Maskenpflicht:Die Alltagskontrolleure

Maskenpflicht: Tragen Sie einen Mund-und-Nasenschutz: In der Dachauer Altstadt gilt eine Maskenpflicht.

Tragen Sie einen Mund-und-Nasenschutz: In der Dachauer Altstadt gilt eine Maskenpflicht.

(Foto: Toni Heigl)

Die meisten Menschen im Landkreis Dachau halten sich an die Maskenpflicht. Doch Bäckereiangestellte, Supermarktkassierer und Busfahrer müssen sich immer wieder mit Verweigerern herumschlagen. Über die wahren Seuchenbekämpfer.

Von Sophie Kobel und Thomas Radlmaier, Dachau/Karlsfeld

Daniel Schermelleh lehnt sich an ein Regal voller Müslipackungen und zupft seine dunkelblaue Stoff-Maske mit aufgesticktem Edeka-Firmenlogo zurecht. An diesem Nachmittag sind gerade eher wenig Kunden im Supermarkt an der Wögerwiese in Karlsfeld. Schermelleh, der Inhaber des Edeka-Marktes, hat ein paar Minuten Zeit für ein Gespräch darüber, wie es so läuft mit der neuen FFP2-Maskenpflicht in seinem Laden. Er erzählt, Kunden hätten ihn zuletzt kritisiert und gefragt: Wieso seine Kollegen und er denn noch immer eine herkömmliche Maske und kein FFP2-Modell tragen würden? "Da hab ich einfach gefragt, ob sie selbst mal ein paar Stunden mit FFP2-Maske Getränkekisten schleppen möchten? Dann kam nichts mehr", sagt Schermelleh und lacht.

Richtige Probleme haben sie im Edeka-Markt an der Wögerwiese mit der verschärften Maskenpflicht nicht, die bayernweit seit dem 18. Januar gilt. Seitdem müssen die Menschen beim Einkaufen und Fahren mit einem öffentlichen Verkehrsmittel FFP2-Masken tragen, seit vergangenem Montag ist auch die vorhergehende Kulanzwoche vorbei. Die Dachauer Polizei ist zufrieden. Die meisten Menschen halten sich an die neue Regel. Gleichwohl gebe es immer noch Leute, die gar keine Maske tragen würden, also weder eine FFP2- noch eine herkömmlich Stoffmaske. Drei bis vier, maximal zehn Personen, die gegen die Corona-Regelungen verstoßen, verzeichne die Dachauer Polizei pro Tag, so Scheid.

"Es gibt natürlich immer ein paar Querschießer, aber generell klappt es gut"

Wenn es um die konkrete und tagtägliche Umsetzung von neuen Corona-Maßnahmen wie der Maskenpflicht geht, stehen an erster Front oftmals nicht Polizisten oder Politiker, sondern Verkäufer, Busfahrer und andere Dienstleister. Letztendlich sind sie es, die im Alltag am meisten Kontakt zu den Bürgern haben und seit April 2020 jeden Tag und ohne großes Aufsehen dafür sorgen, dass viele Menschen ihre Masken tragen - und somit einen großen Teil im Kampf gegen die Seuche beitragen.

Im Supermarkt an der Wögerwiese sind es zwei bis drei Kunden am Tag, die Probleme bereiten, erzählt Schermelleh. Das sei bereits seit April so, die neue Regelung habe daran wenig geändert. Sorgen mache er sich der Leiter von vier Supermärkten eher um sein Team: "Anfangs dachten wir ja, auch Mitarbeiter müssten die neuen Masken tragen. Das haben ein paar von uns einen Tag lang ausprobiert und vor allem zwei ältere Mitarbeiterinnen haben extreme Kopfschmerzen bekommen. Das geht einfach nicht, dafür ist unsere Arbeit zu körperlich anstrengend", sagt der Dachauer. Mit der aktuellen Regelung, dass Mitarbeiter im Einzelhandel auch eine herkömmliche Maske tragen dürfen, sei er daher zufrieden. Am meisten diskutiere er ohnehin aufgrund des "Klassikers", wie er das Tragen von Masken unter der Nase nennt: Kürzlich kam ein älterer Herr zu ihm und zog zum Sprechen seine Maske runter. "Das ist eben Intuition, ich nehme solche Fälle entspannt, höre allerdings nicht auf, die Menschen darauf hinzuweisen", sagt Schermelleh.

Renate Schneider, Filialleiterin des Drogeriemarktes an der Wögerwiese, wusste sich nicht mehr zu helfen. Sie entschied sich dafür, an stressigen Tagen eine männliche Securitykraft einzustellen. Sie deutet auf das große Schild vor der Eingangstür, mithilfe dessen sie sowohl auf das Tragen einer Maske als auch einen der bereitgestellten Körbe hinweist: "Wenn ich selbst vor der Tür stehe, gibt es immer wieder Diskussionen. Steht aber ein Mann da, klappt alles", erzählt die Dachauerin. Beim Thema Maskenpflicht versteht sie keinen Spaß mehr. Vergangene Woche habe man die Leute ohne FFP2-Modell noch durchgehen lassen, das sei jetzt aber vorbei. "Es gibt natürlich immer ein paar Querschießer, aber generell klappt es gut. Da war es im Frühjahr schwieriger für unser Team", sagt sie. "Und wenn die Regelung mal nicht eingehalten wird sage ich, dass die Person so leider nicht bei uns nicht einkaufen kann. Ich merke allerdings, dass sich die Leute zurzeit schnell bevormundet fühlen", sagt sie.

