Flüchtlinge:Fallou M. kehrt heim nach Karlsfeld

Fallou M.

Kommt unfreiwillig ziemlich weit herum: der Senegalese Fallou M.

(Foto: Privat)

Bei der Abschiebung des Senegalesen wurden Fehler gemacht. Auch bei der Rückführung zeigen sich die Behörden überfordert.

Von Moritz Köhler, Dachau

Fallou M. kommt an diesem Mittwoch nicht nur wieder nach Deutschland, er darf auch wieder in seine Unterkunft nach Karlsfeld zurückkehren. Bis vor fünf Wochen lebte der Senegalese im Karlsfelder Flüchtlingsdorf an der Parzivalstraße, vier Stunden täglich arbeitete er im Bauhof der Gemeinde. Von dort war er am 7. Juni frühmorgens von der Polizei abgeholt und nach Italien abgeschoben worden - zum Entsetzen der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Helferkreises Karlsfeld. Fallou M. gilt in Karlsfeld als Musterbeispiel für gelungene Integration. Seine Abschiebung kam völlig überraschend, denn dem Asylsuchenden war offenbar kein Abschiebebescheid zugestellt worden wie es Vorschrift ist.

Vor der Rückkehr von Fallou M. nach Karlsfeld zeigt sich noch einmal die mangelhafte Vernetzung der zuständigen Behörden: Am Montag erklärte die Pressestelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg, dass der Aufenthaltsort Fallou M.s weiter ungeklärt sei. Zu diesem Zeitpunkt hatte eine Münchner Zweigstelle des Bamf den Flüchtling aber bereits offiziell über seine Rückführung informiert und ihm ein Flugticket geschickt. Der Bayerische Flüchtlingsrat geht davon aus, dass das Schicksal des 31-jährigen Senegalesen kein Einzelfall ist.

Immer wieder Neapel

Fallou M. flüchtete im Sommer 2015 über das Mittelmeer nach Europa. In Italien wurde er registriert, dann reiste er weiter nach Deutschland, wo er seinen Antrag auf Asyl stellte. Laut der Dublin-III-Verordnung, auf die sich die EU-Staaten und andere europäische Länder geeinigt haben, müssen Flüchtlinge ihre Asylanträge in dem EU-Staat oder Drittstaat stellen, in den sie zuerst eingereist sind. Unter Berufung auf diese Verordnung wurde Fallou M. nach Italien abgeschoben.

Dort empfingen ihn Mitarbeiter der italienischen Behörden und schickten ihn weiter nach Neapel, wo er sich melden sollte. Weil dies der Ort ist, an dem er sich nach seiner Ankunft in Europa erstmals registrieren ließ, muss er in Italien bei jedem Behördengang extra nach Neapel. Eine Unterkunft erhielt er nicht. Die Mutter einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin des Helferkreises Karlsfeld vermittelte dem Asylsuchenden eine Bleibe in einem Gästehaus in Meran. Als M. die dortige Behörde aufsuchte, um sich zu melden, wurde ihm gesagt, dass er dazu wieder ins 700 Kilometer entfernte Neapel zurück müsse.

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Bamf den Fehler bei der Zustellung des Abschiebebescheids bereits erkannt und die Rückführung M.s angeordnet. Zunächst musste dazu jedoch sein neuer Aufenthaltsort ermittelt werden - ein Unterfangen, das die Behörde vor große Probleme stellte. Obwohl der Helferkreis die ganze Zeit Kontakt zu Fallou M. hielt. Doch weder von diesem noch von der Süddeutschen Zeitung wollte die Behörde erfahren, wo M. lebt. Schließlich durfte vergangene Woche der Helferkreis dem Bamf doch mitteilen, wo Fallou M. zu finden ist. Am Montag aber erklärte eine Sprecherin des Bamf wiederum, die Behörde könne keinen Kontakt herstellen, da M. nirgendwo in Italien gemeldet sei. Da hatte M. aber von einer Zweigstelle des Bamf bereits sein Flugticket erhalten.

Schadensersatzklage denkbar

Er soll nun von Verona nach München fliegen, wo er von einer Mitarbeiterin des Helferkreises empfangen wird. Er darf in seine Unterkunft in Karlsfeld zurückkehren. Das ist nicht selbstverständlich. Der Helferkreis hatte sich mit Unterstützung des Landratsamtes dafür eingesetzt. Trotz zahlreicher Fehler von Seiten der Behörden scheint diese Geschichte für Fallou M. ein gutes Ende zu nehmen - zumindest vorerst. Das Bamf beschäftigt sich weiterhin mit seinem Antrag auf Asyl. Der Abschiebebescheid kann ihm erneut zugestellt werden und diesmal korrekt. Doch dann hätte Fallou M. immerhin noch Zeit, einen Widerspruch einzureichen.

Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat geht davon aus, dass Fallou M. kein Einzelfall ist. Ihm seien einige Fälle bekannt, bei denen es Unstimmigkeiten bei Abschiebungen gegeben hatte. Der Flüchtlingsrat lässt derzeit von einem Anwalt prüfen, ob die Flüchtlinge eine Entschädigung verlangen können, wenn sie zu Unrecht abgeschoben wurden oder den Behörden bei der Abschiebung ein Fehler unterlaufen ist. "Ich denke, dass eine Schadensersatzklage durchaus möglich ist", so Dünnwald.

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