Mike Berwanger:Der Tausendsassa

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Mike Berwanger freut sich über den MediaV-Award, aber seinen Job Grafiker betrachtet er eigentlich nur als Brotberuf. (Foto: Niels P. Joergensen)

Mike Berwanger wird für die Gestaltung eines Buchbandes mit einem Preis ausgezeichnet. Doch die Arbeit als Grafiker ist nur eine seiner vielen Rollen als Kreativer in Dachau: Er ist auch bildender Künstler, Musiker, Veranstalter - und ein guter Koch.

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Das Büro von Mike Berwanger zeugt von stilvoller Ordnung: ein Glastisch, ein dunkelblaues Sofa, unzählige Bücher in den Regalen an der Wand. Doch genau an dieser Stelle entlarvt ein genauer Blick eine andere Form von Chaos, hier entdeckt man einen Sammelband zu Picassos Werken, eine Analyse des Baader-Meinhof-Komplexes, genauso eine Küchenbibel. Eine andere Art von Chaos also, eine bewusste Unordnung, ein gewünscht bunter Mix. Ein Sinnbild dafür, wie Berwanger sein Leben und Schaffen im Landkreis zeichnet.

Er selbst würde dem vielleicht gar nicht zu stimmen, er sei ein ordentlicher Mensch, sagt der 57-Jährige, das habe er für sich im Laufe der Jahre erkannt. Berwanger spricht ruhig und routiniert, er schweift niemals ab, bringt seine Gedanken zu Ende, ohne sich in Halbsätzen zu verlieren. Diese Struktur braucht es vermutlich, um so viele verschiedene Rollen auszufüllen wie Berwanger es tut. Anfang April wurde ihm ein Preis für die Gestaltung eines Buchbandes verliehen, eines seiner jüngsten Projekte: der mediaV-Award für das Buch "Wildmonitoring in Bayern". In der Pressemitteilung lobte man auch hier die "klare Gestaltung", für die Berwanger verantwortlich ist.

Als Jugendlicher träumte er von einer Karriere als Musiker

Er selbst sagt, in diesem Teil seiner Arbeit, seinem Job als Grafiker - er selbst wählt das Wort "Brotarbeit" - erkenne man seine persönliche Handschrift nicht, er orientiere sich nach den Kunden und dem Publikum, das später die Magazine, Bücher und Publikationen liest, die er gestaltet. Berwanger schlägt ein älteres Heft auf, ein Magazin über Kosmetikprodukte - "nun wirklich nicht mein Thema". Und doch zeigt sich Begeisterung in seinem Blick, seiner Stimme, seinen Gesten, als er über die Anordnung, den Ausgleich der Linien, Produkte, Textkästen spricht.

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(Foto: Niels P. Joergensen)

In seinem Haimhausener Atelier stellt Mike Berwanger Sandbilder her.

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(Foto: Toni Heigl)

Er freut sich über den MediaV-Award, aber seinen Job als Grafiker betrachtet er eigentlich nur als Brotberuf.

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(Foto: Toni Heigl)

Bei der Band "Die Schönen und das Biest" spielt er Bass.

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(Foto: Niels P. Joergensen)

Viele kennen ihn aber als Kommunalpolitiker beim Bündnis für Dachau.

Dabei wollte er das ursprünglich gar nicht machen, als Jugendlicher träumte er von einer Karriere als Musiker. Als er in der Oberstufe die Klasse nicht schaffte, brachte ihn sein Vater dazu, einen "ordentlichen Beruf" zu erlernen, er wurde Druckvorlagenhersteller. "Ein so ordentlicher Beruf, den gibt es heute gar nicht mehr", sagt Berwanger trocken. Doch unabhängig von der technischen Entwicklung, die diesen Beruf bald hinfällig machen sollte, entschloss er sich, Kommunikationsdesign zu studieren. Die Ausbildung war für ihn zu technisch gewesen, zu mechanisch - "eigentlich einfach langweilig", so Berwanger. Heute würde er sich als Künstler bezeichnen. Er formuliert das ganz bescheiden und trotzdem bestimmt. In der alten Schlossbrauerei in Haimhausen hat er ein eigenes Atelier, dort arbeitet er an Sandarbeiten - "hier im Büro oder in der Wohnung könnte ich das ja nicht machen - das wäre eine riesige Sauerei."

Er ist Teil der Dachauer Band Die Schönen und das Biest

An einer Wand seines Büros lehnt ein Kontrabass - der lässig zur Schau gestellte Beweis dafür, dass Berwanger seine alte Leidenschaft trotzdem nie aufgegeben hat. Er ist Teil der Dachauer Band Die Schönen und das Biest, in der unter anderem auch der Dachauer Bürgermeister Kai Kühnel spielt. Für Berwanger, der eigentlich gebürtiger Münchner ist und erst 2005 nach Dachau gezogen ist, war Kühnel von Anfang an eine Bezugsperson, die ihm das Leben in der Kreisstadt auf eine besondere Art präsentierte. Als Berwanger nach Dachau zog - "der Liebe hinterher", meldete er sich beim Tollhaus e.V., er wollte sich kulturell einbringen. So lernte man sich kennen. Heute steckt Berwanger selbst viel Zeit in das Kulturangebot, mit Kühnel verbindet ihn eine Freundschaft und eine Vielzahl gemeinsamer Projekte.

Ganz nebenbei lernte Mike Berwanger im Laufe der Jahre das Leben abseits der Großstadt zu schätzen. "Sich politisch engagieren zu können ohne gleich Berufspolitiker zu werden - das habe ich in München vermisst", sagt er. Heute ist er im "Bündnis für Dachau" engagiert, beschäftigt sich hier vor allem mit neuen Ideen zur Stadtentwicklung - Kultur hat er hier absichtlich nicht als Thema gewählt. "Das beschäftigt mich schließlich sonst schon genug", sagt er. Stattdessen liest er sich lieber in neue Projekte ein, sucht nach neuen Ideen, recherchiert. "Privat bin ich auch ein guter Koch", sagt Berwanger und zeigt dabei, inmitten von all den literarischen Klassikern und Kunstbänden, stolz auf den dunklen, simplen Einband seiner Küchenbibel.

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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