Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Dachau:Der überparteiliche Kandidat

Oberbürgermeister Florian Hartmann verweist beim Wahlkampfauftakt der Dachauer SPD auf die "gemeinsam" erzielten Erfolge und ein breites Bündnis, das ihn unterstützt. Mit politischen Angriffen auf die Mitbewerber hält er sich größtenteils zurück.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Es beginnt mit einem Knaller. Florian Hartmann, 33, betritt um 19.40 Uhr am Mittwochabend im Ludwig-Thoma-Haus das Rednerpult. Er beugt sich zum Mikro und will anfangen zu reden, da knarzt und kracht es aus den Boxen so laut, dass es in den Ohren der etwa 70 Menschen dröhnt, die gekommen sind. "Hier ist Vibration in der Luft", sagt Hartmann. Das Lametta, das wohl für eine anstehende Faschingsveranstaltung an der Galerie im Saal hängt, es zittert.

Es ist der mit Abstand lauteste Moment dieses Abends, an dem die Dachauer SPD offiziell in den Wahlkampf startet. Der Oberbürgermeister und seine Partei haben sich für die Strategie der leisen Töne entschieden. Die Sozialdemokraten wollen die Erfolge der vergangenen sechs Jahre für sich sprechen lassen. Lasst uns über uns und das Erreichte reden! Bloß nicht vom politischen Gegner in irgendwelche Scharmützel locken lassen! So lautet die Taktik der SPD. Die drei Buchstaben C S U kommen hier keinem Redner über die Lippen.

"So ein klares Bekenntnis hat es in Dachau seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben"

Stattdessen erwähnen die Genossen, wo es nur geht, das Wort "gemeinsam". "Wir haben viel vor, wir haben es gemeinsam vor", das sei der Titel dieser Veranstaltung, sagt Sören Schneider, der Ortsvorsitzende. Auf die Leinwand projiziert der Beamer den Slogan "Gemeinsam gestalten". Auf Flyern steht "Dachau gemeinsam weiter bewegen" - als Zuhörer wird einem hier eine Gemeinschafts-Überdosis injiziert. Noch vor seiner Rede streift Hartmann durch die voll besetzten Stuhlreihen und schüttelt ausnahmslos jedem die Hand. Später am Rednerpult sagt er, dass er sich für ein "Bürgerbudget" einsetzen will, damit Menschen ihre eigenen Ideen direkt umsetzen könnten. Er wolle den Bürgern "Verantwortung übertragen".

Hartmann präsentiert sich als überparteilicher Kandidat. Nach dem Mikrokracher sagt er als Allererstes: "Es ist uns wichtig, dass die Anliegen aller Menschen ernst genommen werden." Als nächstes lobt er die "Erfolgsbilanz aller Parteien", die im Stadtrat in den vergangen sechs Jahren konstruktiv mitgearbeitet hätten.

In erster Linie dürfen sich damit zwei Parteien angesprochen fühlen. Hartmann ist nicht nur der Kandidat der SPD, auch das Bündnis und die Grünen wollen ihn wieder als Oberbürgermeister haben. Dass ihn die beiden Gruppierungen unterstützen, darauf ist Hartmann natürlich stolz. "So eine besondere Konstellation, so ein klares Bekenntnis hat es in Dachau seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben", sagt er. Lorenz Reitmeier war der letzte OB dieser Stadt, den mehrere Parteien zu ihrem Kandidaten nominierten. Er regierte 30 Jahre lang.

Doch bei aller Überparteilichkeit - Hartmann ist auch Sozialdemokrat. Er habe die Vision eines "noch sozialeren Dachaus". Die Mieten seien irrsinnig hoch. Deshalb wolle er sich dafür einsetzen, konsequent Sozialwohnungen zu bauen. Nur indirekt geht er auf die Vorwürfe ein, welche ihm anderen Gruppierungen immer wieder machen. Insbesondere Peter Strauch, der CSU-Oberbürgermeisterkandidat, kritisiert immer wieder mit scharfen Tönen die Finanz- und Haushaltspolitik der vergangenen Jahre und dass die Rücklagen vollständig aufgebraucht seien. Hartmann fragt: "Haushaltet eine Stadt schlecht, wenn sie investiert?" Man könne und dürfe eine Stadt nicht nach "knallharten" wirtschaftlichen Gesichtspunkten führen. Stattdessen plädiert Hartmann für eine "Politik, die sich an unseren Werten und den Bedürfnissen der Menschen orientiert".

Hartmann hält sich mit politischen Angriffen zurück

Ansonsten hält sich der OB mit politischen Angriffen auf Mitbewerber größtenteils zurück. Es ist eine sachliche, unaufgeregte Rede, bei der Hartmann das Wahlprogramm skizziert. Beim Thema Verkehr fordert er etwa eine Anbindung Dachaus an den Nordring und einen Zehn-Minuten-Takt der S-Bahn, der nicht nur auf dem Papier existiere. Auf dem MD-Gelände möchte Hartmann auch "urbanes Gebiet" ausweisen, damit sich dort auch Unternehmen ansiedeln könnten. Zudem soll mehr für Kinderbetreuung ausgegeben werden. "Wir investieren in das, was notwendig ist, und nicht in das, was gesetzlich vorgeschrieben ist."

Hartmann redet etwa 40 Minuten, dann stellen sich einzelne SPD-Stadtratskandidaten vor und nehmen zu einzelnen Themenbereichen Stellung. Dafür kommen sie alle nach vorne und stellen sich nebeneinander auf. Jetzt stehen sie da, neben den drei großen Buchstaben D-A-H, welche die SPD aufgestellt hat. Ihr Slogan: "Gemeinsam für alle DA(H)."

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Quelle:
SZ vom 17.01.2020
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