Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl 2020 in Dachau:Grüne nominieren Landratskandidaten

Der 60-jährige Kreisrat Achim Liebl gibt sich nach den jüngsten Wahlerfolgen seiner Partei zuversichtlich und kämpferisch.

Von David Holzapfel, Dachau

Die Kommunalwahlen im März 2020 rücken näher, und die Dachauer Grünen blicken zuversichtlich in die Zukunft. Kein Wunder, bei vergangenen Wahlen hat die Partei im Landkreis zugelegt, bei der Europawahl etwa lagen sie mit 18,7 Prozent auf Platz zwei hinter der CSU. Achim Liebl sagt: "Dieses Momentum werden wir voll in die kommende Kommunalwahl einbringen". Liebl, grauer Bart und freundliche Augen, sieht zufrieden aus. Auch für ihn ist es eine erfolgreiche Zeit. Einstimmig wird der 60-Jährige am Dienstagabend in Dachau als Landratskandidat nominiert.

Nun ist es also doch ein Mann, der als Spitzenkandidat die Grünen in den Wahlkampf führt. Dabei hatten die Grünen in noch nicht lange zurückliegenden Kampagnen darauf aufmerksam gemacht, dass Frauen in der Kommunalpolitik doch ziemlich unterrepräsentiert sind. Aber so einfach ist die Kandidatensuche offenbar nicht, nur die Freien Wähler hatten am Montag eine Bewerberin nominiert, Dagmar Wagner.

"Wir möchten den Wachstumsdruck bestmöglich mit Nachhaltigkeit vereinbaren"

Liebl, neben Marese Hoffmann Sprecher der Grünen im Kreistag, gibt erste Einblicke in das ambitionierte Programm seiner Partei für die Kommunalwahl; dessen Umsetzung könnte dem Landkreis deutlich höhere Schulden aufbürden. Die Einwohnerzahl wächst und wächst - bereits jetzt leben mehr als 150 000 Einwohner im Dachauer Land. Bis 2036 sollen es rund 174 000 Einwohner sein, so das Statistische Landesamt. "Wir möchten den Wachstumsdruck bestmöglich mit Nachhaltigkeit vereinbaren", sagt Liebl. Wie aber soll das aussehen?

Der Landkreis bekommt ein fünftes Gymnasium. Der Freistaat Bayern hat Röhrmoos als Standort genehmigt. Der Kreistag wollte es in Bergkirchen. Das sehen auch die Grünen so: Mit dem Schulbau in Bergkirchen könne die Mobilitätsinfrastruktur, also der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im westlichen Landkreis, vorangebracht werden. Dafür, so Liebl, wolle sich die Partei nach wie vor einsetzen. Auch ein Gesamtkonzept für den Verkehr müsse her. Liebl sagt: "Oberstes Ziel muss die Verkehrsvermeidung sein." Man müsse wegkommen von Gewerbegebieten am Stadt- und Ortsrand, weg von "Zersiedelung und Flächenfraß". Die Lösung der Grünen: ein Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel. Man wolle den ÖPNV schnell, attraktiv und einfach gestalten, etwa durch den Ausbau von Bus- und Bahnverbindungen. Investitionen in Straßen sollen nur noch in Ausnahmefällen getätigt werden, wie Liebl betont.

Die Stimmung ist ausgelassen, fast schon familiär

Auch der Umstieg auf regenerative Energien soll vorangebracht werden. Der Landkreis müsse mit regional, dezentral und erneuerbar erzeugtem Strom aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse versorgt werden. Liebl sagt: "Klimaschutz fängt bei der Kommune an." Betriebe und Einrichtungen des Landkreises sollten schrittweise energieeffizient ertüchtigt und mit Solaranlagen ausgestattet werden. Das alles kostet viel Geld. Ohne deutlich höhere Schulden könnte die Umsetzung schwer fallen. Dem ist sich Liebl bewusst. "Aber die Haushaltslage des Landkreises war in den letzten Jahren sehr solide." Einen Seitenhieb kann er sich nicht verkneifen: "Die selbst erklärten Wirtschaftsparteien behaupten ja gerne, dass wir Grüne keine Ahnung von Finanzen haben". Dies sei mitnichten der Fall. "Wir kümmern uns gerne um den kommunalen Haushalt." Vielleicht liegt das auch am Beruf Achim Liebls. Er ist Informatiker, hat viele Jahre als Manager respektive Geschäftsführer einer Softwarefirma gearbeitet. "Der Achim ist jemand, der versteht, wie man einen Haushaltsplan erstellt", sagt Marese Hoffmann.

Die Stimmung ist ausgelassen, fast schon familiär, an diesem Dienstagabend in Dachau. Es wird gegessen, gelacht, zu Beginn streift Liebl durch die Tischreihen, begrüßt Mitglieder, hält Small Talk. Man kennt und schätzt ihn hier. 2009 ist Liebl zu den Grünen gekommen, in den Jahren 2011 bis 2018 war er einer der beiden Sprecher des Kreisverbandes, seit 2014 sitzt er im Kreistag. Alle anwesenden 21 Stimmberechtigten sprechen sich für ihn als Herausforderer von Landrat Stefan Löwl (CSU) aus und spenden ihm lang anhaltenden Applaus. Liebl sagt: "Pack ma's an."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4643412
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 17.10.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.