Serientäter:Letzte Chance

Ein 20-Jähriger schlägt einen Jugendlichen zusammen - offenbar völlig grundlos. Das Jugend-Schöffengericht lässt den Täter noch einmal glimpflich davonkommen.

Von benjamin emonts, Dachau

Dass eine Jugendgerichtshilfe dem Gericht nahelegt, ihren Klienten zu einer Freiheitsstrafe zu verurteilen, ist äußerst selten. Im Fall eines 20-jährigen Dachauers aber sah die Sachverständige keine andere Lösung. Der Mann ist ihr gut bekannt. In seinen jungen Jahren hat er bereits vier Vorstrafen gesammelt, eine wegen gefährlicher Körperverletzung, drei weitere für den Handel und Besitz von Betäubungsmitteln. Für diese Delikte saß der kräftig gebaute Mann schon drei Jugendarreste ab, insgesamt zehn Wochen. Trotzdem musste er sich am Montag nun vor dem Dachauer Schöffengericht verantworten - wieder wegen gefährlicher Körperverletzung.

Laut Anklageschrift soll der Dachauer einen 21-jährigen Mann nachts auf dem Nachhauseweg von einem Hallenfest völlig grundlos angegriffen haben. In einem Waldstück am Karlsfelder See soll er auf ihn zugestürmt sein, ihn mit einer Hand gewürgt und zu Boden geschleudert haben, um ihm anschließend noch vier Mal mit dem Fuß gegen den Hinterkopf zu treten. Der Karlsfelder war durch die schwere Gewalteinwirkung mindestens eine Minute lang bewusstlos, wie die Zeugen aussagten. Ein ärztliches Attest bescheinigte dem jungen Karlsfelder, eine schwere Gehirnerschütterung erlitten zu haben. "Ich hatte noch ein Vierteljahr danach Beschwerden", beklagte der Geschädigte.

Sein Peiniger räumte vor Gericht ein, ihn gewürgt und anschließend zu Boden befördert zu haben - für die Tritte aber seien andere verantwortlich gewesen. "Wer genau, weiß ich nicht." Tatsächlich war diese Aussage auch nach der Beweisaufnahme nicht widerlegbar. Ein bei der Tat anwesender Freund des Opfers sagte aus, die Tritte seien vermutlich durch zwei andere Angreifer erfolgt, die wenige Sekunden nach der Würgeattacke hinzugekommen seien. Den Angeklagten habe er sofort beiseite gedrängt. "Ich glaube nicht, dass er in der Position war, um mit dem Fuß zuzuschlagen."

Der Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung blieb auch ohne die Tritte erfüllt. "Wenn Sie den Geschädigten nicht zu Boden geworfen hätten, dann hätten die anderen nicht zutreten können", erklärte Amtsrichter Daniel Dorner. Das Schöffengericht verurteilte den Serienstraftäter zu einer Jugendstrafe von einem Jahr, Bewährungszeit zwei Jahre. Künftig wird dem jungen Dachauer ein Bewährungshelfer anheim gestellt. Er muss 800 Euro an eine soziale Einrichtung entrichten und ein Anti-Aggressions-Seminar besuchen. "Bisher hatten sie nur Arresterfahrung", sagte Richter Dorner. "Wenn ihre Bewährung widerrufen wird, sitzen Sie das Zwölffache ab."

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