Dachau:Eine "Fotzn" kann schön sein

Dachau: Mathias Kellner ist ein großartiger Geschichtenerzähler.

Mathias Kellner ist ein großartiger Geschichtenerzähler.

(Foto: Toni Heigl)

Mathias Kellner und seine Jugenderinnerungen in Dachau

Von Jeannette Oholi, Dachau

Das Publikum im Ludwig-Thoma-Haus stieg ein in Mathias Kellners "Zeitmaschin" und wurde zurückgebeamt in die 2000er Jahre. Mitten nach Niederbayern, genauer gesagt nach Straubing. Die Songs auf dem "Zeitmaschin"-Album drehen sich um die Kindheit und Jugend, die der Sänger in Straubing verbracht hat. Es herrschte eine tolle Stimmung im Thoma-Haus: ausgelassen, lustig, aber auch nachdenklich. Eben genauso facettenreich wie das Leben selbst. Es sei vor allem "stad" gewesen in seiner Jugend, alles sei etwas langsamer gegangen dort in Niederbayern, sagt Kellner. "Das Internet ist erst letzte Woche installiert worden."

Natürlich, das weiß auch Kellner, geht eine Zeitreise zurück in die Jugend nicht, ohne auch über die Liebe zu sprechen. Er erzählte von einem Dorf-Disco-Abend, als er sich mit mehr als zehn Spezis die Kante gegeben und ein Mädchen kennengelernt hat. Es wurde geschmust, oder besser gesagt "Zahnspangen aneinander gerieben". Das junge Liebesglück dauerte aber nicht lange. Es war die "erste Beziehung und die erste Abfuhr in eineinhalb Stunden".

Das Programm des Sängers war eine gute Mischung. Es gab leisere Töne, aber auch schnelle Lieder zum Mitklatschen und Mitsingen. Kellner ließ das Publikum ganz nah an sich und seine Lebensgeschichten heran. Es schien fast so, als würde man die Stammkneipe "Kairo", und den "Smirnoff-Kumpel" Radi selbst kennen. Diesen Jugendfreund Radi, der die modernen Alkopops heiß und innig liebt, die sich aber mit dessen Darm nicht besonders gut vertragen. Es sind die kleinen Geschichten, die das Leben so lebenswert machen und das Publikum gebannt lauschen und brüllend auflachen lassen.

Rückblickend sind selbst die Sorgen, die ihn, Kellner, als Jugendlichen geplagt haben, nichts im Vergleich zu den erwachsenen Sorgen. Habe er als Lausbua was angestellt, gab es eine "Fotzn" von einem Erwachsenen und das Leben konnte weitergehen. Als Erwachsener quäle man sich hingegen oft mit Getanem oder Ungetanem. Da sehne er sich nach der "Fotzn" zurück.

Ja, das Niederbayerische kann mitunter etwas derb sein. Aber nicht bei Mathias Kellner. Seine Geschichten verpackt er so sympathisch, dass man nur herzlich lachen kann. Und dann ist da noch die Liebeserklärung an sein erstes Auto, einen blauen Ford Fiesta mit roter Beifahrertür und einem Kassettenrekorder, in dem eine selbst aufgenommene Kassette mit Robert Palmers "Johnny und Marry" an einem heißen Sommertag festgeschmolzen ist. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

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