Süddeutsche Zeitung

Dachau:Ein unscheinbares Pflänzchen

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Ampertaler des Monats September ist der kriechende Sellerie

Die Gebietsbetreuung des Natura-2000-Gebietes Ampertal bei den Landschaftspflegeverbänden Dachau und Fürstenfeldbruck stellt jeden Monat einen "echten Ureinwohner" vor: Der Ampertaler dieses Monats ist an Unscheinbarkeit kaum noch zu überbieten. Dennoch ist er eine der absoluten Raritäten des Ampertals, und auch weltweit eine ziemliche Seltenheit.

Der Kriechende Sellerie ist nämlich ein reiner Europäer, den man nur vom Atlantik bis nach Polen hinein findet. Er liebt es feucht oder sogar nass, denn als weitere Besonderheit existiert diese Pflanze sowohl in einer Wasser- als auch in einer Landform. Im Wasser besiedelt sie eher flachere Bereiche. Besonders liebt sie Uferzonen mit schwankendem Wasserstand. Entlang der Amper sind es vor allem Gräben und kleine Quellbäche, welche es der seltenen Pflanze angetan haben. Eines ist aber allen Standorten gemeinsam: Es darf nur wenig Konkurrenz vorhanden sein, denn hochwüchsige Pflanzen und starke Beschattung machen dem bodennah dahinkriechenden Sellerie schnell den Garaus.

Das gilt auch für seinen Lebensraum an Land. Dort sind es vor allem feuchte Weiden, auf denen durch Fraß die Vegetation niedrig gehalten wird, wo man den Kriechenden Sellerie findet. Aber erstaunlicherweise entdeckt man ihn auch vereinzelt in sogenannten Scherrasen, also regelmäßig gemähten Flächen. Das können zum Bespiel die Liegewiesen in Strandbädern oder Sportplätze auf feuchtem Untergrund sein. Während die Landform weiße Doldenblüten ausbildet und sich über Samen vermehrt, breitet sich die Wasserform rein vegetativ aus, das heißt über ihren kriechenden Spross oder auch abgerissene Teile davon, die andernorts wieder Wurzeln schlagen.

So oder so, wichtig ist in beiden Fällen der passende Lebensraum. Dieser ist durch Entwässerung weitgehend verloren gegangen, und auch fehlende flache Uferzonen an Gräben und Bächen machen es der Art schwer. Beweidung auf feuchten Flächen ist heutzutage auch eher eine Ausnahme, und so ist es nicht verwunderlich, dass der Kriechende Sellerie deutschlandweit als "vom Aussterben bedroht" gilt. In Bayern finden sich noch die größten Bestände dieser Art, was landesweit und natürlich auch regional im Ampertal eine hohe Verantwortung zum Erhalt dieser besonderen Pflanze mit sich bringt. Die Schaffung neuen Lebensraums, etwa durch natürlichere Gewässerläufe oder extensiveres Wirtschaften in den Auen, könnte hierbei die Zukunft dieses unscheinbaren Ampertalers und vieler weiterer Arten sichern.

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Quelle:
SZ vom 23.09.2019 / SZ
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