Mobile Impfteams:Arm um Arm

Impfmobil am Rathausplatz

Mobile Impfteams sollen von nun an dabei helfen, mehr Menschen zu einer Impfung zu bewegen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Impfbereitschaft hat auch im Landkreis Dachau nachgelassen. Doch neue Corona-Regeln bewegen jetzt einige Zweifler, sich immunisieren zu lassen.

Von Karolin Arnold, Dachau

Zehn Minuten bevor die Impfaktion an diesem Dienstag auf dem Rathausplatz in Dachau startet, stehen schon einige Menschen geduldig in der Schlange. Der mobile Impfbus ist ein Krankenwagen, davor ist ein großer Pavillon als Überdachung aufgebaut. Darunter steht eine Bierbank mit Tisch und allerlei technischem Gerät. Pünktlich um 15.30 Uhr ruft Étienne Zeidler, stellvertretender Leiter des Impfzentrums in Dachau, den ersten Impfwilligen an seinen Tisch. Kontaktdaten werden aufgenommen, Risikofaktoren abgefragt, der Impfstoff darf ausgewählt werden. Anders als in den vergangenen Monaten können die Impflinge selbst entscheiden, welches Vakzin sie haben möchten. Die Verfügbarkeit aller Impfstoffe solle zusätzlich die Hemmschwelle senken, sich impfen zu lassen, sagt Zeidler. Gerade bei den mobilen Impfaktionen sei die Zahl an verimpften Johnson-und-Johnson-Dosen sehr hoch. Das liege auch an der Bequemlichkeit der Menschen und der Einstellung vieler: "Wenn Impfen, dann halt nur einmal."

Beim mobilen Impfbus holen sich an diesem Tag rund 30 Menschen eine Spritze ab. Einige bekommen hier ihre Zweitimpfung. Aber da sind auch viele, die dem Impfen eigentlich mit Skepsis begegnen. Manche von ihnen betonen, dass sie gerne noch ein paar Monate abgewartet hätten. Testpflichten und geplante Einschränkungen für Ungeimpfte haben für sie aber den Ausschlag gegeben, sich doch impfen zu lassen. Ein Mann aus Freising begründet seine Entscheidung damit, dass seine Großmutter in Frankreich Geburtstag feiere und ihm das Testen zu lästig sei. Eigentlich halte er nicht so viel vom Impfen. Ein anderer Wartender betont, dass er es früher oder später ja doch machen müsse.

Impfmobil am Rathausplatz

Kurz nach der Frage "Links- oder Rechtshänderin?" ist der Piks im mobilen Impfbus auch schon gesetzt.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Impfbereitschaft im Landkreis war anfangs sehr hoch, flachte dann aber im Juli wieder ab. Am Dienstag liegt die Erst-impfquote im Landkreis bei 64 Prozent, und etwas mehr als 60 Prozent der Menschen haben einen vollständigen Impfschutz. Um dieses Virus endlich zu bekämpfen, müsste die Zahl der Geimpften noch viel größer sein. Mit dem unkomplizierten Angebot des mobilen Impfbusses will man im Landkreis versuchen, einige Zweifler zu einer Impfung zu bewegen.

Jasmin Neumann und ihre Schwester Stefanie Neumann sind bei den ersten, die an diesem Tag eine Spritze erhalten. Im Wagen begrüßt sie die Impfärztin Christina Pilsinger und die Medizinische Fachangestellte (MFA) Maria Ramsteiner-Hörnig. Mit freundlicher und ruhiger Stimme erläutert die Ärztin Schritt für Schritt, welche Impfreaktionen auftreten können und was zu beachten ist. Kurz nach der Frage "Links oder Rechtshänderin?" ist der Piks auch schon gesetzt. Die Menschen, die hier anstehen, erzählen auf Nachfrage alle, dass sie die Aktion ohne vorherige Anmeldung als unkompliziertere Alternative empfinden. Ramsteiner-Hörnig und Pilsinger bestätigen diesen Eindruck. Impfen ohne Termin wäre nämlich auch in den Impfzentren möglich. Doch viele verbinden damit noch immer sehr viel mehr Wartezeiten und Aufwand. Ein Eindruck, der vermutlich auf Anfang des Jahres zurückzuführen ist und sich verfestigt hat.

