Dachau:"Jahrelange Integrationsbemühungen werden zunichte gemacht"

Asylbewerber Unterkunft

Ein Geflüchteter sitzt auf einem Stuhl auf dem Gelände einer Gemeinschaftsunterkunft im Landkreis Dachau.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Nach der Abschiebung Moussa Nomokos schreiben Asyl-Helferkreise aus dem Landkreis Dachau einen offenen Brief an Landrat Stefan Löwl (CSU).

Die Kritik an Landrat Stefan Löwl (CSU) in Bezug auf die Abschiebung Moussa Nomokos ebbt nicht ab. Nachdem die Bundestagsabgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) und Michael Schrodi (SPD) sowie der Hebertshausener Bürgermeister Richard Reischl (CSU) das Vorgehen des Landratsamtes bei der Abschiebung des 27-Jährigen aus Mali scharf verurteilten, haben sich nun die Asyl-Helferkreise im Landkreis Dachau mit einem offenen Brief an Löwl gewandt. Die Ehrenamtlichen seien "mehr und mehr irritiert durch die zunehmend rücksichtslose Weise, wie jahrelange erfolgreiche Integrationsbemühungen der Geflüchteten sowie der Helferkreise und der Caritas missachtet und zunichte gemacht werden", heißt es in dem Brief. "Wir sehen mit Entsetzen Handlungsweisen, die eines Rechtsstaates unwürdig sind, wie etwa nichts ahnende Flüchtlinge ohne Begründung in das Ausländeramt vorzuladen, um sie leichter abschieben zu können."

Der offene Brief enthält eine lange Liste von teils schweren Vorwürfen. Demnach würde das Landratsamt etwa Strafanzeigen erstatten, ohne den Geflüchteten vorab eine Gelegenheit zu geben, eventuelle Unstimmigkeiten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens aus den Weg zu räumen, so die Asylhelfer. "So werden aus geflüchteten Menschen Straftäter gemacht, um Arbeits- und /oder Aufenthaltserlaubnisse gesetzlich auszuschließen und die Menschen leichter abschieben zu können." Die Helferkreise fordern Löwl auf, das Verwaltungshandeln des Landratsamts "vor allem auf humanitäre Gesichtspunkte" hin auf den Prüfstand zu stellen. Zudem wünschen sie sich, dass es wieder zu einem "konstruktiven Dialog" des Landratsamtes mit allen Bürgerinnen und Bürgern Dachaus komme.

Moussa Nomoko, der bei der Bäckerei Polz in Hebertshausen arbeitete, wurde Ende Juli nach Mali abgeschoben. Wie sein Betreuer berichtete, sei Nomoko damals für ein Gespräch ins Landratsamt gekommen. Dann sei die Polizei gekommen und habe ihn in Handschellen abgeführt. Anschließend wurde Nomoko nach Mali ausgeflogen. Dem Landratsamt zufolge war der 27-Jährige ausreisepflichtig gewesen und habe laut Löwl seit eineinhalb Jahren gewusst, dass er Deutschland irgendwann verlassen müsse. Für die Umstände der Verhaftung sei die Polizei verantwortlich, sagte Löwl. Emotional könne er die Empörung nachvollziehen. Als Landrat sei er aber an geltende Gesetze gebunden.

Zur SZ-Startseite
dpa-Story: Abschiebeflug nach Afghanistan

Abschiebung in Dachau
:Verhärtete Fronten

Nach der Abschiebung von Moussa Nomoko sind viele ehrenamtliche Helfer frustriert. Das Gefühl, dass die Hilfe umsonst ist, macht sich breit. Landrat Löwl versteht den Unmut, weist eine persönliche Schuld aber von sich

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: