Kriminalitätsstatistik:Sexuelle Übergriffe nehmen zu

Im Landkreis steigt die Zahl der Vergewaltigungen und Nötigungen. Im Internet kursiert immer mehr Kinderpornografie.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Die Zahl lässt einen erschrecken: 106 Sexualdelikte hat die Dachauer Polizei in ihrem Kriminalreport 2020 registriert - im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme um 19 Prozent. Verantwortlich für den Anstieg ist vor allem die illegale Verbreitung von Pornografie. Doch besonders beunruhigend ist, dass auch die Zahl der schweren sexuellen Übergriffe, also der Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen, von 23 auf 33 Delikte gestiegen ist. Der Großteil der Straftaten ereignete sich nach Polizeiangaben unter Bekannten.

Ob die Corona-Krise eine Rolle spielt, darüber will Polizeisprecher Björn Scheid nicht spekulieren. Dagegen könnte sprechen, dass die Fälle häuslicher Gewalt, die oft einhergehen mit sexuellen Übergriffen, mit 150 Straftaten nicht zugenommen haben im Vergleich zum coronafreien Vorjahr. Ein originär Dachauer Problem ist die Zunahme der Sexualdelikte nicht. Das Polizeipräsidium Oberbayern Nord, das auch für den Landkreis verantwortlich ist, stellte in seinem jüngsten Bericht einen "neuen Höchststand" bei "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" fest. Aus 119 besonders schweren Übergriffen sind 165 geworden. Eine ganze Reihe dieser Straftaten liegt nach Angaben des Präsidiums allerdings Jahre zurück. Sie schlagen sich erst jetzt in der Statistik nieder, weil die Opfer verspätet Anzeige erstatteten und nur abgeschlossene Fälle Eingang in die Statistik finden. Im vergangenen Jahr seien besonders viele dieser "Altdelikte" der zuständigen Kripo Fürstenfeldbruck gemeldet worden. Etwa gleich geblieben ist die Zahl der sexuellen Missbrauchsfälle im Landkreis, von denen meist Kinder im familiären Umfeld betroffen waren. Sie lag bei 28 Delikten.

Insgesamt gehört der Landkreis Dachau zu den friedlicheren in Bayern

In Sachen Pornografie sind im Landkreis besonders junge Menschen und Schüler in den Fokus der Ermittler geraten. Über digitale Medien wie Whatsapp verschickten sie reihenweise Pornofilme und Bilder. "Pornografisches Material ungefragt an andere zu verschicken, stellt eine Straftat dar", erklärt Polizeisprecher Scheid. Wenn ganze Chatgruppen ausgehoben werden, registriert die Polizei zugleich zahlreiche mehrere Straftaten. Die Empfänger sind oft minderjährig, was die Vergehen auch strafrechtlich noch schwerwiegender macht. Die Delikte werden inzwischen häufiger verfolgt, weil man in den Schulen sensibilisiert ist. Auch bei der Verbreitung von Kinderpornografie verzeichnet das Polizeipräsidium Oberbayern Nord wie im Vorjahr einen "deutlichen" Anstieg.

Insgesamt gehört der Landkreis Dachau dem polizeilichen Report zufolge dennoch zu den friedlicheren in Bayern. Im Jahr 2020 wurden 4587 Straftaten ohne Verkehrs- und Staatsschutzdelikte registriert, das entspricht einem Rückgang um 1,7 Prozent. In den Nachbarlandkreisen Fürstenfeldbruck und Freising lagen die Zahlen deutlich höher mit knapp 7500 beziehungsweise 6000 Straftaten. Die Zahl der Wohnungseinbrüche blieb mit 48 unverändert gering, Körperverletzungen (560) nahmen um knapp acht Prozent ab.

Erstaunlich hoch erscheint die Zunahme der Rauschgiftdelikte um etwa 30 Prozent auf 341 Fälle. Die Ursache liegt darin, dass die Beamten im Corona-Jahr 2020 schlicht deutlich mehr Zeit für Kontrollen hatten, weil sie nicht auf Großveranstaltungen zugegen sein mussten. Speziell auf öffentlichen Plätzen wie Bahnhöfen und Grünanlagen waren sie nun präsenter. Erwischt haben sie dort häufig Kiffer mit Kleinmengen.

Mehr Ladendiebstähle in Karlsfeld

Um nahezu 70 Prozent ist die Zahl der Ladendiebstähle auf 203 Delikte gestiegen. Ursächlich dafür war der Polizei zufolge eine Reihe von Diebstählen im Bereich der neu errichteten Karlsfelder Mitte, wo Geschäfte eröffnet hatten. Der Großteil der Ladendiebstähle habe sich in Supermärkten ereignet. Trauriger Tiefpunkt in der Kriminalstatistik ist ein Tötungsdelikt in Petershausen, der sich im November 2019 zugetragen hat. Er schlägt sich erst jetzt in der Statistik nieder, weil die Täterin zunächst rechtskräftig verurteilt werden musste. Die damals 35-Jährige hatte ihren Lebensgefährten nach einem Streit mit einem Küchenmesser niedergestochen. Sie wurde zu sechs Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Bei zwei anderen Auseinandersetzungen in einer Dachauer Wohnung und einer Asylunterkunft in Vierkirchen blieb es bei Tötungsversuchen.

Die "kriminellste" Gemeinde des Landkreises ist Petershausen, weil zwei Brüder eine Serie an Graffiti-Straftaten begangen hatten. Dahinter folgen Dachau und Bergkirchen, in dessen Industriegebiet Gada immer wieder Delikte angezeigt werden. Die friedlichste Gemeinde ist Pfaffenhofen an der Glonn.

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