Dachau:Hoffnung im Himmelreich

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Die 3200 Bürger im Stadtteil Himmelreich sind für den Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder zur Schule auf Auto oder Fahrrad angewiesen. (Foto: Toni Heigl)

Stadtwerke legen drei Alternativen vor, um den bislang vom städtischen Busnetz ausgesparten Stadtteil im Südwesten Dachaus zu versorgen. Bürgerantrag findet erstmals Unterstützung quer durch alle Fraktionen

Von Petra Schafflik, Dachau

Seit vielen Jahren fordern die Bürger aus dem Himmelreich eine Busanbindung für ihren Stadtteil. Bisher vergeblich. Eine Linie hinaus in das Wohngebiet im Südwesten der Stadt komme viel zu teuer, hat es immer geheißen. Doch nun kommt Bewegung in die Sache: Erneut wurde im Sommer in einem von der ÜB-Fraktion initiierten Bürgerantrag gefordert, den Stadtteil ans städtische Busnetz anzubinden. 1185 Dachauer, darunter auch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), haben den Antrag unterschrieben. Im Umwelt- und Verkehrsausschuss traf das Anliegen nun erstmals quer durch alle Fraktionen auf Unterstützung. Gleich grundsätzlich wollen die Stadträte anpacken, eine separate Buslinie in den Stadtteil und zum ASV-Sportgelände prüfen. Ziel ist, dass schon mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2016 regelmäßig ein Linienbus nach Himmelreich fährt.

An den Fakten hat sich nichts geändert: Die 3200 Bürger in Himmelreich leben seit jeher abgeschnitten vom öffentlichen Nahverkehr, sind für den Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder zur Schule auf Auto oder Fahrrad angewiesen. Morgens und mittags verkehrt ein Schulbus, sonst können die Bürger nur das Anruf-Sammel-Taxi nutzen. Bei jeder Bürgerversammlung fordern die Bewohner deshalb seit Langem eine Busanbindung für ihren Stadtteil, zuletzt mit dem aktuellen Bürgerantrag im Juni. Wichtig wäre eine Verbesserung auch, weil bisher das Sportgelände des mitgliederstarken ASV wie auch die städtische Kunsteisbahn in der Gröbenrieder Straße nicht per Bus erreichbar ist. Was nicht motorisierte Besucher - vor allem Jugendliche aus den anderen Stadtteilen - vor Probleme stellt, so die Antragsteller.

Für einen Linienbus nach Himmelreich präsentierten die Stadtwerke als Betreiber des Busnetzes den Stadträten jetzt drei Optionen. Mit Kosten von jährlich 10 000 Euro wäre es möglich, die Linie 724 einen "Schlenker" über den ASV fahren zu lassen. Sollen aber auch die Wohngebiete erreicht werden, müsste die Linie 724 bis zur Schinderkreppe fahren. Dann wäre der 20-Minuten-Takt nicht mehr zu halten, die Linie fiele aus dem städtischen Bussystem. Die kalkulierten jährlichen Betriebskosten für diese Lösung liegen bei 65 000 Euro.

"Das teuerste, aber für die Erschließung Beste, ist eine eigene Linie", erklärte denn auch der technische Leiter der Stadtwerke, Gerald Nübel. Eine Variante, welche die Stadt jährlich 270 000 Euro kosten könnte. Denkbar wäre es, diesen Bus über das Himmelreich hinaus zum Gewerbegebiet Gada zu leiten, über eine Kooperation und damit auch Kostenbeteiligung wollen die Stadtwerke mit der Nachbargemeinde Bergkirchen sprechen. Fraglich ist, ob das Landratsamt die neue Linie anerkennen und damit von Anfang an Kosten übernehmen wird. Falls nicht, muss die Stadt einen vierjährigen Probebetrieb aus der Rathauskasse finanzieren.

Weil Eingriffe in das bereits bis zum Anschlag ausgereizte Bussystem viele Risiken bergen, waren sich die Stadträte überraschend schnell einig: Die zwar teure, aber ideale Lösung einer eigenen "Buslinie Himmelreich" wird angestrebt. "Es geht darum, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, damit Bürger auf ihr Auto verzichten", erklärte Verkehrsreferent Volker C. Koch (SPD). Der Bus könnte über Mitterndorf zurückfahren und so einen weiteren unterversorgten Stadtteil anbinden, regte Thomas Kreß (Grüne) an. "Wir sind bereit, dieses Geld auszugeben, um eine zukunftsträchtige Planung umzusetzen", erklärte CSU-Sprecher Gustl Haas. ÜB-Stadtrat Franz Xaver Vieregg musste da nicht mehr lange für den von seiner Fraktion initiierten Antrag argumentieren und zeigte sich "überrascht, wie gut die Diskussion läuft".

Die Stadträte beschlossen einstimmig, 138 000 Euro für neue Haltestellen im städtischen Etat 2016 einzuplanen. Die Stadtwerke sollen Gespräche mit Bergkirchen und dem Landratsamt führen. Über die konkrete Route einer "Linie Himmelreich" wird der Ausschuss erneut beschließen.

© SZ vom 15.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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