Nach Zuschuss von Freistaat:Ende der Kindergartengebühren? Gute Aussichten für Eltern

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Der Klosterkindergarten in Dachau, eine von zwölf städtischen Einrichtungen der Stadt zur Kinderbetreuung. (Foto: Niels P. Joergensen)

Dachau erwägt, auf Gebühren für Kindergartenplätze ganz zu verzichten, nachdem der Freistaat monatlich 100 Euro pro Kopf zuschießt.

Von Petra Schafflik, Dachau

Die Chancen für Dachauer Familien auf kostenlose Kindergartenplätze steigen. Die Stadträte im Familien- und Sozialausschuss haben einstimmig entschieden, diese Option auf Antrag der SPD eingehend zu prüfen. Die Kosten so einer Gratisbetreuung für alle Drei- bis Sechsjährigen hat die Stadtverwaltung schon einmal grob überschlagen: Nachdem der Freistaat Bayern jetzt von April an 100 Euro pro Monat und Kindergartenkind zuschießt, müsste die Stadt noch einmal etwa 150 000 Euro jährlich drauflegen, um Eltern vollständig von den Gebühren zu entlasten.

Allerdings: Da die staatliche Förderung nur für den Kindergarten gilt, müssten Familien für die Krippenbetreuung ihrer Jüngsten oder den Hort der Schulkinder weiter zahlen. Arbeiterwohlfahrt und Caritas als Träger von neun Kindergärten in der Stadt hätten die Staatszuschüsse lieber in die Qualität der Kitas investiert gesehen, erklärten AWO-Geschäftsführerin Wiebke Kappaun und Ursula Neubauer von der Caritas. "Das käme direkt den Kindern zugute."

Eltern müssten in Dachau künftig nur noch wenig für den Kindergarten bezahlen

Wenn der Freistaat jetzt die Bundesmittel aus dem "Gute-Kita-Gesetz" weiterleitet und konkret 100 Euro pro Kind und Monat für die Kindergartenbetreuung an die Kommunen auszahlt, dann gelte es, diese Gelegenheit beim Schopf zu packen und Eltern ganz von Gebühren frei zu stellen, erklärt SPD-Fraktionssprecherin Christa Keimerl der SZ. Bei einem Blick in die Gebührentafel der städtischen Kitas wird klar, was gemeint ist: Familien, die ihr Kind täglich sieben Stunden in den Kindergarten schicken, zahlen aktuell monatlich in einer städtischen Einrichtung 106 Euro.

Künftig müssten diese Eltern also gerade einmal noch sechs Euro im Monat überweisen. Für längere Betreuungszeiten ergeben sich ein wenig höhere Aufzahlungen, aber am Ende sind es kleine Summen im Vergleich zum Verwaltungsaufwand.

Das Defizit der Kinderbetreuung beträgt in Dachau 8,4 Millionen Euro

Da stelle sich die Frage, ob die Stadt nicht gleich auf die Elternbeiträge verzichten sollte. "Dadurch wird vermutlich eine halbe Stelle frei", so Keimerl im Familien- und Sozialausschuss. Die Kindergartengebühren in Einrichtungen freier Träger weichen von denen städtischer Kitas nur wenig ab, private Kitas sind teilweise teuer. Wollte die Stadt nun alle Eltern zumindest in der Höhe der städtischen Kindergartengebühren entlasten, würde das jährlich 150 000 Euro kosten. Ein vergleichsweise überschaubarer Betrag, wenn man bedenkt, dass das Defizit der Kinderbetreuung 8,4 Millionen Euro beträgt.

Doch bevor der Stadtrat eine Entscheidung pro oder kontra gebührenfreier Kindergarten trifft, bedarf es noch eingehender Untersuchungen. Stadtrat Thomas Kreß (Grüne) möchte gerne die zu erwartenden Kostensteigerungen der kommenden Jahre überblicken. Er macht auch grundsätzliche Bedenken geltend: "Ich bin nach wie vor ein Verfechter der einkommensabhängigen Gebühren." Tatsächlich gebe es viele Leute, "die es sich leisten können und auch gerne zahlen", weiß auch Sabine Geißler (Bündnis für Dachau), die ebenfalls für einkommensgestaffelte Beiträge plädiert.

Nicht umfassend positiv bewerten Arbeiterwohlfahrt und Caritas, dass die staatlichen Mittel in Bayern nun in die Entlastung der Familien fließen. Die Kostenfreiheit für Eltern wird grundsätzlich begrüßt. Aber viel lieber würden die Träger die Gelder in eine Qualitätsoffensive stecken. Die 100 Euro pro Kind summieren sich in Dachau auf jährliche 1,7 Millionen Euro. "Das wären 40 zusätzliche Fachkräfte für die Kindergärten, das ist schon eine Hausnummer", erklärte AWO-Geschäftsführerin Wibke Kappaun den Stadträten. Doch genau an Fachkräften mangle es doch, zusätzliche Mitarbeiter seien gar nicht zu bekommen, entgegnete Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD).

"Das wird noch dramatisch werden"

Nachdem eine Entspannung auf dem umkämpften Arbeitsmarkt für Erzieher nicht absehbar ist, befürchtet Hartmann noch weitere Einschnitte bei der Qualität. "Das wird noch dramatisch werden. Weil wir gar nicht wissen, wie wir die Kinder noch betreuen sollen." Auch Kappaun weiß um die angespannte Personalsituation. Allerdings könnten zusätzliche Küchen- und Verwaltungskräfte die pädagogischen Mitarbeiter in den Kitas entlasten. Auch die Erzieherausbildung hätte sich mit dem Geld aus Berlin attraktiver gestalten lassen. Tatsächlich ließen sich die Mittel sinnvoller einsetzen, das betonte im Familienausschuss auch Stadträtin Anke Drexler (SPD).

Aber die Kommunen können das nicht bestimmen. Deshalb plädiert die SPD dafür, die Gelegenheit zu nutzen und die Eltern vollständig zu entlasten. Sobald die Verwaltung fundierte Zahlen ermittelt hat, werden die Stadträte erneut diskutieren.

© SZ vom 21.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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