Busfahrer konzentrieren sich darauf, den Verkehr am Laufen zu halten und gesund zu bleiben

Die Coronafall-Zahlen gehen vielerorts langsam zurück, die Inzidenzwerte sinken. Da ist die Versuchung groß, beschlossene Maßnahmen wieder aufzuheben. Die Aussicht auf mögliche Lockerungen ist auch im Landkreis Dachau ein Thema. Vor dem Hintergrund gesunkener Inzidenzwerte fragte Thomas Kreß (Grüne) in der jüngsten Stadtratssitzung nach, wie lange die Maskenpflicht in der Dachauer Altstadt und der Münchner Straße aufrecht erhalten werde. Diese könne nur das Landratsamt wieder aufheben, sagte OB Florian Hartmann (SPD). Am Freitag forderte die AfD-Kreistagsfraktion per Antrag die Kreisverwaltung auf, zu prüfen, ob die Maskenpflicht an den Plätzen in Dachau, Karlsfeld und Indersdorf zum 1. Februar aufgehoben werden kann. Neben der Altstadt, Münchner Straße und dem Areal am Rotkreuzplatz ist das Tragen einer herkömmlichen Maske auch in Karlsfeld am Bahnhof, Parkplatz in der Hochstraße und in Karlsfeld Mitte sowie am Bahnhof in Markt Indersdorf Pflicht. Die Regelung hat das Landratsamt per Allgemeinverfügung erlassen. Grundlage dafür ist die 11. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. In der Behörde denkt man derzeit aber keineswegs daran, die Maskenpflicht zu kippen. Pressesprecher Wolfgang Reichelt erklärt, dass es Lockerungen wenn überhaupt erst ab einem Inzidenzwert von 50 geben kann. Das lege die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung fest. Diese gelte noch bis Montag. "Ich glaube nicht, dass wir bis dahin unter 50 kommen", sagt Reichelt. Der Inzidenzwert im Landkreis stieg zuletzt wieder leicht an und lag am Freitag bei 105 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern. Ab Montag tritt dann eine neue Infektionsschutzmaßnahmenverordnung in Kraft, die dem Landratsamt noch nicht vorliegt. Doch dass dann der Grenzwert von 50 für die Aufhebung der Maskenpflicht nicht mehr Bestand haben wird, ist unwahrscheinlich. Zumal das Landratsamt am Freitagnachmittag mitteilte, dass die Corona-Mutation B.1.1.7 im Landkreis angekommen ist.

Dass die neue FFP2-Maksenpflicht einige Menschen nicht so ernst nehmen, ärgert vor allem diejenigen, die durch ihre Arbeit viele Kontakte haben. Menschen wie Martina Hauzeneder. Sie arbeitet 30 Stunden pro Woche in der Karlsfelder Backstube Wünsche. Bis zu neun Stunden am Tag trägt sie ihre Stoffmaske. Das strengt an. Hinzu kommen Kunden, die sie immer wieder auf die Maskenpflicht hinweisen muss. "Man ärgert sich schon viel hier. Ich diskutiere deshalb gar nicht mehr viel. Wenn die Maske unter der Nase sitzt oder sogar fehlt, sage ich einmal etwas. Sonst heißt es eben: Nächster Kunde, bitte", sagt sie.

Sich bei sturen Maskenverweigerern nicht aus der Ruhe bringen lassen - das ist auch für Busfahrer nicht immer leicht. Im öffentlichen Nahverkehr gilt die FFP2-Maskenpflicht. Laut den Dachauer Stadtwerken kommt es vereinzelt vor, dass Fahrgäste ohne Maske die Busse betreten. "Wenn ein Fahrgast ohne oder mit falscher Maske in einen Bus einsteigt, haben wir die Möglichkeit, eine automatische Ansage zu machen", sagt Reinhard Dippold Abteilungsleiter Verkehrsbetrieb bei den Stadtwerken. Was aber wenn das nicht hilft? "Natürlich könnten wir die Polizei rufen. Aber was sagen die andere Passagiere dazu dass der Bus nicht weiterfährt?" In Zeiten von Corona sei es besonders schwierig für die Busfahrer. Wie Dippold erklärt, können seine Kollegen einen Passagier, der zwar keine Maske trägt, aber einen gültigen Fahrschein hat, nicht aus dem Bus werfen. "Und die direkte Konfrontation vermeiden wir, da sich dabei der Busfahrer anstecken könnte."

Das Engagement von Mitfahrenden ist in solchen Fällen gefragt. Busfahrer sind keine Ordnungshüter. Als solche werden sie jedoch immer wieder wahrgenommen, erzählt Dippold: "Allein aufgrund der blauen Uniform haben Bürger immer wieder das Gefühl, das Ordnungsamt fahre mit. Sie beschweren sich dann im Nachhinein bei uns. Dabei ist es Aufgabe der gesamten Gesellschaft, Mitbürger auf eine fehlende Maske hinzuweisen." Er sei sehr froh, dass es sich bei Verstößen in den Bussen um Einzelfälle handle. Vermehrte Verstöße stelle er an den Haltestellen fest. Hier kämen immer wieder Menschen ohne Maske auf die Fahrer zu, um sie etwas zu fragen. "Das ist eine blöde Situation." Man haben auf Hinweise so oft aggressive Antworten bekommen wie: "Das geht dich gar nichts an" oder "Du hast kein Recht mich zu kontrollieren", sagt Dippold. Daher hielten sich die Fahrer mit Hinweisen zurück und fokussierten sich darauf, "den Verkehr am Laufen zu halten und gesund zu bleiben".

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