wichtig sind.

Im Landkreis Dachau stößt Maria 2.0 auf wenig Wiederhall

Bisher habe man noch keine Zeit gehabt, sich über den Streik und die übrigen Aktionen zu informieren, heißt es bei der Odelzhauser Gruppe der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (KFD). Doch bei kommenden Treffen werde man über eine mögliche Beteiligung diskutieren, sagt die Vorsitzende Katharina Merk. Auf Bundesebene unterstützen sowohl KFD als auch der Katholische Deutsche Frauenbund Maria 2.0.

Kirchenstreik: Christian Weisner ist ratlos angesichts des geringen Engagements der Dachauerinnen.

Christian Weisner ist ratlos angesichts des geringen Engagements der Dachauerinnen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Etwas ratlos über das geringe Engagement der Katholikinnen im Landkreis äußerte sich Christian Weisner. Der Dachauer ist Mitglied im Bundesteam der innerkirchlichen Reformbewegung "Wir sind Kirche". Vergeblich habe er nach Streikteilnehmerinnen gesucht. "Ich vermute, dass die Botschaft hier einfach noch nicht angekommen ist. In Münster haben sie ja bereits im Januar begonnen, sich damit zu beschäftigen, das braucht hier noch ein bisschen Einwirkzeit. Denn auch hier ist nicht alles gut." Allerdings sind die Forderungen keine neuen, gibt Weisner zu bedenken. Es sei bereits der dritte große Versuch in jüngerer Zeit, die Kirche zu Veränderung zu bewegen.

Viele interessieren die "Uraltforderungen" nicht mehr

"Es hat viel mit Frustration und Gleichgültigkeit zu tun, dass diese Bewegung nicht auf breiter Ebene funktioniert", vermutet indes Hiltrud Schönheit, Vorsitzende des Katholikenrats der Region München. Viele interessierten die "Uraltforderungen" nicht mehr, da sie in ihren Gemeinden bereits alle Möglichkeiten nutzten und sich trotz jahrelangen Bemühens nichts geändert habe. Am Kirchenstreik würden diese Frauen möglicherweise nicht teilnehmen, da sie den Gemeindemitgliedern nicht schaden wollten. Schönheit verstehe, dass Papst Franziskus ob der Aussagen seiner Vorgänger vorsichtig beim Thema der Diakoninnen sei. Andererseits stehe die Kirche im schlimmsten Fall entweder vor einer Spaltung oder dem vollständigen "Austrocknen". "Vielleicht geht es der Kirche aber einfach noch nicht schlecht genug", sagt Schönheit etwas ketzerisch. Sie glaubt jedoch, dass die Debatte auch im Landkreis Dachau noch aktive Unterstützerinnen finden wird: "Das kann noch werden. Wir müssen abwarten."

"Ich bin gegen Hysterie, sich von einer Welle mittragen zu lassen", sagt Annerose Stanglmayr. Sie ist die Geschäftsführerin der katholischen Erwachsenenbildung Dachauer Forum. Zwar ist auch sie der Meinung, dass es nicht vertretbar ist, dass Frauen keine Priesterweihe empfangen dürfen. "Selbst etwas aktiv anstoßen würde ich aber nicht", sagt sie. "In dem von Kardinal Marx getragenen synodalen Weg sehe ich eine solide Vorgehensweise." Frauen seien schon in vielen Ämtern aktiv, im Dachauer Forum besetzten sie zum Beispiel viele Führungspositionen.

Kirchenstreik: Annerose Stanglmayr vertraut auf den synodalen Weg.

Annerose Stanglmayr vertraut auf den synodalen Weg.

(Foto: Toni Heigl)

"Die kirchlichen Fragestellungen sind nur kleine, es gibt andere Themen mit größerer Öffentlichkeit", sagt Pfarrer Josef Mayer. "Gerade bei uns im Bildungsbereich interessieren sich die Menschen eher für das gesamte Miteinander, Umwelt, Weltpolitik und die damit einhergehenden Ängste und Herausforderungen." Das ist aus Sicht des geistlichen Direktors der katholischen Landvolkshochschule Petersberg der wahre Grund für die geringe Beteiligung an der Initiative Maria 2.0. Allerdings komme das Thema in Seminaren immer wieder auf, gibt er zu. Im vergangenen Jahr habe man zum Festtag der Heiligen Katharina von Siena - den auch die Bewegung "Wir sind Kirche" als "Tag der Diakonin" feiert - einen Brief an den Münchner Kardinal Reinhard Marx, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, geschrieben. Darin stand, er solle sich für das Diakonat der Frau einsetzen. Das Antwortschreiben war allerdings ernüchternd. Marx habe den Petersberger Frauen geraten, sie sollten sich nicht allzu viel Hoffnung machen, sagt Mayer.

Den synodalen Weg, auf den Stanglmayr und auch Pfarrer Mayer hoffen und von dem noch niemand so genau weiß, was unter dem Begriff zu verstehen ist, überzeugt die Vorsitzende des Katholikenrats der Region München nicht. Im Gegenteil: Er ruft einige Skepsis hervor. In der Vergangenheit habe es schon oft ähnliche Vorhaben zur Aufarbeitung gegeben, erinnert sich Hiltrud Schönheit. Doch die Projekte, die hier in der Region ausgearbeitet wurden, seien immer "in irgendwelchen Schubladen verschwunden".

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