Süddeutsche Zeitung

Dachau:Eishockeyverein wittert seine Chance

Die Stadträte haben die Planung für die Eisfläche auf dem ASV-Gelände wegen finanzieller Einbußen durch die Corona-Krise gestoppt. Nun will der ESV selbst eine Halle bauen - an der Wallbergstraße.

Von Julia Putzger, Dachau

Obwohl schon längst beschlossen ist, dass die Stadt eine neue Eissportfläche auf dem Gelände des ASV Dachau bauen will, geben die ESV Woodpeckers ihren Traum nicht auf: Sie wollen noch immer eine Eissporthalle an der Wallbergstraße. Dabei möchte der Eishockeyverein als Bauherr auftreten. Auf diese Weise könnte die Stadt mehrere Millionen Euro sparen, wirbt der Vorstand für seine Idee. Die Sache ist eigentlich längst ausdiskutiert, für viele war sie längst ad acta gelegt, doch bei den Haushaltsberatungen im Herbst könnte sie erneut zum Thema werden.

Die Corona-Krise hat die Lage verändert. Noch ist zwar unklar, wie hoch die Einnahmeverluste der Stadt sein werden, dass es im städtischen Haushalt eng werden könnte, angesichts der Unmenge an Projekten, die geplant sind, ist bereits offenkundig. Ein Sparprogramm bahnt sich seinen Weg, auf dessen erster Etappe die Stadträte in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses mehrere Projekte vorerst auf Eis legten - unter anderem den Bau des Eisstadions.

"Durch Corona ist vieles anders gekommen als gedacht"

Das bedeutet nicht nur eine weitere Verzögerung auf unbekannte Zeit für den Neubau der ohnehin an allen Ecken bröselnden Scherer-Halle, sondern auch eine ungewisse Zukunft für den ESV. Dieser wittert nun eine letzte Chance für die Eishalle an der Wallbergstraße. Die Eissportler wandten sich an Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD): Angesichts der angespannten Lage käme man gern auf den alten Vorschlag zurück, erklärte ESV-Vorstand Stefan Steurer. Die Stadt könne so vier bis fünf Millionen Euro sparen. Außerdem bot er an, dass man den bestehenden Entwurf adaptieren und zum Beispiel Kinderbetreuungsplätze im Gebäude unterbringen könne.

Berkay Kengeroglu (SPD), der sich 2019 als Sprecher des Jugendrats energisch für die Umsetzung nach den Wünschen des ESV einsetzte, kann sich gut vorstellen, im Stadtrat nochmals über diese Idee zu diskutieren: "Wir stehen dann zwar wieder am Anfang, aber durch Corona ist vieles anders gekommen als gedacht." Unter diesen Umständen und vor allem mit Blick auf die städtischen Finanzen sei es richtig, nochmals über das Vorhaben nachzudenken - sonst werde das Projekt Eishalle möglicherweise auf unbestimmte Zeit verschoben oder es gebe gar keine Eishalle.

Doch die Gegner von damals sitzen auch noch im Stadtrat. Thomas Kreß (Grüne) ist überhaupt nicht begeistert davon, dass das Thema erneut aufkommt: "Ich sehe es nicht ein, so lange abzustimmen, bis das Ergebnis passt. Und ich bin mir sicher: Wenn der Vorschlag des ESV damals nicht aufgeploppt wäre, dann wäre das Eisstadion jetzt bestimmt schon im Bau oder sogar bald fertiggestellt." Außerdem sieht er die finanzielle Belastung für die Stadt weniger im Bau eines neuen Eisstadions, sondern im Betrieb dessen. Da eine Eishalle wesentlich mehr genutzt werden würde als eine Eisfläche, wären die Betriebskosten insgesamt höher. Letztendlich müsse man vernünftig entscheiden, ob man - auch angesichts des Klimawandels - überhaupt ein Eisstadion baue: "Wir brauchen das nicht auf Teufel komm raus."

"Ich konnte da keine neuen Argumente erkennen, das ist hinlänglich diskutiert", erklärt Florian Schiller (CSU). Aus Sicht seiner Partei sei vollkommen klar, dass die Stadt das Eisstadion selbst und auf dem ASV-Gelände bauen soll. Wenn man neuerlich über eine Eishalle diskutiere, dann nur über die Frage, ob man überhaupt Geld dafür habe: "Ich hoffe, dass es dazu nicht kommt, das wäre sehr unglücklich."

Der Streit um die Dachauer Eissporthalle ist bereits drei Jahre alt

Der Streit um die Dachauer Eissporthalle ist bereits drei Jahre alt. Im Zuge der Planungen für die neue Scherer-Halle des ASV kam der Vorschlag auf, diese auf dem Gelände der bisherigen Eisfläche zu errichten. Da diese wiederum sowieso erneuert werden müsse, könne man sie kostengünstiger an anderer Stelle errichten. Doch wo? Im Gespräch waren verschiedene Möglichkeiten auf dem Areal des ASV oder gar beim TSV, die Stadträte entschieden sich schließlich für eine Fläche im Süden des ASV-Geländes. Sobald die neue Eisfläche dort - vorerst wieder ohne Dach - fertig sei, könne die alte abgerissen und an dieser Stelle dann mit dem Neubau der Scherer-Halle begonnen werden. Doch im Januar 2018 meldete sich der ESV mit seinem Vorschlag zu Wort, die Eishalle auf dem städtischen Grundstück an der Wallbergstraße, auf dem sich ein Bolzplatz befindet, zu errichten. Die Halle solle besonders auf die Bedürfnisse des Behindertensports ausgerichtet sein, die Eisfläche könnte länger als auf einem offenen Platz genutzt werden und die Halle auch für Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Der Eissportverein bot sich als Bauherr, um die städtische Kasse zu schonen. Neben einem Planungsbüro hatte der ESV die Dachauer Volksbank Raiffeisenbank an der Hand - als finanziellen Unterstützer.

Es folgten langwierige Diskussionen und Prüfungen, debattiert wurde vor allem über die Parkplatzfrage beim ASV und die dort notwendige Rodung von Erholungswald. Dem gegenüber stand der Erhalt des Bolzplatzes an der Wallbergstraße sowie die Frage, ob ein so junger und vergleichsweise kleiner Verein wie der ESV ein solches Projekt überhaupt stemmen könne. Letztlich waren nur SPD und Bündnis vom Vorschlag des ESV überzeugt.

Der Beschluss, das Eisstadion im Süden des ASV Geländes zu bauen, wurde erneuert. Der Jugendrat, der zuvor erbittert für das ESV-Projekt gekämpft hatte, versuchte vergebens mit einer Petition gegen den Beschluss anzukämpfen. Das Bauamt hatte im vergangenen Jahr öfter Bedenken, dass es zu wenig Parkplätze beim ASV geben werde. Dennoch blieb der Stadtrat bei seinem Beschluss.

Oberbürgermeister Florian Hartmann verweist nun darauf, dass man sich im Herbst noch einmal mit dem ESV-Vorschlag auseinandersetzen werde.

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Quelle:
SZ vom 05.08.2020
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