Das Hochwasser im Juni hat die Stadt Dachau hart getroffen: Einsatzkräfte der Feuerwehr waren an jenem Pfingstwochenende im Dauereinsatz und auch die Stadtwerke haben damals im Schichtbetrieb gearbeitet, um die Versorgung noch gewährleisten zu können. Nach gut vier Monaten haben die Verantwortlichen nun erste Maßnahmen ausgemacht, die beim nächsten Mal helfen sollen, Schlimmeres zu verhindern. Denn so viel ist sicher: Das nächste Hochwasser kommt bestimmt. Sicher ist aber auch: So stark aufzurüsten, dass sie für jede Hochwasser maximal gerüstet ist, das kann sich die Stadt nicht leisten.
In der jüngsten Stadtratssitzung berichtet auf Antrag des Bündnisses für Dachau zunächst Brandoberinspektor Thomas Hüller. Er sagt, dass man durch das Wasserwirtschaftsamt München (WWA) am 31. Mai – und damit lange vor dem Ausrufen des landkreisweiten Katastrophenfalls – im Stadtgebiet über eine „Hochwassergefahr durch Dauerregen“ informiert worden sei. Daraufhin habe man bereits erste vorsorgliche Maßnahmen getroffen und etwa sogenannte Floodtubes aufgebaut – das erste Mal seit 2013.
420 Einsätze in nur vier Tagen
Hüller berichtet in der Folge von nie dagewesenen Pegelständen bei Bächen, die bislang nicht für Hochwasser bekannt waren, wie dem Webelsbach und dem Pollnbach, sowie von rund 50 000 verteilten Sandsäcken allein im Stadtgebiet und von etwa so vielen Einsätzen für die rund 80 ehren- und hauptamtlichen Feuerwehrler aus Dachau in vier Tagen wie normalerweise im gesamten Jahr: 420 nämlich.
Angesichts dieser Ausnahmesituation lobt er die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten. Dazu muss man wissen: Ab dem Moment, ab dem der Katastrophenfall ausgerufen wird, obliegt die Leitung nicht mehr den einzelnen Feuerwehren, sondern alle Einsätze werden landkreisübergreifend gesteuert. Das also hat gut funktioniert. Auch die Weitsicht beim Kauf von Fahrzeugen mit Watttiefe habe sich bewährt.
Hüller macht aber auch klar: In solch einer Ausnahmesituation kommt die Stadt schnell an ihre Ressourcengrenzen, personell wie materiell. Darüber hinaus sei man zu der Erkenntnis gekommen, dass kleinere „bauliche Anpassungen“ an der Feuerwache notwendig seien, „um die Abläufe zu verbessern und die Hygienevorschriften aufrechterhalten zu können“.
Streitgespräch:„Wir müssen das Umdenken lernen“
Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Wasser beim Tag der Regionen sind sich die Teilnehmer einig, dass mehr Hoch- und Grundwasserschutz nötig ist und alle etwas dazu beitragen können. Nur wer mehr leisten soll und wer zuerst, das ist umstritten.
In seiner Präsentation steht auch noch ein zentraler Satz für die ihm zuhörenden Stadträtinnen und Stadträte: „Die Einsatzkräfte können nur helfen, wenn der Standort der Feuerwache sicher vor Hochwasser ist.“ Daher seien die Auswirkungen von Hochwasser der Amper und dem Forellenbach auf den Standort der Feuerwehr berechnet worden. Das Ergebnis: Um den Standort gegen künftige Hochwasser zu schützen, brauche es zusätzlich Schutzmaßnahmen. Dafür nötige Haushaltsmittel seien durch das Bauamt bereits im Haushalt 2025 eingeplant.
Jürgen Schmidt, Bereichsleiter Technik bei den Dachauer Stadtwerken, hat ebenfalls mehrere kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen für zukünftige Extremwetterlagen ausgemacht. Alarmierungspläne etwa müssten überarbeitet werden. Dazu zähle auch eine zentrale SMS-Alarmierung des Krisenstabs. Bereits bestehende Maßnahmenpläne müssten zudem weiterentwickelt werden. Und obwohl Schmidt versichert, dass während des Hochwassers die Stromversorgung „jederzeit gesichert“ gewesen sei, mahnt er in seiner Präsentation an: Ein Fuhrpark, der ausschließlich aus E-Autos bestehe, „stellt in einer Krisensituation ein Risiko dar“. Ganz ohne Verbrenner wird es also nicht gehen, Klimaschutz hin oder her.
