Landtagswahl:"Wir alle haben Sehnsucht nach dem echten Bayern"

Landtagswahl: "Der bayerische Sonderweg, geflüchtete Menschen wie Dreck zu behandeln, muss umgehend aufhören", sagt Martin Modlinger in Karlsfeld.

"Der bayerische Sonderweg, geflüchtete Menschen wie Dreck zu behandeln, muss umgehend aufhören", sagt Martin Modlinger in Karlsfeld.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Mehr als 200 Besucher kommen zum Neujahrsempfang der Grünen mit Katharina Schulze. Sie und Landtagskandidat Martin Modlinger kritisieren die Asylpolitik der Landesregierung scharf und unterstreichen die Regierungsambitionen ihrer Partei.

Von Walter Gierlich, Karlsfeld

Eine Rückschau auf das Krisenjahr 2022 und eine Vorschau voller Optimismus auf 2023 - ein Jahr, das laut Katharina Schulze "mehr Frieden, mehr Gesundheit, mehr soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit" bringen soll. Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag und Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Wahl im Oktober, ist Hauptrednerin und erfolgreiches Zugpferd für den Neujahrsempfang des Grünen-Kreisverbands. Denn auch zur Überraschung für die Gastgeber sind mehr als 200 Besucher in den Saal des Karlsfelder Bürgerhauses gekommen, darunter sogar CSU-Politiker. Begrüßt werden sie von der Band T4U mit irischem Folk. "Musik von der Grünen Insel für die Grünen", sagt dazu Heidi Pongratz-Aschauer, Sprecherin des Karlsfelder Ortsverbands, die als Moderatorin durch die Veranstaltung führt.

Doch bevor Schulze zu Wort kommt, stellen sich erst einmal Dale Carpenter, 32, und Martin Modlinger, 43, die Dachauer Bewerber für die Bezirkstags- und Landtagswahl im Herbst vor. Carpenter, Polizist und nebenbei Jurastudent, will sich im Bezirkstag vor allem für Menschen in sozialen Notlagen einsetzen, etwa für Kinder, die unter der Pandemie gelitten haben. Zudem müsse Menschen mit Behinderung endlich mehr Teilhabe ermöglicht werden. Für die zuständigen Einrichtungen sei mehr Geld und Personal notwendig: "Es darf nicht am falschen Ende gespart werden." Auch fordert Carpenter eine andere Asylpolitik - ein Thema, das bei der Veranstaltung alle Reden durchzieht.

"Wir leben nicht nur auf der Erde, wir leben auch von der Erde."

Für Modlinger, seit Kurzem Stadtrat in Dachau, ist das ein Herzensthema. Er fordert mehr Menschlichkeit in der Asylpolitik. Vor allem mit Blick auf die Abschiebung der Familie Esiovwa "aus ihrer Heimat Karlsfeld" fordert der Grünen-Kandidat: "Der bayerische Sonderweg, geflüchtete Menschen wie Dreck zu behandeln, muss umgehend aufhören." Doch natürlich stehen weitere Themen auf seinem Programm, beispielsweise Klimaneutralität und eine Wirtschaft, die Gemeinwohl fördert. So betont Modlinger: "Wir leben nicht nur auf der Erde, wir leben auch von der Erde."

Nicht einsehen mag Modlinger, warum ausgerechnet bei den Kindern gespart werde. Das Kindeswohl muss nach seiner Ansicht an erster Stelle stehen. Im Grundgesetz stehe zwar, dass die Würde des Menschen unantastbar sei, aber in der realen Politik werde sie oft vergessen. Und er schließt das Publikum mit ein, wenn er am Schluss seiner rhetorisch ausgefeilten Rede meint: "Wir alle haben diese Sehnsucht nach dem echten Bayern, das ökologisch, sozial und gerecht ist."

Landtagswahl: Die Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer wünscht sich, "dass wir eine bessere Asylpolitik kriegen und der Landkreis Dachau nicht schlechtes Beispiel bleibt".

Die Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer wünscht sich, "dass wir eine bessere Asylpolitik kriegen und der Landkreis Dachau nicht schlechtes Beispiel bleibt".

(Foto: Niels P. Jørgensen)
Landtagswahl: "Es ist absurd, dass die bayerische Staatsregierung Menschen abschiebt, die hier einen Arbeitsplatz haben", sagt auch Katharina Schulze.

"Es ist absurd, dass die bayerische Staatsregierung Menschen abschiebt, die hier einen Arbeitsplatz haben", sagt auch Katharina Schulze.

(Foto: Niels P. Jørgensen)
Landtagswahl: Landtagskandidat Martin Modlinger überzeugt mit einer rhetorisch ausgefeilten Rede.

Landtagskandidat Martin Modlinger überzeugt mit einer rhetorisch ausgefeilten Rede.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Wer auf Schulzes Rede wartet, muss sich weiter gedulden, denn zuvor gibt es noch einen "Bericht aus Berlin" der Bundestagsabgeordneten Beate Walter-Rosenheimer sowie eine Pause, in der sich die Besucher am Büffet stärken und miteinander sowie mit den Mandatsträgern ins Gespräch kommen können. Walter-Rosenheimer stellt gleich zu Beginn ihres Vortrags fest: "Ich freue mich, dass wir regieren." Besonders hebt sie Annalena Baerbock als "ganz hervorragende Außenministerin" heraus, die trotz ihres hohen Amtes stets an Fraktionssitzungen teilnehme: "Sie steht ihre Frau!" Als Erfolg sieht die Bundestagsabgeordnete auch, dass es Wirtschaftsminister Robert Habeck gelungen sei, im Eiltempo die Energiesicherheit zu stärken. Allerdings habe der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zu ihrem Bedauern auch manche Vorhaben verzögert, etwa die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz oder die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Beim Thema Asyl schloss sie sich Modlinger an: "Man geht mit den Leuten um wie Dreck, ich wiederhole es nochmal." Sie wünscht sich, "dass wir eine bessere Asylpolitik kriegen und der Landkreis Dachau nicht schlechtes Beispiel bleibt."

Spitzenkandidatin Schulze weist erwartungsgemäß ebenfalls auf Erfolge der Ampelregierung hin, wobei die Querelen mit der FDP ebenso unerwähnt bleiben wie der innerparteiliche Zwist um Lützerath. Schulze verweist unter anderem auf die Anhebung des Mindestlohns, Energiepreisbremse oder das 9-Euro-Ticket. Die Bundesregierung lasse niemanden zurück, weder Bürger noch Unternehmen. So kommt sie zu dem Schluss: "Ich bin froh, dass die Ampel regiert." 2023 sei es jedoch endlich Zeit, dass die Grünen auch in Bayern Regierungsverantwortung übernehmen, erklärt sie selbstbewusst. Mit welchen Partnern sie das schaffen will, bleibt offen. In der Regierung würde sie Bayern zum Klimaweltmeister machen, den Fachkräftemangel von Anfang an bekämpfen und die Asylpolitik ändern. "Es ist absurd, dass die bayerische Staatsregierung Menschen abschiebt, die hier einen Arbeitsplatz haben." Kinder und Jugendliche müssten ins Zentrum der Politik, erklärt sie und verweist darauf, dass es von 2026 an ein Recht auf Ganztagsbetreuung gibt. Von der Staatsregierung gebe es aber dafür bisher "noch keine konkreten Rezepte". Sie verlangt nicht nur bessere Bezahlung für Care-Arbeit, sondern generell endlich Gleichberechtigung für die Frauen und "die Hälfte der Macht in Politik und Wirtschaft". Ihr Publikum ist begeistert.

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