Süddeutsche Zeitung

Dachau:Unruhe im Krankenhaus

Die Pflegedirektorin Gesa Breckweg verlässt die Amper Kliniken AG nach nur einem Jahr. In der Belegschaft ist sie sehr beliebt. Im Zuge ihres Weggangs erheben nun Mitarbeiter anonym schwere Vorwürfe gegen Helios.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Während die Corona-Infektionszahlen derzeit steigen, herrscht am Helios Amper-Klinikum intern weiterhin Unruhe. Die Pflegedirektorin Gesa Breckweg hat die Amper Kliniken AG nach nur einem Jahr wieder verlassen - laut Helios "auf eigenen Wunsch" und um sich einer neuen beruflichen Herausforderung zu stellen. Im Zuge von Breckwegs Weggang wollen nun offenbar auch weitere Angestellte kündigen. "Wir sind schon über 50 Menschen, die sich entschlossen haben, dass bei einem Ausscheiden Frau Breckwegs, eine Zukunft im Dachauer Klinikum nicht mehr möglich ist", schreiben Mitarbeiter in einem Brief an die Belegschaft des Dachauer Krankenhauses. Sie wollen anonym bleiben, der Name eines Mitarbeitenden ist der SZ Dachau bekannt. Die Verfasser des Briefes rufen ihre Kollegen dazu auf, sich ihnen anzuschließen und machen Helios schwere Vorwürfe: "In den Zukunftsplanungen sind wir nicht mehr Menschen, wir sind nur ein Kostenfaktor. Dieser muss auf ein Minimum reduziert werden."

Breckweg hat erst vor einem Jahr den Posten der Pflegedirektorin für die Klinikstandorte Dachau und Markt Indersdorf übernommen. In der Hochphase der Corona-Pandemie hat sie mit anderen als Krisenmanagern geglänzt. In der Belegschaft ist sie sehr beliebt. Am Donnerstagnachmittag nahm sie Abschied von ihren Kollegen.

Zu "Gerüchten und Mutmaßungen" will sich Helios nicht äußern

Laut den anonymen Mitarbeitern verlässt Breckweg das Klinikum unfreiwillig. "Jeder, der diese Frau kennt, weiß, mit wie viel Herzblut sie ihren Auftrag verstanden hat. Welche Vision sie hatte", schreiben sie. Breckweg hätte nicht nur Zahlen in den Vordergrund gestellt, "sondern auch das Wohl der Mitarbeiter". Breckweg selbst schweigt am Donnerstag. Dass nun vor dem Hintergrund ihres Weggangs Mitarbeiter andere Kollegen dazu aufrufen, ebenfalls zu kündigen, wollte sie auf Nachfrage nicht kommentieren und verwies auf die Presseabteilung des Klinikums.

Sprecherin Pia Ott sagt: "Es liegen keine Kündigungen in Folge des Weggangs von Frau Breckweg vor." Zu "Gerüchten und Mutmaßungen" wolle man sich nicht äußern. "Die Personalsituation in der Pflege ist nach wie vor stabil." Personalausfälle durch Krankheit, Schwangerschaft oder Fluktuation würden in bewährter Form durch unterschiedliche Maßnahmen kompensiert, "zum Beispiel durch unseren Springerpool".

Seit Jahren kommt das Helios Amper-Klinikum nicht zur Ruhe

Seit Jahren kommt das Helios Amper-Klinikum nicht zur Ruhe. Immer wieder protestieren die Pflegekräfte gegen die in ihren Augen schlechten Arbeitsbedingungen und werfen der Klinikleitung Missmanagement vor. Sie fordern mehr Lohn und Personal, um die Arbeitsbelastung zu senken. Erst in der vergangenen Woche versammelten sich Pflegekräfte vor dem Eingang des Krankenhauses. Sie beklagten etwa, während der Corona-Krise zu wenig Schutzausrüstung bekommen zu haben. Helios weist die Vorwürfe der Pflegekräfte immer wieder zurück und sieht nach wie vor keinen Handlungsbedarf.

Landrat Stefan Löwl (CSU) ist Mitglied des Aufsichtsrats der Amper Kliniken AG. Er ist inzwischen davon genervt, dass im Dachauer Krankenhaus seit Jahren keine Ruhe einkehrt. Er betont, dass der Kreistag und andere Akteure "massiv die Pflege und die Medizin gleichermaßen im Auge" hätten. "Dafür setzen wir uns ein. Aber im Pflegebereich ist es eben schwierig." Er habe nach wie vor ein Grundvertrauen in Helios. Schließlich betreibe Helios auch Krankenhäuser in Pasing und Perlach. Dort gehe es aber ruhiger zu als in Dachau. Löwl sagt, er habe Breckweg während der Corona-Krise als "kompetente und emphatische" Pflegedirektorin kennengelernt.

Wie Pressesprecherin Pia Ott mitteilt, will man die vakante Stelle schnellst möglich wiederbesetzen. Bis dahin übernehme der Cluster-Pflegedirektor Dominik Teich die Funktion des Pflegedirektors für die Standorte Dachau und Indersdorf übergangsweise. Teich kenne alle vier Standorte des Helios Clusters in Dachau, Markt Indersdorf, München Pasing und Perlach gut, "so dass ein reibungsloser Übergang gewährleistet ist".

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SZ vom 25.09.2020
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