Dachau:Lustvoller Diskurs

Magischen Makkaroni

Anleihen an die Tierwelt beherrschen die Aufführung.

(Foto: Magische Makkaroni/oh)

Theater "Magische Makkaroni" und die Geschlechterfrage

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Der Körper ist Fitnesstudio-like modelliert. Am Handgelenk blitzt die teure Nobeluhr. Vor dem angesagten Club parkt der neue SUV. Da müssen die Frauen doch reihenweise umfallen, oder? Ob der Anblick eines so prachtvoll geschmückten Männchen Frauen schwach werden lässt, war am vergangenen Sonntagabend Thema eines lustvollen Diskurses im voll besetzten Pfarrheim Heilig Kreuz. "Damenwahl" war angesagt. Hinter dem beziehungsreichen Titel verbarg sich ein Streifzug durch die Welt der tierischen und menschlichen Paradiesvögel. Reiseführerinnen waren die Zoologin Ilse Tutter und die Theaterwissenschaftlerin Linda Walz. Beide gehören zur Schwarzlicht-Theatergruppe Magische Makkaroni. Organisiert hatte diese aufschlussreiche Stunde in der Reihe "Sonntags um fünf" die Erwachsenenbildung der Pfarrgemeinde.

Die Magischen Makkaroni setzten bei ihrer kurzweiligen Aufklärung in Sachen Balzgehabe nicht nur auf die fast magische Wirkung des Schwarzlichttheaters, bei dem die Darsteller aufgrund einer speziellen Beleuchtung im Dunkeln bleiben und Figuren wie von Geisterhand gesteuert erscheinen. Mit zauberhaften Bildern, mit Gedichten und fein darauf abgestimmter Musik beleuchteten sie ein ganzes Kaleidoskop wissenschaftlicher und poetischer Aspekte des Themas.

Ilse Tutter als Wissenschaftlerin im weißen Kittel und Linda Walz als eifrig mitschreibende Journalistin räumten auch gleich mit einem weit verbreiteten Vorurteil auf: In der Tierwelt suchen nicht die Männchen die passende Gefährtin, sondern die Weibchen den fittesten Kandidaten. Weshalb Ilse Tutter fragte: "Wie findet das Weibchen den Mann mit den besten Genen?" Antworten fand sie bei Charles Darwin und dessen wissenschaftlicher Evolutionstheorie, aus der die gelernte Zoologin augenzwinkernd immer wieder zitierte. Ihre Gesprächspartnerin vor der Bühne warb dagegen beharrlich für die Macht der Gefühle, für den Dialog zwischen Poesie und Naturwissenschaften.

Ein kühnes Ansinnen, das die Magischen Makkaroni bravourös mit romantische Songs und Gedichten von Joseph von Eichendorff oder Hilde Domin meisterten. So stand Eichendorffs seelenvolle "Mondnacht" - auf der Bühne kitschig-schön illustriert - den drögen Aussagen der Evolutionsforscher gegenüber. Denen zufolge ist "die Schönheit der Männchen ein Resultat der Damenwahl". Mit anderen Worten: Die aufgemotzten Paradiesvogel-Jungs, die umher stolzierenden Pfauen-Männer oder die bemähnten Löwenherren haben sich nur deshalb so prächtig entwickelt, um in der "Balzarena" bei der (tierischen) Damenwelt ganz vorne zu landen.

Dazu gibt es durchaus Entsprechungen in der Menschenwelt. Wer weiß schon, dass das alpenländische Schuhplatteln den Balzritualen der Birkhähne nachempfunden ist? Damit kann Mann im dritten Jahrtausend allerdings kaum noch einen Blumentopf gewinnen. Folgt man dem amüsanten Spiel der Magischen Makkaroni, erlebt nämlich das "evolutionär selektierte Mannsbild" der Spezies Homo sapiens gerade einen Entwicklungsschub vom Macho zum Babysitter - sanft von seiner Partnerin in die gewünschte Richtung geschubst. Diese wiederum - so zeigten es zumindest die Darsteller - ist vom unscheinbaren Frauchen, dessen Hauptaufgabe die Brutpflege war, zum selbstbewussten Paradiesvogel mutiert. Fantasie oder Realität? Wer weiß? Vielleicht geben die Magischen Makkaroni in ihrem nächsten Stück eine Antwort.

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