Süddeutsche Zeitung

Wohnen in der Region:Für ein Einfamilienhaus in Dachau muss man Millionär sein

Trotz der Corona-Pandemie sind die Preise fürs Wohnen weiter gestiegen. Dachau liegt im Münchner Umland bereits auf Platz drei der teuersten Orte.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Der Landkreis Dachau ist attraktiv: Er liegt unweit der Metropole München, hat gute Verkehrsanbindungen und bietet eine überdurchschnittlich hohe Lebensqualität. Doch diese Vorzüge führen auch zu Problemen, insbesondere auf dem Wohnungsmarkt. Trotz zahlreicher Bauprojekte und eines regelrechten Baubooms entlang der S-Bahn-Strecken übersteigt die Nachfrage nach Immobilien in allen Bereichen deutlich das Angebot, wie der aktuelle Marktbericht des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) für das Münchner Umland belegt. Die Folge sind spürbar steigende Preise trotz der Corona-Pandemie, auch wenn der Anstieg moderater ausfällt als in den vergangenen Jahren.

Noch deutlicher als die Mietkosten steigen nach dem aktuellen Marktbericht die Kaufpreise: Ein Einfamilienhaus in guter Wohnlage in Dachau kostete im Herbst 2020 demnach rund eine Million Euro, im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Preis um beinahe 70 000 Euro erhöht. In Dachau zahlt man inzwischen den dritthöchsten Preis im Münchner Umland für ein Bestandshaus, lediglich die Kreisstädte Starnberg und Freising liegen darüber. Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in Dachau sind zwischen Frühjahr und Herbst 2020 um 4,4 Prozent gestiegen, höher waren die Steigerungsquoten lediglich in Starnberg und Fürstenfeldbruck. Pro Quadratmeter zahlt man in Dachau 4970 Euro, im Münchner Umland liegt man damit im Mittelfeld. In Karlsfeld kostet der Quadratmeter 3800 Euro - eine Steigerung gar um 500 Euro im Vergleich zum Frühjahr.

Auch die Mieten in Dachau sind teurer geworden

Auch die Mieten sind teurer geworden, wenn auch geringfügig. In Dachau kostet der Quadratmeter für eine Mietwohnung in guter Lage 14 Euro, das sind 40 Cent mehr als im Vorjahr. "Viele Vermieter halten sich sehr zurück, weil sie wissen, wie die aktuelle Situation ist", sagt Wolfgang Winter, der Vorsitzende des Dachauer Mietervereins. "Ich kann die Kuh ja nicht schlachten, die ich melken will." Die Situation für Wohnungssuchende sei derzeit "extrem schlecht". Eine bezahlbare Wohnung zu finden, sei so gut wie unmöglich, sagt Winter. Der Mietwohnungsmarkt befinde sich aktuell in einer Art "Dämmerschlaf", weil kaum jemand umziehe. Außerdem entstünden durch die Pandemie ganz praktische Probleme wie etwa bei Wohnungsbesichtigungen, zu denen nur noch wenige Interessenten kommen können.

Die Preissteigerungen kann die Pandemie indes nicht stoppen. Auch wenn die Krise das Angebot und die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt spürbar dämpft, "so sind weiterhin kaum Auswirkungen auf das Preisniveau festzustellen", erklärt Stephan Kippes vom IVD-Marktforschungsinstitut. Zu beobachten sei stattdessen eine Verschleppung der Entscheidungen und eine deutliche Verlangsamung der Verkaufsabwicklungen.

Die langfristigen Folgen der Pandemie auf den Wohnungsmarkt seien noch nicht abzusehen, sagen die Experten. Die Preise könnten sich aber reduzieren, "wenn irgendwann die Zahlungsbereitschaft sinke in Zeiten, in denen viele Arbeitnehmer ein geringeres Haushaltseinkommen, Kurzarbeit oder gar Jobverlust in Kauf nehmen müssten", so heißt es im halbjährlich erscheinenden IVD-Bericht. Für Familien mittleren Einkommens sei die Belastungsgrenze schon längst überschritten.

Die Wohnungsknappheit im Landkreis Dachau steigt

Die Wohnungsknappheit im Landkreis Dachau wird laut Prognosen weiter steigen, weil sich im Zeitraum 2018 bis 2038 die Zahl der Einwohner nach Angaben des Landesamtes für Statistik um weitere 12,4 Prozent wachsen soll. In der bayernweiten Betrachtung weist nur der Landkreis Ebersberg eine ähnlich hohe Wachstumsprognose auf. Wegen der Wohnraumknappheit und der hohen Miet- und Kaufpreise in München werden vor allem Familien mit Kindern in die Umlandgemeinden ziehen, wo das Angebot größer ist. Je weiter man sich aus dem Münchner Stadtgebiet bewegt, desto günstiger werden die Preise in der Regel. Der Kaufpreis für ein bestehendes Einfamilienhaus in Markt Indersdorf liegt bei 37 Prozent und in Petershausen bei 24 Prozent des Münchner Niveaus. In Indersdorf kostet ein Einfamilienhaus rund 700 000 Euro, in Petershausen 460 000 Euro. Auch die Preise für Baugrund fallen in Petershausen mit 450 Euro pro Quadratmeter moderat aus. In Dachau kostet der Quadratmeter 1950 Euro. Allein im Vergleich zum Frühjahr hat sich der Preis um 125 Euro erhöht.

Die große Herausforderung der kommenden Jahre für die Kommunen wird sein, ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, um dem Siedlungsdruck gerecht zu werden. Hier sieht Wolfgang Winter vom Mieterverein eine positive Entwicklung: "Es hat sich etwas getan in den vergangenen Jahren." Die Stadt Dachau sei schon lange vorne dabei im Sozialwohnungsbau. Lobende Worte findet Winter für die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft Stadtbau GmbH. Am Amperweg errichtet diese derzeit 19 Sozialwohnungen, zusätzlich will die Gesellschaft in den nächsten Jahren 35 Sozialwohnungen am Neufeld bauen, die im Einheimischen-Modell vergeben werden.

Zuversicht spendet auch das Engagement der Wohnungsbaugesellschaft mbH im Landkreis Dachau (WLD), die eine Allianz für bezahlbaren Wohnraum geschmiedet hat. Mittlerweile sind alle Gemeinden des Landkreises darin erfasst. Sie beteiligen sich mit je 25 000 Euro am Stammkapital und erhalten dafür die Möglichkeit, Sozialwohnungen auf ihrem Gemeindegebiet zu bauen. So sollen bis 2030 mindestens 300 neue Sozialwohnungen im Landkreis entstehen. Experten rechnen jedoch damit, dass durch sinkende Steuereinnahmen in der Pandemie etliche kommunale Projekte auf Eis gelegt werden könnten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5187732
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 28.01.2021/van
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.