Mitten in Dachau:Spenden wider Willen

Mitten in Dachau: Auch im Landkreis Dachau werden derzeit überall Spenden für die Geflüchteten aus der Ukraine gesammelt.

Auch im Landkreis Dachau werden derzeit überall Spenden für die Geflüchteten aus der Ukraine gesammelt.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Wer ein Kind im schulpflichtigen Alter hat, bekommt derzeit mehr Gelegenheiten zum Spenden, als ihm vielleicht lieb ist.

Glosse von Astrid Samhuber, Dachau

Hilfsbereitschaft sollte keine Grenzen kennen. Wer in Not gerät, dem sollte geholfen werden. Viele Bürgerinnen und Bürger im Dachauer Landkreis haben in den vergangenen Wochen bewiesen, wie groß ihre Hilfsbereitschaft ist. Unterbringungsmöglichkeiten wurden geschaffen, Kleider gespendet, Bedarfsartikel für Geflüchtete eingekauft, privat organisierte Hilfskonvois machten sich auf den Weg. Und auch Geld wurde üppig gespendet. Es gab und gibt genügend Möglichkeiten, hilfsbereit zu sein. Es stellt sich die ketzerische Frage: Gibt es vielleicht zu viele davon?

Mit zwei Kindern in der Grundschule zum Beispiel kann man im Moment gar nicht anders, als Gutes zu tun. Zuerst war es der Hort, der sich an einer Aktion der Chaoscityriders mit Sachspenden für die Ukraine beteiligte. Also fuhr man mit den Kindern in Apotheke und Drogeriemarkt und arbeitete die mitgelieferte Liste ab. Dann hielten die Kinder einem selbst gebastelte Häuschen mit Geldschlitz unter die Nase - eine Spende, initiiert im Religionsunterricht. In der letzten Elternmail dann der Aufruf, dem Kind am Montag keine Brotzeit mitzugeben, stattdessen aber das Geld, das die Brotzeit gekostet hätte. Dieses wird eingesammelt und gespendet - die Kinder erhalten dafür eine Scheibe trockenes Brot vom Elternbeirat. Auch eine nette Idee, besonders in der Fastenzeit. Aber wie gesagt - es ist eine Idee von sehr vielen.

Nicht falsch verstehen: Hilfsbereitschaft ist nicht das Problem

Zwischenzeitlich soll jedes Kind doch bitte noch zwei Euro mitbringen, da man sich an irgendeinem Frühjahrslauf beteiligen möchte. Man selbst ist als Kind zwar einfach so losgerannt, aber die Zeiten ändern sich eben. Und damit es in den Osterferien auch gar nicht langweilig wird, soll man noch Schuhkartons packen als Willkommensgeschenk für ukrainische Kinder. Aber bitte nur das, was auf der mitgeschickten Liste steht. Darin hat man bereits Erfahrung, denn die Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" wird selbstverständlich auch regelmäßig bedient.

Nicht falsch verstehen: Hilfsbereitschaft ist nicht das Problem. Man gibt gerne und hat dies auch immer schon gemacht. Auch in den vergangenen Wochen. Langsam wird es jedoch einfach ein bisschen viel. Wie heißt es so schön: Man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Aber genau das passiert gerade. Wie man das seinen Kindern erklären soll, die im Auftrag von Lehrkräften und Erziehern ständig die Hand aufhalten? Keine Ahnung. Sie sollen schließlich keine Außenseiter sein, nur, weil ihre Mama meint, nichts mehr geben zu müssen. Oder zu können. Oder zu wollen. Ganz schwieriges Thema. Was meint Florian Hartmann, der Oberbürgermeister? In einer Pressemitteilung der Stadt wird er so zitiert: "Die Hilfsbereitschaft in Deutschland gegenüber den aus der Ukraine geflüchteten Menschen ist riesig, aber es besteht das Risiko, dass einzelne Hilfsangebote, so gut sie auch gemeint sind, an der Realität vorbeigehen."

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