Der Gerichtsstreit zwischen der Regierung von Oberbayern und dem Dachauer Jugendheim Weitblick zieht sich weiter hin: Bereits 2023 verhängte die Behörde einen Aufnahmestopp für das Heim in Dachau-Ost, in deren beiden heilpädagogischen Wohngruppen aktuell 15 männliche Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren untergebracht sind. Im vergangenen Juni ordnete die Regierung einen erneuten Aufnahmestopp für das Heim bis zum 31. Dezember an, beide Male klagte der Trägerverein Weitblick – mit Erfolg.
Das Münchner Verwaltungsgericht hat in dem Fall zwar noch nicht final entschieden, aber setzte den Aufnahmestopp von Juni vorläufig außer Kraft, wie die Regierung auf SZ-Anfrage mitteilt. Grund dafür: Nach Einschätzung des Gerichts sei eine Gefährdung des Kindeswohls im Jugendheim Weitblick derzeit nicht akut zu befürchten, so die Regierung.
Ein Termin für die Hauptverhandlung stehe bislang nicht fest, teilt das Verwaltungsgericht mit. Doch die in der Klage erwähnten Kritikpunkte ähneln denen von vergangenem Jahr, wie der Pressesprecher der Regierung, Wolfgang Rupp, schreibt: „Die Personalsituation in der Einrichtung hat sich zwischenzeitlich zwar gebessert, entspricht allerdings nach wie vor nicht den Anforderungen der geltenden Betriebserlaubnis.“ Außerdem bestünden weiterhin Mängel im Bereich der pädagogischen Betreuung der aufgenommenen jungen Menschen sowie in der Dokumentation der Abläufe im Einrichtungsbetrieb, so die Regierung.

Verein Weitblick:"Wir werden für unsere Jugendlichen kämpfen"
Carlos Benede hat Angst, dass er sein Kinder- und Jugendheim in Dachau schließen muss. Denn die Regierung von Oberbayern hat einen Aufnahmestopp dafür verhängt. Benede wehrt sich gegen die Vorwürfe und will, wenn nötig, auch vor Gericht ziehen.
Carlos Benede, den Vorsitzenden des Vereins Weitblick, ärgern diese Vorwürfe. Auf SZ-Nachfrage betont er, dass seine Mitarbeitenden infolge des Rechtsstreits bereits angewiesen wurden, die Entwicklung der Jugendlichen noch genauer zu dokumentieren. Früher war Benede Polizeibeamter und hat selbst zwei Söhne adoptiert, deren Mütter ermordet wurden - von den Vätern der Kinder. Vor elf Jahren hat er den Verein Weitblick-Jugendhilfe gegründet und das Heim in Dachau eröffnet.
Den Vorwurf der Heimaufsicht der Regierung, dass Personal in seiner Einrichtung fehle, kann er nicht nachvollziehen. Aktuell fehlen laut Benede 0,05 Stellen im pädagogischen Bereich, in der Vergangenheit seien es höchstens 0,38 Stellen gewesen, die nicht besetzt waren. Er begründet das auch mit dem Fachkräftemangel in der Branche. Außerdem verstehe er nicht, warum die Behörde das pädagogische Konzept von Weitblick kritisiert. Schließlich habe die Regierung die Betriebserlaubnis des Heims ja auf Grundlage genau dieses Konzeptes erteilt, so Carlos Benede.
Grundlage der Weitblick-Pädagogik sei die Beziehungsarbeit mit den Jugendlichen. Ziel sei also, eine Beziehung zu den jungen Männern aufzubauen und zu pflegen, und nicht auf strikte Regeln zu setzen. Einen allgemeinen pädagogischen Ansatz gebe es nicht, der bei allen Jugendlichen helfe, vielmehr sei das Vorgehen bei jedem Einzelnen individuell.
Benede sagt, dass man mit diesem pädagogischen Ansatz seit Jahren Erfolg habe, das zeige auch das Feedback anderer Behörden: „Wir haben gerade zwölf Jugendliche auf unserer Warteliste“, vermittelt werden sie von Jugendämtern: „Die sind zufrieden mit uns.“ Für das kommende Jahr habe Carlos Benede deshalb nur noch ein Anliegen: „Mein einziger Wunsch für 2025 ist, dass endlich Frieden herrscht mit der Heimaufsicht.“