Aufmerksam geworden auf das mobile Team sind viele durch Postings auf Social-Media-Plattformen und über die Internetseite des Impfzentrums Dachau. Auf Instagram und Facebookprofilen des Roten Kreuzes in Dachau finden sich zahlreiche Infos, Storys und Videos. Diese Strategie scheint aufzugehen. Mittlerweile ist eine Dreiviertelstunde vergangen, und die Schlange vor dem Impfmobil wird immer länger. Der stellvertretende Leiter des Impfzentrums sitzt noch immer an seinem Tisch und arbeitet das eingeübte Prozedere ab. So einfach das spontane Impfen ohne Termin für die Menschen auch ist, die bürokratischen Hürden bleiben nicht aus. Ohne Terminvergabe kommen Formalitäten hinzu, die mehr Aufwand bedeuten. Das ist die Kehrseite der mobilen Flexibilität, denn Planungssicherheit für die Verantwortlichen ist nahezu unmöglich.

Für Jakob Schmidt und seine Begleitung steht der Bus heute genau an der richtigen Stelle. Die beiden jungen Erwachsenen aus Augsburg sind "ganz spontan vorbeigelaufen" und haben sich dazu entschieden, ihre zweite Impfung gleich hier zu erledigen. "Wenn man so viele Menschen wie möglich impfen will, dann muss man auch so viele Gelegenheiten wie möglich bieten", fügt Schmidt hinzu.

Länger als eine Stunde steht das Team nun schon auf dem Rathausplatz. Kaum steigt ein Frischgeimpfter aus dem Wagen, reiht sich am Ende der Schlange schon der Nächste ein. Es sind ältere und jüngere Menschen oder Familien mit Kinderwägen. Mal tragen sie Anzug und Krawatte, mal kommen sie mit Fahrrad und Sandalen. Die Impfärztin und die MFA beantworten jedem, der zur Impfung in den Krankenwagen steigt, alle Rückfragen und versuchen, die Bedenken zu zerstreuen. Während die Spritze aufgezogen wird, macht man mal ein Späßchen und hält Small Talk.

"Es bringt ja auch nichts, wenn niemand kommt"

Mehrfach die Woche steht das Impfteam an verschiedenen Orten im Landkreis. Im Hinblick auf den weiteren Verlauf der Impfungen sagt Zeidler, dass eine Kombination aus den Impfzentren, den mobilen Impfteams und den Hausärzten auch in Zukunft sinnvoll wäre. Ausschlaggebend sei natürlich die Impfbereitschaft. "Es bringt ja auch nichts, wenn niemand kommt", fügt er hinzu. Mit Blick auf den Herbst und Winter und die geplanten Auffrischungsimpfungen, glaubt Zeidler, dass es "noch mal einen Push" geben werde. Trotzdem gibt es auch viel Unsicherheit. Bisher fehlt Klarheit darüber, wie es im Oktober weitergeht. Dann enden die Verträge im Impfzentrum in Dachau und Karlsfeld. Geplant sei, so Zeidler, dass die Hausärzte stärker eingebunden werden. Zeidler betont, dass die Impfteams nützlich sein werden, um die anstehenden Drittimpfungen in den stationären Einrichtungen durchzuführen. Doch auch hier fehlt eine klare Vorgabe, wie überhaupt mit den Auffrischungsimpfungen zu verfahren ist.

An diesem Dienstagnachmittag werden um 17.37 Uhr die Tücken der mobilen Einrichtungen deutlich. Der Drucker, der die notwendigen Unterlagen drucken muss, streikt, und die etwa acht bis zehn Menschen, die zu diesem Zeitpunkt warten, werden von Zeidler freundlich die Straße runter zum Impfzentrum geschickt. Die Reaktionen reichen von verständnisvoll bis sichtlich genervt. "Es war ein guter Tag heute", so Zeidler. Mit dem abrupten Ende zeigt sich aber auch, dass die mobilen Teams an ihre Grenzen stoßen werden, besonders mit Blick auf die Witterungsbedingungen im Herbst und Winter. Die Teams sind aktuell ein hilfreiches Angebot, aber die Politik braucht langfristige Strategien, wie sie das Impfen organisiert und auch, wie sie die Menschen zum Impfen bewegt.

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