Gottesdienste in den Dachauer Kirchen:Du sollst Abstand halten

Gottesdienste in den Dachauer Kirchen: Kirche in Corona-Zeiten: Der erste Gottesdienst in St. Jakob nach der siebenwöchigen Zwangspause.

Kirche in Corona-Zeiten: Der erste Gottesdienst in St. Jakob nach der siebenwöchigen Zwangspause.

(Foto: Toni Heigl)

Gläubige dürfen wieder Gottesdienste besuchen. Doch nur unter strengen Auflagen: Die Zahl der Besucher ist begrenzt, Masken sind Pflicht. Ein Kirchengang.

Von Andreas Förster, Dachau

Eine Frau, sie trägt eine Maske, begrüßt die Menschen am Eingang der Dachauer Friedenskirche und begleitet jeden zu seinem Platz. Damit sich ja keiner falsch hinsetzt. "Bitte Abstand halten", steht auf einem Blatt, darauf werden weitere Corona-Regeln aufgelistet. Auf der Rückseite sind Noten und Texte der Lieder abgedruckt, die an diesem Vormittag gesungen werden. Gesangsbücher sind verboten. Pfarrer Thomas Körner sagt: "Herzlich willkommen, liebe kleine Gemeinde, zu unserem ersten Banditengottesdienst."

Etwa 30 Gläubige mit Mund-Nasen-Schutz haben sich an diesem Sonntagvormittag in der Friedenskirche versammelt. Es ist der erste Gottesdienst nach der mehr als siebenwöchigen Corona-Zwangspause. Die Besucher haben sich großzügig verteilt, nur Familienangehörige dürfen nebeneinandersitzen. 40 Menschen hätten Platz gehabt, entsprechend den strengen Corona-Regeln mit zwei Metern Abstand nach allen Seiten. Vor der Treppe zum Altar hat man eine hübsch dekorierte Meditations-"Ecke" mit Bänkchen, Blumen und Kerze für ein stilles Gebet hergerichtet. Seit sieben Wochen ist die älteste protestantische Kirche in der Region auch unter der Woche geöffnet, damit Menschen alleine beten können.

"Es ist wie eine Erlösung"

Doch nun findet der erste richtige Gottesdienst statt. Die Gemeinschaft, die Predigt und der Gesang - für Besucher Thilo Ederer ist es "wie eine Erlösung", sagt er. Er brauche die Botschaft und die besondere Atmosphäre in der Kirche. Eine Predigt im Fernsehen oder Radio könne das nicht ersetzen. "Das hier ist meine geistliche Heimat", betont der Leiter der Knabenkapelle Dachau, der die Friedenskirche seit seiner Kindheit regelmäßig besucht.

Vor dem ersten Wochenende nach der Lockerung des Verbots öffentlicher Gottesdienste in Bayern war die Aufregung bei allen Pfarrerinnen und Pfarrern in Dachau groß. "Werden die Menschen die Maßnahmen akzeptieren?" fragte sich Ulrike Markert, Pfarrerin der Gnadenkirche. Und ihr katholischer Kollege Benjamin Gnan hatte große Bedenken, was die Austeilung der Kommunion betraf. "Ich hatte mir vorher ausgemalt, was alles schief gehen könnte", gab der Leiter des Pfarrverbands St. Jakob zu. Am Ende aber verlief alles reibungslos - trotz Abstands- und Hygieneregeln, Absperrungen und Mundschutz sowohl beim Singen als auch beim Austeilen der Kommunion.

Anmelden zum Gottesdienst per Mail

Samstagabend, Gottesdienst in St. Jakob: Die 700 Menschen fassende Pfarrkirche in der Dachauer Altstadt hat zwar schon deutlich mehr Besucher gesehen, aber gemessen daran, dass immer noch viele Menschen, besonders ältere, selten das Haus verlassen, sind die 35 Besucher an diesem Abend ganz ordentlich. Sonntagfrüh kommen 50 Menschen zum Gottesdienst. Jede zweite Bankreihe ist mit einer Kordel abgesperrt. Eingangs werden die Namen kontrolliert, es darf nur teilnehmen, wer sich vorher telefonisch oder per E-Mail angemeldet hat.

Auf diese organisatorische Maßnahme verzichtet die Friedenskirche und auch andere evangelische Kirchen in Dachau, wie die Gnadenkirche oder die Versöhnungskirche. "Sollten es zu viele Besucher werden, müssten wir dann allerdings auch welche abweisen", sagte zuvor Pfarrerin Christine Döring. Das ist dann aber nicht notwendig. Die Gnadenkirche zählt am Sonntagvormittag 17 Besucher von 43 möglichen. Im 11-Uhr-Gottesdienst in der Versöhnungskirche, der wegen des Gedenkens an das Kriegsende vor 75 Jahren als ökumenischer Gottesdienst abgehalten wird, sind es etwas weniger als die maximale Anzahl von 25 Teilnehmern, der Abend-Gottesdienst in Maria Himmelfahrt hat 14 Teilnehmer. Der Gottesdienstablauf steht ganz im Zeichen von Corona. Das Singen ist nur mit Mundschutz erlaubt, deshalb ist überall die Liedauswahl verkürzt worden, dazu werden nur zwei Strophen hintereinander gesungen. Auf keinen Fall soll jemand Atemnot bekommen, aber auch ohne Atemnot würden die Brillengläser beschlagen, sagt ein Besucher in St. Jakob nach dem Gottesdienst.

Gottesdienste in den Dachauer Kirchen: Die Predigt halten darf Pfarrer Thomas Körner in der Dachauer Friedenskirche ohne Mundschutz.

Die Predigt halten darf Pfarrer Thomas Körner in der Dachauer Friedenskirche ohne Mundschutz.

(Foto: Toni Heigl)

Beim Austeilen der Kommunion muss auch Stadtpfarrer Benjamin Gnan Mundschutz tragen, Predigen darf er noch ohne. Mit Einmalhandschuhen ausgerüstet geht er durch die Reihen und legt den Gläubigen die Hostie vorsichtig auf den flachen Handteller, um eine Berührung der Hand zu vermeiden. Das gestraffte Programm mit weniger Gesang und einer kürzeren Predigt kommt bei den Besuchern in St. Jakob zwar gut an, aber die geringe Besucherzahl in der großen Kirche macht einigen zu schaffen. Und auch das distanzierte Nicken oder Winken in Richtung der ziemlich weit entfernt stehenden Nachbarn, dass das sonst übliche gegenseitigen Händeschütteln oder Umarmen als Friedenszeichen ersetzt, wird eher notgedrungen hingenommen.

Nach weniger als einer Stunde ist schon wieder Schluss. Länger als 60 Minuten darf derzeit kein Gottesdienst dauern. Wer es gewohnt ist, danach noch auf einen Plausch im Gemeinde-Café zusammenzusitzen, muss darauf einstweilen noch verzichten.

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