Vor dem Eingang des Max-Mannheimer-Hauses erklingt der Ton einer Schofar. Die Schofar ist ein altes Blasinstrument aus Horn, das in Synagogen auf der ganzen Welt zum Morgengebet des Rosch Haschana, des jüdischen Neujahrs, geblasen wird. Bei der Internationalen Jugendbegegnung (IJB) ist es Shaked Ben Lulu aus Israel, der versucht, dem Horn einen sauberen Ton zu entlocken, um den Teilnehmenden seines Workshops „Jüdisches Leben und Kultur“ einen Einblick in seine Kultur zu geben.
Insgesamt sechs Kurse stehen am letzten großen Workshop-Tag der 42. Internationalen Jugendbegegnung in der vergangenen Woche zur Auswahl, die meisten rund um das diesjährige Schwerpunktthema „Antisemitismus“. Im Seminarraum von Shaked Ben Lulu geht es vor allem um den Austausch mit den jungen Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren. Er erzählt, dass sechs von sieben Teilnehmenden seines Workshops Musliminnen und Muslime seien, das mache das Seminar für ihn besonders interessant. Auf Englisch erklärt er: „Es ist eine einzigartige Situation, über meine Religion zu reden.“ In Israel könne er sich nur selten über Unterschiede und Gemeinsamkeiten verschiedener Religionen austauschen, hier aber könne man voneinander lernen. Religionen, die in der Welt so oft ein Hindernis sind, im Seminarraum von Shaked Ben Lulu sind sie ein willkommener Anlass zum Austausch.
Ein neuer Blickwinkel auf alte Konflikte
Ein paar Türen weiter geht es um internationales Recht. Das Konzept des Workshops ist es, „einen Tag als Juristinnen und Juristen auf die Probleme in der Welt schauen“, erklärt Karla Steeb, eine der Workshop-Leiterinnen. Am Vormittag haben die jungen Menschen unter anderem den rechtlichen Rahmen des Ukrainekrieges und des Israel-Palästina-Konflikts behandelt. Am Nachmittag wird die rechtliche Aufarbeitung der NS-Zeit untersucht. Levi Lempp, ein Teilnehmer des Workshops, findet es besonders interessant, „aus einer rechtlichen, nicht politischen Perspektive auf aktuelle Probleme in der Welt zu schauen“. Auch, weil diese Perspektive „weniger aufgeladen“ sei, so der Kursteilnehmer.
Dachau:Gegen den Schlussstrich
Die Internationale Jugendbegegnung Dachau feiert heuer 40. Jubiläum. Anlass für einen Rückblick auf die Anfänge in den Achtzigern, als die Organisatoren mit heftigen Widerständen zu kämpfen hatten und Politiker die NS-Vergangenheit Dachaus unter den Tisch kehren wollten. Über eine aus heutiger Sicht unfassbare Zeit.
Kreativ geht es im Untergeschoss zu. Nach der Renovierung des Kellers im Max-Mannheimer-Haus werden die Wände des Partyraums kurzerhand zur Leinwand für in ein Kunstprojekt. Es riecht nach Farbe. Auf dem mit Malervlies bedeckten Boden liegen Pinsel, Farbroller und Skizzenpapiere, im Hintergrund läuft Musik. Teilnehmerin Janne Lamps erklärt, dass die einzelnen Elemente zusammen eine Traumlandschaft ergeben. „Ich male gerne Gesichter“, erzählt die junge Künstlerin, deshalb bildet ein großes Gesicht den Anfang des wandlangen Designs.
„Es war eine sehr herausfordernde Jugendbegegnung“
Am Samstag hieß es für die 60 Teilnehmenden aus 19 Ländern dann Abschied nehmen. „Es war eine sehr herausfordernde Jugendbegegnung“, sagt Andrea Heller, die Geschäftsführerin des Fördervereins. Die schwierige Weltlage habe sich auch im Max-Mannheimer-Haus bemerkbar gemacht, auch weil die persönliche Betroffenheit der Teilnehmenden, insbesondere aus Israel, deutlich zu spüren gewesen sei. „Wir hatten teils heftige Diskussionen zwischen den Teilnehmenden“, so Heller. „Es war nicht so unbeschwert wie noch vor fünf Jahren.“
Trotzdem kann Heller ein positives Fazit ziehen. In diesem Jahr habe die IJB wesentlich mehr Teilnehmende gehabt als im vergangenen, Jahr und auch das Feedback der Teilnehmenden sei sehr positiv ausgefallen. „Das Besondere an der Jugendbegegnung ist, dass es nach Diskussionen dann auch wieder anders geht, und die Teilnehmenden zusammen feiern und Spaß haben.“