Süddeutsche Zeitung

Dachau:"Europa, das sind wir"

Fördergelder der Europäischen Union fließen in viele verschiedene Projekte in den Kommunen. Bei der Akquise hilft der Verein Dachau Agil

Von Johannes Rockstuhl, Dachau

Zufrieden berichtet Markus Hertlein, Bürgermeister von Hilgertshausen-Tandern, vom neulich fertiggestellten "Beste-Gegend-Pfad", einem Wanderweg in und um die Landschaften der Gemeinde Hilgertshausen-Tandern. "Das kommt jetzt natürlich zur richtigen Zeit", sagt er. Er meint: Gerade in der Pandemie haben viele Menschen das Wandern und Spazierengehen für sich neu entdeckt. So ein Freizeitangebot hat aber auch seinen Preis: rund 52 000 Euro hat der Pfad gekostet. Eine Summe, die der dafür zuständige Verein "Zukunft Tandern" nicht selbst hätte stemmen können.

Um Projekte wie den Wanderweg in Tandern trotzdem realisieren zu können, hat sich Dachau Agil gegründet. In Zusammenarbeit mit den Kommunen akquiriert der Verein Fördergelder. Ideen für Projekte kämen hierbei von Vereinen, Kommunen aber auch Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Dachau, sagt Geschäftsführerin Julia Gail. So eben auch der Beste-Gegend-Pfad, der mit 19 388 Euro finanziell unterstützt wird. Das Geld stammt von der Europäischen Union und ihrem Leader-Projekt, einem Förderungsprogramm für ländliche Regionen, um deren lokalen Projekte im Bereich Grundversorgung, Umwelt, Tourismus, regionale Produkte und Soziales zu Fördern. Im Landkreis Dachau wurden in den vergangenen Jahren insgesamt 19 Projekte mithilfe des Leader-Projekts realisiert. Insgesamt sind 2,7 Millionen Euro aus EU-Töpfen in den Landkreis geflossen. Neben dem Beste-Gegend-Pfad in Tandern wurden mit dem Geld etwa ein barrierefreier Ausbau der Versöhnungskirche in Dachau realisiert, sowie ein Imagefilm über das Dachauer Land oder der Räuber-Kneißl-Weg. Markus Hertlein (WGHT) ist sehr froh, dass die Europäische Union mit dem Leader-Projekt die Gemeinden im Landkreis finanziell unterstützt.

Auch Wolfgang Hörl (CSU), Bürgermeister von Schwabhausen und im Vorstand von Dachau Agil weist darauf hin, dass die Förderinstrumente der Europäischen Union notwendig seien, um solche Projekte umzusetzen. Das können sich die einzelnen Kommunen sonst nicht leisten. Außerdem findet er es wichtig, dass Europapolitik auch in den Gemeinden greifbar wird. "Europa, das sind ja wir", meint auch der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU). Die Europäische Union und deren Politik müsse kommunal gedacht werden. Denn: Kommunen seien am Nächsten an den Menschen. Das Leader-Projekt sei deshalb ein Schritt in die richtige Richtung.

Außerdem heben sowohl Löwl als auch Hörl, das Interkommunale des Programms hervor: Dachau Agil sei ein Verband der einzelnen Gemeinden, die zusammenarbeiten müssen, um diese Projekte zu realisieren. Die einzelnen Gemeinden hätten zudem gar nicht die Kapazitäten, Geld für ihre Projekte zu akquirieren. Viele der Projekte könnten somit gar nicht umgesetzt werden, wenn es die Kapazitäten von Dachau Agil nicht gäbe.

Derzeit findet eine Evaluierung auf der Website von Dachau Agil statt, bei der sowohl Mitglieder, als auch Unbeteiligte die Ergebnisse aus acht Jahren Leader-Projekt und die einzelnen Projekte beurteilen und resümieren können, zu welchen Zwecken und Notwendigkeit die Gelder der Europäischen Union investiert wurden. Noch bis Ende 2022 wird die Förderperiode verlängert. Bis dahin können Projekte, vorbehaltlich der verfügbaren Mittel aus dem so genannten Bayerntopf, bewilligt werden. "Aktuell stehen noch genügend Mittel zur Verfügung - somit auch für die Akteure im Landkreis Dachau", sagt Gail.

Landrat Löwl und der Schwabhausener Bürgermeister Hörl jedenfalls sind begeistert von den bereits umgesetzten Projekte, obwohl Löwl auch Kritik am "riesigen Bürokratismus" übt. Die Umsetzung der Projekte müsse schneller gehen und dies funktioniere nur mit einem Bürokratieabbau: "Da sind manchmal die bürokratischen Kosten höher, als die finanziellen Kosten."

Und tatsächlich: Von einer Idee bis zu deren Umsetzung gibt es mehrere bürokratische Hürden. Diverse Förderanträge, Bewilligungsbescheide sowie Auszahlungsanträge stehen an, bis die Arbeiten vor Ort beginnen können. Auf der Website von Dachau Agil findet man eine stark detaillierte Auflistung aller Schritte, mit jeweils mehreren Unterpunkten, die Klarheit verschaffen soll, am Ende aber doch eher verwirrt. Mit Blick auf den Beste-Gegend-Pfad in Tandern meint Bürgermeister Herlein: "Das ist ein Projekt von den Leuten für die Leute und das kann man nur unterstützen." Im Jahr 2023 soll laut Geschäftsführerin Gail die neue Leader-Förderperiode starten. Schon im Herbst/Winter dieses Jahres muss sich der Verein aber entscheiden, welche Förderinstrumente für die kommenden Jahre gewählt werden sollen. Dabei soll die Evaluierung helfen.

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SZ vom 04.09.2021
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