Mitglieder der islamischen Sufi-Gemeinschaft erinnern in der Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau mit einer Gedenkfeier am Freitag, 13. September, um 14 Uhr an Noor-un-Nisa Inayat Khan. Die muslimische Widerstandskämpferin und Agentin des britischen Geheimdienstes wurde vor 80 Jahren von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Dachau ermordet.
Noor-un-Nisa Inayat Khan, geboren am 1. Januar 1914 in Moskau, wuchs in England und Frankreich auf. Sie stammte aus einer indisch-muslimischen Familie. Ihre Mutter war US-Amerikanerin, ihr Vater war einer der bedeutendsten Sufi-Meister seiner Zeit – Sufismus ist eine spirituelle Strömung im Islam.
Seine Tochter studierte in Paris Musik und Kinderpsychologie. Nach dem deutschen Überfall auf Frankreich floh sie 1940 nach England. Dort stellte sie sich dem Kampf gegen Hitler-Deutschland zur Verfügung. Als Agentin diente sie dem britischen Militärgeheimdienst SOE in Frankreich als Funkerin. 1943 wurde sie von der Gestapo in Paris verhaftet und am 13. September 1944 im KZ Dachau ermordet.
Großnichte kommt nach Dachau
Zur öffentlichen Gedenkfeier an ihrem 80. Todestag kommen laut einer Pressemitteilung der Versöhnungskirche Angehörige der Widerstandskämpferin, darunter ihr Neffe Zia Inayat Khan aus den USA, der seit 2004 Oberhaupt des internationalen Inayati-Ordens der Sufi-Gemeinschaft ist. Er gestaltet gemeinsam mit der Musikgruppe Tümata die Gedenkfeier. Unter den Ehrengästen ist auch Tara Dundas-Harper, eine Großnichte von Noor-un-Nisa Inayat Khan. Sie war bereits vor einigen Wochen in der Versöhnungskirche, als die Ausstellung „Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ eröffnet wurde.
Björn Mensing stellt der Sufi-Gemeinschaft die Kirche für die Gedenkfeier zur Verfügung und spricht ein Grußwort. Der Pfarrer der Versöhnungskirche erzählt, er beginne seine Führungen von Schulklassen und anderen Gruppen durch die KZ-Gedenkstätte stets mit der Biografie der Widerstandskämpferin. Besonders Teilnehmende muslimischen Glaubens seien oft überrascht, „dass eine junge Frau mit muslimischen Wurzeln gegen den Holocaust kämpfte, während heute in den Nachrichten immer wieder Meldungen über antisemitische Anschläge von Islamisten kommen und Israel-Hass auch in Teilen der muslimischen Welt verbreitet ist“, so Mensing.
Ein Bruder von Noor-un-Nisa Inayat Khan erinnerte sich laut einer Pressemitteilung der Versöhnungskirche an eine Aussage seiner Schwester zu ihren Motiven für den Widerstand: „Wie konnte man angesichts der Ausrottung der Juden spirituelle Moral predigen, ohne aktiv an Verhinderungsmaßnahmen teilzunehmen?“
Einen Tag später, am Samstag, 14. September, findet zudem eine Gedenkfeier für Noor-un-Nisa Inayat Khan und drei weitere Widerstandskämpferinnen im Kinosaal der KZ-Gedenkstätte Dachau statt.