Lebensmittelkontrollen in Dachau:Der Landkreis isst sicher

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Laut Landratsamt werden Betriebe im Landkreis Dachau regelmäßig kontrolliert. Hier ein Symbolbild einer Kontrolle im Landkreis Cloppenburg. (Foto: dpa)

Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch moniert zu wenig Lebensmittelkontrollen des Landratsamtes. Die Behörde weist die Vorwürfe als falsch zurück. Obgleich mehr Personal eine intensivere Überwachung ermögliche.

Von Lina Brückner, Dachau

Pferdefleisch in der Rinderlasagne, durch Salmonellen belastete Eier oder mit Mäusekot verunreinigter Mozzarella - immer wieder erschüttern Skandale die deutsche Lebensmittelbranche. Oftmals kommen diese erst ans Licht, nachdem die Lebensmittel an die Konsumenten gelangen. Laut der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, die sich selbst als "Die Essensretter" bezeichnet, fallen Lebensmittelkontrollen massenhaft aus, da es in den zuständigen Behörden an Personal mangele. Auch im Landkreis Dachau würden die Behörden weniger kontrollieren, als sie eigentlich müssten, meint Foodwatch.

Mehr als 150 000 Menschen leben und speisen im Landkreis Dachau. Für deren Gesundheit sind fünf Angestellte im Veterinäramt beschäftigt, deren Aufgabe es ist, 2400 Betriebe zu überwachen. Ein Mitarbeiter für 480 Unternehmen, das reiche aus, meint Wolfgang Reichelt, Pressesprecher des Landratsamtes. Die unterstellte Behauptung, die Kontrollen fielen massenhaft aus, treffe auf den Landkreis nicht zu. Doch wenn es zu längerfristigen Ausfällen komme, könnten auch die Dachauer Mitarbeiter in die Bredouille geraten. Die Zahlen des Foodwatch-Berichts "Kontrolle ist besser" zeigen ein anderes Bild: Die vorgegebene Kontrollfrequenz wird im Landkreis Dachau nicht eingehalten und der Kontrollrückstand umfasst 246 Stück (Stand Anfang September).

Auch die Todeswurst wurde in den Landkreis Dachau geliefert

Der Landkreis Dachau ist in den vergangenen Jahren von Skandalen mit schwerwiegenden Folgen verschont geblieben. Rechtzeitig wurden Rückrufaktionen in den örtlichen Betrieben durchgeführt, sodass Unglücksfälle ausblieben. Doch die verdorbene Wurst der hessischen Firma Wilke, die im Oktober für Furore sorgte, wurde auch in den Landkreis Dachau geliefert. Das Problem der belasteten Lebensmittel ist in der Region nicht ganz vom Tisch.

Koordiniert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sind in Deutschland die Bundesländer für die amtliche Lebensmittelüberwachung zuständig. Untersuchungsprogramme, die in den jeweiligen Ministerien entwickelt werden, sollen von den Lebensmittel- und Veterinärämtern in den Städten und Landkreisen vollzogen werden. Und genau hier liege das Problem, meint Foodwatch. Laut der Organisation fällt jede dritte vorgeschriebene Kontrolle aufgrund fehlenden Personals aus, nur zehn Prozent der deutschen Lebensmittelbehörden schaffen das Pensum an Betriebskontrollen, 250 000 Kontrollen finden nicht statt. "Ein fatales politisches Versagen", beklagt Foodwatch. Die Essensretter werfen den Behörden fehlende Transparenz gegenüber den Verbrauchern vor und meinen, die gesetzlichen Regelungen unterstützten vor allem die Unternehmen. Die Nahrungsmittelindustrie diktiere der Politik ihre eigenen Spielregeln. Doch Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, will die Anzahl der Lebensmittelkontrollen reduzieren. Gegen diesen Vorschlag und die Mängel bei der Lebensmittelkontrolle hat Foodwatch eine Petition gestartet. Mehr als 37 000 Bürger haben diese bereits mit ihrer Unterschrift unterstützt.

Die Verantwortung liegt bei den Unternehmen

Laut dem Dachauer Landratsamt ist jeder Betrieb im Landkreis schon einmal kontrolliert worden. "Die Risikobewertung von Betrieben erfolgt nach Risikoklassen, aus denen sich die Frequenz von Betriebskontrollen ergibt", erklärt Pressesprecher Reichelt. So werden manche Betriebe täglich kontrolliert, andere nur alle fünf Jahre. Ausnahmen von den regelmäßigen Prüfungen bildeten Anlasskontrollen, die bei besonderen Vorkommnissen durchgeführt würden, so Reichelt. Was bei einer Kontrolle angeschaut wird, richte sich nach der Betriebsart. Dabei werden laut Landratsamt einzelne Themenbereiche begutachtet: Baulicher Zustand, Betriebshygiene, Personalhygiene und Kennzeichnung sind Beispiele. Den Informationen des Landratsamts zufolge kann die Konsequenz für ein Lebensmittelgeschäft, in dem Missstände entdeckt werden, von einer mündlichen Belehrung bis zu Bußgeldverfahren und vorübergehenden Betriebsschließungen reichen.

Foodwatch fordert die Politik dazu auf, dem Personalmangel entgegenzuwirken. "Selbstverständlich ist mit mehr Personal eine intensivere Überwachung und Durchsetzung von Vorschriften möglich", meint Reichelt. Doch diese Entscheidung könne nur auf Landes- beziehungsweise Bundesebene getroffen werden. Dort allerdings spricht sich Julia Klöckner dafür aus, die Anzahl der Lebensmittelkontrollen trotz der bestehenden Lücken zu senken.

Für Reichelt liegt die Verantwortung, Standards einzuhalten, primär bei den Unternehmen. Die Verwaltung könne nur stichprobenartig überprüfen, ob die rechtlichen Vorschriften eingehalten werden, und daraus Konsequenzen ziehen, sagt er. Verbraucherschützer fordern dagegen eine Hygieneampel mit Smileys, die den gesundheitlichen Zustand eines Produkts abbilden, nach dänischem Vorbild. So kann der Konsument auf den ersten Blick erkennen, ob das gewünschte Produkt frei von Mängeln ist. Mehr Transparenz und Sicherheit für die Verbraucher haben in Dänemark zu positiveren Kontrollergebnissen und einer verbesserten Hygiene in den Betrieben geführt. Durch den Hinweis auf den Verpackungen bemühen sich die Unternehmen darum, positiv ausgezeichnet zu werden.

Auch wenn es noch keine Hygieneampel in Deutschland gibt, kann jeder in eigener Verantwortung seine Gesundheit schützen. Für den Laien erkennbar sind laut Landratsamt lediglich offensichtlich verdorbene Lebensmittel, die sich etwa in Geruch und Farbe von Gewohntem unterscheiden. Neben einem Blick auf die Sauberkeit im Supermarkt oder das Mindesthaltbarkeitsdatum, könne sich jeder Einzelne absichern, indem er beim Händler seines Vertrauens einkaufe, meint Reichelt. Hundertprozentige Sicherheit sei dadurch jedoch nicht gewährleistet.

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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