Dobryy Den, Dachau:"Ich finde es ziemlich beeindruckend, wie gewissenhaft die Deutschen Müll sortieren"

Lesezeit: 2 Min.

Anna Huryn aus Kiew schreibt die wöchentliche Kolumne "Dobryy Den, Dachau" für die SZ Dachau. (Foto: Illustration: Bernd Schifferdecker)

Anna Huryn ist aus der Ukraine nach Dachau geflohen. Die 21-Jährige berichtet wöchentlich über ihr Ankommen im Landkreis. In der zehnten Folge berichtet sie von der Wissenschaft der Mülltrennung.

Kolumne von Anna Huryn, Dachau

Als ich gerade neu in Dachau angekommen war, im März, da erschien mir die deutsche Mülltrennung wie eine ganz eigene Wissenschaft. Manche Deutsche mögen sich wundern und sagen: "Warum? Es ist doch alles ganz einfach!" Aber ich hatte in meinem Leben noch nie Müll getrennt, bevor ich hierher kam. In der Ukraine gibt es so etwas gar nicht. In Kiew haben wir einfach unseren gesamten Müll in eine Tüte getan und in einen enorm großen Mülleimer geworfen, das war's.

Wie ich inzwischen erfahren habe, war Deutschland eines der ersten Länder, das eine Mülltrennung eingeführt hat. Und natürlich hat mir meine Dachauer Gastfamilie alles ganz genau erklärt. Die Regeln habe ich so weit verstanden: In die blaue Tonne kommen Papier und Pappe, in die gelbe Tonne kommen Plastikmüll und Wertstoffe und in die schwarze Tonne kommen Restmüll, Bad- und Haustierabfälle. Außerdem haben viele Deutsche noch eine braune oder grüne Tonne für den Biomüll, wie Obst- und Gemüsereste und Gartenabfälle. Dort wo ich lebe, gibt es keinen Biomüll, weil meine deutsche Gastgeberfamilie einen Kompost hat.

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Ich war außerdem überrascht, dass es auch noch mehrere Altglascontainer gibt, die über die ganze Stadt verteilt sind. Da wird dann auch noch mal sortiert nach Farben: Grünes, weißes und braunes Glas gehören in unterschiedliche Container.

Lob für Stoffbeutel

Um ehrlich zu sein: Im ersten Moment erschien mir das alles wahnsinnig kompliziert. Aber ich habe mich daran gewöhnt. Inzwischen finde ich es ziemlich beeindruckend, wie gewissenhaft die Deutschen ihren Müll sortieren.

Wenn ich früher in Kiew einkaufen gegangen bin, dann hab ich immerhin einen Stoffbeutel mitgenommen anstatt die Plastiktüten im Laden zu benutzen. Leider machen das längst nicht alle Ukrainerinnen und Ukrainer so. Deshalb hat sich die Kassiererin ein paar Mal bei mir persönlich bedankt, weil sie so positiv überrascht war, dass ich meinen eigenen Beutel dabei hatte.

Ich weiß nun inzwischen auch, dass offenbar jede deutsche Familie einen Müllkalender hat. Man kann natürlich auch eine App dafür herunterladen, was meiner Meinung nach viel komfortabler ist. Neulich habe ich hier auch die tolle App "Too good to go" entdeckt, deren Mission es ist, die Aufmerksamkeit für die Verschwendung von Lebensmitteln zu erhöhen und Nahrungsmittelüberschüsse an Konsumenten weiterzugeben. Da bekommt man gutes Essen von Restaurants, Bäckereien und Supermärkten zum Schnäppchenpreis.

Ernsthaft, so ein Umweltbewusstsein wünsche ich mir auch in der Ukraine. Und ich bin mir sicher, dass es das dort eines Tages auch geben wird.

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