Mit einem Pinsel in der Hand sitzt Sophie Reusche vor ihrem neuesten Aquarell, es zeigt eine Blumenvase in zartem Rosa. Mit ruhiger Hand füllt sie Pinselstrich um Pinselstrich die weiße Fläche über der Vase mit Farbe und als sie den Pinsel weglegt, blüht dort ein bunter Blumenstrauß in gelb, orange und grün. Auf dem Tisch, wo sie ihre Malutensilien ausgebreitet hat, sieht es nun noch mehr aus wie auf einer Sommerwiese, so viele Blumenaquarelle in allen Farben und Formen liegen dort verstreut. Der blaue Himmel und das Sonnenlicht draußen, dass die Farben noch mehr strahlen lässt, verstärken den Effekt, und lassen fast vergessen, dass man im Arbeitszimmer der 32-Jährigen steht.
Seit 2017 malt sie als "The Modern Traditional" ihre Aquarelle, die nicht fotorealistisch, sondern abstrakt stilisiert sind, in einem Stil, der als "Loose Watercolour" bezeichnet wird. Dadurch kam sie auch auf ihren Künstlernamen. "Ich nutze die traditionelle Aquarelltechnik mit einem modernen Twist und interpretiere sie so neu", erklärt Reusche ihren Namen: "Ich mixe auch gerne verschiedene Materialien, ich will mich nicht auf Aquarelle limitieren, dafür sind die Möglichkeiten zu vielfältig." So nutzt sie Buntstifte, aber auch Fineliner, um den zarten Wasserfarben einen starken Kontrast zu geben, und seit kurzem hat sie Gouache für sich entdeckt. Gouache verhält sich ähnlich wie Wasserfarbe, hat aber eine höhere Deckkraft durch eine stärkere Pigmentierung der Farbe. Es sind die Gegensätze der beiden Farben und die Maltechniken, die sie besonders spannend findet, so Reusche.
"In der Kunst gibt es kein Richtig oder Falsch"
Ihre Aquarelle malt sie in Nass-in-Nass-Technik, dadurch entstehen die charakteristischen Farbverläufe. Hier zeigt sich ihre Liebe zu Gegensätzen: Einerseits setzt sie der leichten Wasserfarbe die cremige Gouache entgegen, andererseits vermischt sie geometrische Muster und Schrift mit den weichen Formen von Flora und Fauna. Auch ihre Maltechnik für Gouache unterscheidet sich sehr von ihrer Aquarelltechnik. Prinzipiell zeichnet sie hier mit Bleistift vor: "Dadurch, dass die Farben so deckend sind, fällt es am Ende nicht auf. So etwas mache ich bei meinen Aquarellen nicht, da greife ich direkt zu Pinsel und Farbe." Doch eines haben die beiden Techniken gemeinsam: die Blumen. "Man erkennt ein Lieblingsmotiv, oder?", lacht sie und schaut sich ihre Werke an. Es ist nicht schwer zu erkennen, warum Reusche am liebsten Blumen abbildet. Es ist die Farbpracht und Vielfalt der Pflanzen, die sie immer wieder in ihren Bildern festhalten möchte.
Für die Kalender, die sie seit ein paar Jahren verkauft, sucht sie immer wieder neue Motive.
(Foto: Toni Heigl)
Sophie Reusche nutzt gerne die gesamte Farbpalette ihres Malkastens.
(Foto: Toni Heigl)
Egal, was die Dachauer Künstlerin malt: Farbenfroh ist es immer.
(Foto: Toni Heigl)Ihre Kunst veröffentlicht sie auf ihrem Instagram-Profil und möchte dort Menschen inspirieren selbst wieder kreativ zu werden. "Jeder kann malen und jeder kann kreativ sein", ist ihre Meinung. In der Kunst gebe es kein Richtig oder Falsch und man dürfe sich auch nicht mit anderen vergleichen: "Man kann aber zur Ruhe kommen und abschalten, wenn man zum Pinsel oder Stift greift." Aus dieser Überzeugung hat es sich auch ergeben, dass sie seit 2018 Wasserfarben-Workshops anbietet, in denen sie Teilnehmern und Teilnehmerinnen einen Einstieg in die Aquarellmalerei bieten möchte. Mit diesen Workshops will sie eine Grundlage für diejenigen schaffen, die (wieder) kreativ tätig werden wollen.
Einen solchen Einstieg hatte sie nicht. Ihre Maltechniken hat sie sich selbst beigebracht: "Übung macht den Meister, es ist ein alter Spruch, aber er ist wahr." 2017 wurde aus dem Malen mehr als nur ein Hobby: "Da saß ich jeden Tag nach der Arbeit da und habe gemalt. Mit der Zeit habe ich einen eigenen Stil entwickelt und meine Technik gefunden."
Sophie Reusche malt, seitdem sie denken kann
Sie malt, seitdem sie denken kann. Gerne hätte sie Kunst studiert, aber hat sich doch für ein Medienwirtschaftsstudium entschieden. Ihr Beruf als Online-Marketing-Managerin mache ihr Spaß, sei aber zu wenig kreativ. Deswegen ist sie froh sei, dass sie ihre Kunst nicht nur als Hobby, sondern auch als zweites Standbein nutzen kann, erzählt sie.
Für die 32-Jährige ist die Kunst bislang nur ihr zweites Standbein, hauptberuflich arbeitet sie als Online-Marketing-Managerin.
(Foto: Toni Heigl)Ihre Kunstwerke verkauft sie in ihrem Online-Shop als Kunstdrucke, Grußkarten, Notizblöcke oder auch Geschenkpapier. Auch Kalender verkauft sie, 2021 hat sie den ersten herausgebracht, 2022 den zweiten. Der dritte ist für 2023 geplant, momentan arbeitet sie an verschiedenen Motiven, die sie über das Jahr hinweg sammelt.
Reusche arbeitet mit Dachauer Künstlern und Manufakturen zusammen
Doch sie verkauft ihre Designs nicht nur über ihren Online-Shop, sondern arbeitet auch mit verschiedenen Dachauer Künstlern und Manufakturen zusammen, so etwa mit Angelika Hofmair von der Taschenmanufaktur Y-BaG oder Annika Wenzel und Jennifer Stolle vom Café Samstagskinder. Für Hofmair hat sie schön öfter Textilien designt, die diese dann verarbeitet hat; mit Wenzel, Stolle und der Münchner Keramikmeisterin Annika Schüler, hat sie Bierkrüge für das Dachauer Volksfest 2019 kreiert und verkauft.
Man trifft Reusche aber nicht nur online: So bietet sie ihre Produkte auf verschiedenen Märkten in Dachau und Umgebung, aber auch in München an. So war sie erst Anfang Juni auf den Fürstenfelder Gartentagen, Anfang Juli wird sie auf dem Herzlmarkt im Isarforum in München anzutreffen sein - natürlich mit Blumen im Gepäck.
Hoppla, seit wann ist Dachau so hip? Immer mehr Menschen im Landkreis stellen ihre eigenen Trendprodukte her - und treffen damit den Zeitgeist. In der Serie "Hippes von hier" zeigt die SZ Dachau lokale Erzeuger und ihr hashtagtauglich Handgemachtes: Von veganer Mode über Kaffee und Kräutermischungen bis hin zum Gin, der die Farbe wechselt.