Mitten in Dachau:Anzapfen ist nicht wie Fahrrad fahren

Mitten in Dachau: Dachaus OB Florian Hartmann beim Anstich 2019: Anzapfen will geübt sein.

Dachaus OB Florian Hartmann beim Anstich 2019: Anzapfen will geübt sein.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Bald startet die Volksfestsaison im Landkreis Dachau. Doch die Bürgermeister sind nach zwei Jahren Pandemie aus der Übung, was das Anzapfen betrifft. Jetzt heißt es: hart trainieren.

Glosse von Thomas Radlmaier, Dachau

Endlich wieder Volksfeste! Also so richtige, mit Bierzelten, Biergärten, Biertischen, Weißbierkarussells und und und...ah ja, Bier wird auch ausgeschenkt. Atemlose Nächte mit einer Mordsgaudi bahnen sich an. In freudiger Erwartung fluten die Gehirne schon jetzt die Körper mit massenweise Serotonin. Und doch ist Verstimmung zu vernehmen. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder lieferten sich vor kurzem ein politisches Fingerhakeln. "Man kann - so wie in Bayern geschehen - das "Team Vorsicht" auch auflösen und daraus ein "Team Volksfest-Hopping" machen", sagte Reiter in Richtung Söder. Dieser piesackte Reiter seit Längerem mit seiner Drängelei, dass die Wiesn 2022 wieder stattfinden müsse.

Der Ministerpräsident hat leicht reden, er muss ja nur von Bierzelt zu Bierzelt hüpfen. Den vielleicht wichtigsten Job machen andere. Mal abgesehen davon, dass die Kommunen und nicht der Freistaat in der Verantwortung stehen, wenn Corona den Volksfesten doch noch einen Strich durch die Rechnung macht: Wer zapft traditionell die ersten Bierfässer auf den Volksfesten an? Genau, die Bürgermeister. Und die sind nach zwei Jahren coronabedingter Volksfestpause komplett aus der Übung, was den Anstich betrifft.

"Ich habe fleißig geübt, um nicht komplett aus der Übung zu kommen."

Ein Bierfass anzapfen ist nicht wie Fahrrad fahren. Man muss trainieren. Diesbezüglich werden die Bürgermeister vom Freistaat im Stich gelassen. Weder bietet dieser Online-Seminare für die Rathauschefs an noch stellt er ihnen fachmännisches Trainingspersonal zur Verfügung. Und so müssen es die Bürgermeister wieder einmal alleine regeln, auf eigene Gefahr! Man stellt sich das so vor: Dachaus OB Florian Hartmann drischt im Hobbyraum seines Kellers auf Bierfässer ein. In der rechten Hand ein Schlegel, in der linken ein Messingventil. Immer wieder haut er drauf, solange bis er nachts um drei und blind ein Fass mit zwei Schlägen anzapfen könnte.

Dass so ein Training Spuren hinterlassen kann, zeigt sich bei Hartmanns Bürgermeisterkollegen Franz Obesser aus Markt Indersdorf: "Ich hatte jetzt zwei Jahre Zwangspause. Ich habe aber fleißig geübt, um nicht komplett aus der Übung zu kommen", erzählte er kürzlich bei der traditionellen Bierprobe für das Indersdorfer Volksfest, das am 20. Mai startet. Er verwies dabei auf einen blauen Fleck an seinem Finger. Ob dieser von heimischen Anzapfübungen stammt oder nicht, ließ Obesser offen. Einer wie er jammert schließlich nicht, er lässt lieber Taten sprechen. "Gekonnt" sei dem Bürgermeister der Anstich des Bierproben-Fasses gelungen, heißt es in einer Pressemitteilung. Franz Obesser ist bereit. Der Weg ist frei für: "Ozapft is!"

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