Dachau:Lösung in Sichtweite

Oberbürgermeister Florian Hartmann bringt Bewegung in die verfahrenen Verhandlungen um die Zukunft der ehemaligen Koschadeklinik. Investorin Wahl-Multerer bewahrt die Kaga Dachau als Eigentümerin vor Insolvenz

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Der Rettungsanker ist geworfen. Die Eigentümerin der ehemaligen Koschadeklinik in der Dachauer Altstadt, die Kaga Dachau GmbH&Co.KG von Jakob Kandler, muss nicht in die Insolvenz. Wie die Münchner Investorin Gabriele Wahl-Multerer der Dachauer SZ bestätigt, hat sie kürzlich den Kredit von 3,2 Millionen Euro bei der Merkur Bank in München abgelöst und damit die Käufer der Wohnungen, soweit sie vom Kaufvertrag noch nicht zurückgetreten waren, vor einem höheren finanziellen Schaden bewahrt. Allein die Kosten für einen Insolvenzverwalter hätten sich auf etwa 400 000 Euro belaufen.

Vor allem aber zeichnet sich ein Kompromiss zwischen der Stadt Dachau auf der einen und den Eigentümern des Koschadegebäudes auf der anderen Seite ab. Der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann bietet nach den zähen und vergeblichen Planungen der vergangenen drei Jahre offiziell folgende Lösung an: Die Stadt eröffnet ein Bebauungsplanverfahren. Dabei soll entschieden werden, ob das Gebäude komplett oder teilweise abgerissen wird, um es neu zu errichten und an die historische Altstadt-Baulinie zur Konrad-Adenauer-Straße hinzuverlagern.

Dachau: Durch den Bau der ehemaligen Koschade-Klinik in den Hang hinein wurde das Panorama der historischen Altstadtkrone in Dachau gestört.

Durch den Bau der ehemaligen Koschade-Klinik in den Hang hinein wurde das Panorama der historischen Altstadtkrone in Dachau gestört.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Nach der bisherigen Rechtslage hätte ein Abriss allerdings zur Folge, dass nur noch nach dem Maßstab der Umgebung (Paragraf 34 a) bebaut werden dürfte. Damit würden die Eigentümer einen Großteil des Baurechts von circa 4000 Quadratmeter Wohnfläche verlieren. In diesem Fall hätten sie die ehemalige Klinik zu einem völlig überzogenen Preis vom Landkreis und der Amperkliniken AG erworben. Hartmann sagte der SZ auf Nachfrage: "Es ist im Interesse der Stadt, dass eine sinnvolle Lösung für beide entsteht." Er will den "Schandfleck" , wie er sagt, so schnell wie möglich aus der Altstadt entfernen. Zurzeit steht nur noch das Betonskelett der ehemaligen Klinik. Hartmann empfiehlt einen Vorhabens- und Erschließungsplan, der üblicherweise zeitlich befristet ist. Hartmann wäre auch einem Architekturwettbewerb nicht abgeneigt.

Der Oberbürgermeister war es, der den Stillstand um die ehemalige Koschadeklinik beendete. Im Interview mit der SZ in der Ausgabe vom Mittwoch, 17. September, hatte er seine Verhandlungslinie skizziert und erstmals öffentlich die Option eines Abrisses ins Spiel gebracht. Damit eröffnet sich erst die Chance, dem technisch nahezu unlösbaren Problem zu entgehen, eine Tiefgarage in den Altstadthang zu errichten. Bei einem Abriss und einer neuen Baulinie könnte dann eine Tiefgarage errichtet werden, die den städtischen Richtlinien für Stellplätze bei Neu- und Umbauten entspricht.

Koschade-Klinik

Der frühere Inhaber Eduard Koschade hatte in den 70er Jahren eine Ausnahmegenehmigung für seine Frauenklinik erhalten. Er durfte sie größer neu bauen, als es an dieser Stelle nach dem Maßstab der Altstadt-Umgebung damals rechtlich möglich war. Und er konnte eine Auffahrt für Krankenwagen errichten und damit die historische Baulinie zur Konrad-Adenauer-Straße hin verlassen. Deswegen wurde ihm auch erlaubt, einen Teil des Gebäudes in den Altstadthang hinein zu errichten, der zur historischen Altstadtkrone gehört. Auf diesen Kompromissvorschlag hatte damals der Landkreis gedrängt, weil Koschade zunächst angeblich das alte Schloss in Deutenhofen bei Hebertshausen zu einer großen Klinik habe ausbauen wollen. Die Kreispolitiker befürchteten, dass eine private Konkurrenz zum damaligen Kreiskrankenhaus in Dachau entstehen könnte. we

Bei der neuen Investorin Gabriele Wahl-Multerer handelt es sich um eine in Wirtschaftskreisen bundesweit anerkannte Persönlichkeit. Sie führte das Unternehmen Wahl Optoarts für Kunststoffoptik in Odelzhausen, verlegte es nach der Wiedervereinigung nach Ostdeutschland und fusionierte es schließlich mit der Jena Optik AG. Sie war auch Mitglied im Aufsichtsrat dieser Aktiengesellschaft, die bekanntlich über viele Jahre von dem ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth geleitet worden war. In München, in der Region und auch in Sachsen beteiligt sich die Unternehmerin an caritativen Projekten. "Ich möchte mich engagieren und auch der Gesellschaft etwas zurückgeben", sagt sie der SZ. Für ihr unternehmerisches und soziales Engagement erhielt Wahl-Multerer 2007 das Bundesverdienstkreuz. Überraschenderweise war sie zu einem Gespräch über ihre Beteiligung an dem Umbau der früheren Klinik zu einem attraktiven Wohngebäude bereit. Denn Jakob Kandler als Kaga-Geschäftsführer und auch Roland Fryda als Sprecher der Käufer hegten Zweifel, ob ihre Partnerin sich tatsächlich öffentlich äußern würde. "Sie ist sehr zurückhaltend", sagten beide.

Die Reputation der Unternehmerin könnte sich für die nun anstehenden Verhandlungen als entscheidend erweisen, nach den zahlreichen vergeblichen Versuchen, das Bauvorhaben zu realisieren. Im Gespräch mit der SZ sagte sie: "Ich möchte einen Kompromiss mit der Stadt erreichen." Dabei lässt sie offen, ob nun ein Abriss oder ein Teilabriss ausreicht. "Mir ist es wichtig, das Vorhaben voranzubringen." Der Einstieg von Wahl-Multerer hat bereits dazu geführt, dass seriöse Bauunternehmen und Bauträger auch aus dem Landkreis Dachau sich für die ehemalige Koschadeklinik zu interessieren beginnen.

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