Sensoren sollen helfen, auch Pegelstände kleinerer Gewässer zu messen
Die Stadtwerke wollen mithilfe von Pegelsensoren fortan auch die Pegelstände jener Flüsse kontrollieren können, die vom WWA nicht überwacht werden, weil sie Gewässer der sogenannten dritten Ordnung sind. Der Pollnbach oder der Webelsbach zum Beispiel. Diese Werte sollen dann perspektivisch sogar von der Bevölkerung auf einer Karte einsehbar sein, „leicht verständlich“ durch eine Art Ampelsystem. Aktuell tüftelt man laut Schmidt jedoch noch daran, den Funk allerorts aufrechtzuerhalten. Kostspielig sind die Sensoren allerdings nicht: gerade einmal gut 120 Euro das Stück.
Schmidt kommt auch darauf zu sprechen, dass der Betrieb der Kläranlage durch die „enormen Wassermengen im Kanalnetz“ gefährdet gewesen sei. Sogenanntes Fremdwasser, sprich Grund- und Oberflächenwasser, sowohl aus dem Stadtgebiet als auch aus anderen einleitenden Gemeinden sei der Grund dafür gewesen. Schmidt spricht von Abwassermengen, die drei- bis viermal so hoch gewesen sind wie sonst üblich. „Die Pumpwerke sind am Limit gewesen“, sagt Schmidt. Um den Wassermassen überhaupt Herr werden zu können, habe man letztlich sogar ungeklärtes Wasser in die Würm und in der Folge in die Amper leiten müssen.
Die Stadtwerke führen derzeit Verhandlungen mit dem WWA
Um die Einfuhr von Fremdwasser auch im Regelbetrieb zu reduzieren, soll die schon 2021 begonnene „Fremdwasserkampagne“ fortgeführt werden, sprich: Die Stadtwerke suchen mittels Rauches und Kameras nach undichten Stellen im Kanalsystem. Zudem werde in Gebieten mit Fremdwassereintritt geprüft, ob ein „Fremdwasserverschluss in Kanalschächten sinnvoll ist“. Auch der präventive Einsatz von rückstausicheren Kanaldeckeln wird geprüft und Gullydeckel sollen durch den Bauhof noch regelmäßiger gereinigt werden, „um den Abfluss von Oberflächenwasser sicherzustellen“. Ebenso denke man über die Errichtung weiterer Rückhaltebecken nach. Dies sei jedoch zeit- und kostenintensiv, so Schmidt.
Man sei daher für weitere, schnellere Lösungen auch in Gesprächen mit dem WWA. Zum Beispiel, wenn es um die Flutung des Stadtwaldes gehe. Das sei seitens des WWA genehmigungspflichtig, aber gegebenenfalls eine gute Lösung, wenn beim Gröbenbach wieder die Pegel steigen.
Auch die Bevölkerung muss sensibilisiert werden
Zuletzt weist Schmidt darauf hin, dass das Abpumpen von privaten Kellern und Tiefgaragen nicht in den Abwasserkanal erfolgen darf. Um das in Zukunft zu verhindern, müsse die Bevölkerung entsprechend „sensibilisiert“ werden. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) erklärte dazu, dass man mit den übrigen Gemeinden bereits an Hochwasser-Flyern arbeite, um dahingehend Aufklärung zu betreiben.
Klar ist nämlich, das betonte anschließend auch der Werksleiter der Stadtwerke, Robert Haimerl: „Das System ist nicht für diese Mengen ausgelegt und wird’s auch nicht sein.“ Um für den Extremfall – der ja nur gelegentlich eintritt – bestmöglich gerüstet zu sein, etwa in dem man die Kläranlage vergrößert, dazu fehlt schlicht das Geld – so hart diese Erkenntnis für den Einzelfall womöglich sein mag.