Kultur in Dachau:Der Jazz-Fotograf

Lesezeit: 3 Min.

Rund 160 Fotos – die meisten in Schwarz-Weiß - zeigt Wolfgang Feik in seiner Ausstellung "Blautöne" in der KVD-Galerie. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bevor er Sänger und Musiker ablichtet, hört er ihnen mindestens eine halbe Stunde lang zu: Seine Werke zeigt Wolfgang Feik nun in der KVD-Galerie. Beim Rundgang verrät er, wie er beim Fotografieren vorgeht.

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Ganz unerwartet wird ein Rundgang mit Wolfgang Feik durch seine Ausstellung „Blautöne“ in der KVD-Galerie zu einem Intensivseminar in Sachen Jazz: Diese vielschichtige Musikrichtung habe ihn von Kindheit an geprägt, sagt der Fotograf und vielfach ausgezeichnete Kameramann. Deshalb sind unter den rund 160 Fotos – die meisten in Schwarz-Weiß – nur wenige, die keinen direkten Bezug zum Jazz haben.

Feik ist ein ausgewiesener Kenner der Jazz-Szene und das hat seinen Grund: Er sei im ehemaligen unterfränkischen „Zonenrandgebiet“ groß geworden, erzählt er. Dort habe er als Kind zum ersten Mal ein Jazzkonzert erlebt. So war es – rein musikalisch betrachtet - wohl um ihn geschehen. Diese Leidenschaft ist in seinen Porträts von Musikerinnen und Musikern zu spüren. Immer wieder fallen einzelne Gesichter ins Auge und Feik erklärt dazu mit unglaublichem Detailwissen und immer noch völlig hingerissen, von dem, was er damals an Jazztönen aufgesogen hat und was diesen Trompeter, diese Perkussionistin, diesen Blues-Harper so einzigartig für ihn mache.

Da ist etwa Johann Fliegauf, ein abgeklärter, in sich versunkener und zugleich mit wachem Auge auf sein Publikum oder womöglich sogar auf die Welt schauender Musiker, der am Ammersee zu Hause ist. Wer in das Foto des Musikers eintaucht, bekommt eine Ahnung von seinem langen, womöglich nicht immer leichten Leben und hört ihn förmlich spielen. Da hat Wolfgang Feik schon eine andere Fotografie im Blick. Eine, die den Blick ebenso magisch anzieht.

Es ist das Porträt einer starken, kraftvollen Frau: Petra Magoni ist studierte Opernsängerin, die sich zu einer Zeit als dies für Klassik-Puristen noch verpönt war, später für eine ganz andere Stilrichtung entschieden hat. Drummer Kyle Poole versprüht auf seinem Porträt geballte Lebensfreude. Als Fotograf konzentriert sich Feik mit ansteckender Begeisterung ganz auf den jeweiligen Sänger oder Instrumentalisten und ihre Musik. Aber wie gelingt es ihm, diese besonderen Momente bei den Auftritten eines Künstlers oder einer Künstlerin einzufangen?

Wolfgang Feiks Musikerporträts haben eine unglaubliche Dichte und Nähe. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Auch die Farbe Blau offenbart für den Künstler eine Verbindung zum Jazz. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wolfgang Feiks Antwort: „Den Musiker mindestens eine halbe Stunde lang anhören, ihn beobachten und genau diesen Moment antizipieren.“ Was daraus entsteht, lässt sich in jeder seiner Aufnahmen wiederfinden, sei es bei einem international bekannten Star oder einer Musikerin aus der Region. Diese Porträts haben eine unglaubliche Dichte und Nähe. Gleichzeitig sind sie voller Respekt vor der Persönlichkeit und der Musik jedes Einzelnen. Das ist für das von der digitalen Bilderflut überreizte Auge eine Art entzücktes Wiedererkennen: So geht wirklich gute Fotografie.

„Außerdem ist das Format praktisch, man kann das Bild immer wieder andersherum hängen“

Aber sie geht auch ganz anders. Immer wieder hängen zwischen den Porträts abstrakte Fotografien. Mit diesem Sujet beschäftigt sich Feik schon seit einiger Zeit – und hat einen Riesenspaß, wenn Betrachter versuchen, das „Original“ zu erraten. Er wolle Formen und Strukturen „durch ein spezielles Sehen“ sichtbar machen, sagt er: „Der Betrachter ist gefragt, denn das endgültige Bild entsteht im Kopf.“ Stimmt. Je länger man die quadratischen Werke anschaut, umso mehr entfernt man sich vom dringenden Wunsch, ein bestimmtes Objekt zu erkennen. Vielmehr lässt man sich ins Bild hinein tragen, lässt die Gedanken wandern, wohin sie wollen. Wolfgang Feik will sich das Lachen nicht verkneifen, als er sagt: „Außerdem ist das Format praktisch, man kann das Bild immer wieder andersherum hängen.“

Bleibt noch die Frage: Warum hat er seine Ausstellung „Blautöne“ genannt? Denn angesichts all der möglichen Changierungen dieser Farbe denkt man bei Blau vermutlich nicht als Erstes an Jazz, sondern vielleicht eher an Yves Klein und seine gigantischen Arbeiten in „Monochrom Blau“ oder an blaues Himmelsgewölk, das die Fantasie beflügelt. Feiks Antwort ist ganz einfach: Der Blues mit seinen vielen Facetten stand gewissermaßen Pate. „Es geht um blue notes, um Zwischentöne und Töne, die sich reiben“, sagt Wolfgang Feik. Diese Zwischentöne hat er auf eindrückliche Weise sichtbar – und fürs innere Ohr erlebbar gemacht.

Die Ausstellung „Blautöne“ mit Fotografien von Wolfgang Feik ist in der KVD-Galerie in Dachau noch bis Sonntag, 14. Juli, zu sehen. Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag von 16 bis 19 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr.

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