Dachau ein Jahr nach dem Volksbegehren:Artenschutz im Kriechgang

Ob das ist Volksbegehren "Rettet die Bienen" etwas verändert hat, darüber scheiden sich die Geister. Kreisrat Georg Weigl jedenfalls ist unzufrieden

Von Julia Putzger, Dachau

Vor etwas mehr als einem Jahr konnte man es in ganz Bayern regelrecht summen und brummen hören. Wer sich nicht mehr recht erinnert: Das lag nicht et-wa an einem besonders zeitigen Frühling, sondern an den zahlreichen Unterstützern des Volksbegehrens für Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern - besser bekannt unter dem Slogan "Rettet die Bienen!" Die fleißigen Helfer riefen erfolgreich zum Unterschreiben auf, im Landkreis Dachau taten das immerhin fast 23 Prozent der Wahlberechtigten, also mehr als 24000 Menschen. Der Bayerische Landtag nahm das Volksbegehren schließlich an, im August trat das neue Naturschutzgesetz in Kraft. Seitdem scheint jedoch nicht mehr viel passiert zu sein, das Summen und Brummen ist verstummt. Das ist auch im Landkreis Dachau so.

Georg Weigl, der bisher als Fraktionsvorsitzender der ÖDP im Kreistag saß und die Initiative im Landkreis gemeinsam mit Peter Heller und Adrian Heim vorangetrieben hatte, muss es wissen: "In den entsprechenden Gremien gab es dazu bisher nichts. Mir ist auch sonst nicht bekannt, ob sich etwas getan hat - also kann ich damit nicht zufrieden sein", sagt er. Trotzdem will er nicht pessimistisch sein, denn die Umsetzung der komplexen Gesetze brauche eben viel Zeit: "Bis das von der Staatsregierung bis zu jedem kleinen Landratsamt kommt, das dauert", zeigt er sich verständnisvoll. Peter Heller, Vorsitzender der Ortsgruppe Dachau des Bundes Naturschutz, gibt ebenfalls zu bedenken: "Es ist eigentlich noch zu früh, um eine Zwischenbilanz ziehen zu können." Nach dem Erfolg des Volksbegehrens Mitte Februar habe die Erarbeitung der konkreten Umsetzung, die im Landtag an einem sogenannten runden Tisch mit den Initiatoren des Volksbegehrens stattfand, sehr lange gedauert. Begleitregeln wurden geschaffen - diese werden aber teilweise noch heute diskutiert, wie Heller erklärt.

Bienen

Ob die Bienen mehr Nahrung finden als im vergangenen, wird man noch sehen.

(Foto: dpa)

Trotz der schleppenden Umsetzung ist Heller nicht unzufrieden, denn letztlich habe das Volksbegehren die Themen Artenvielfalt und Insektensterben in aller Munde gebracht. Das bestätigt auch Walter Niedermeier, Vorstand des Dachauer Kreisim-kervereins: "Direkt hat sich zwar noch nicht viel verändert, aber in den Köpfen hat sich viel getan." Er stehe in direktem Kontakt mit vielen Bürgermeistern im Landkreis und lobe sie auch gerne für erfolgreiche Arbeit. Mancherorts müsse man sich aber noch gedulden und die Menschen stärker sensibilisieren. Niedermeier erzählt zum Beispiel von Pflanzenrückschnitten, die für ihn in keiner Weise nachvollziehbar und viel zu rigoros sein. "Da sind aber überwiegend die großen Straßenbaumeistereien am Werk. Die kleinen Gemeinden arbeiten eigentlich schon ganz gut mit uns zusammen", sagt Niedermeier.

Weiter lobt Heller den Landkreis, der ein Maßnahmenpaket zur Erhaltung und Schaffung von Waldsäumen und Verbundflächen auf den Weg gebracht hat. In der nächsten Kreistagsitzung wird außerdem ein Antrag der ÖDP behandelt, der die weitere Umsetzung des Artenschutzgesetzes im Landkreis und insbesondere die Schaffung eines Biotopverbunds fordert. Basis dafür sind zwei umfangreiche Broschüren, die Otto Mayrhofer aus Karlsfeld erarbeitet hat. Er kommt darin zu dem Schluss, dass es im Landkreis zwar eine geringe Waldfläche, dafür aber umso mehr Waldränder gibt - diese sind für die Artenvielfalt besonders wertvoll und sollten deshalb im Sinn eines lebendigen Biotops vernetzt und genutzt werden.

Dachau ein Jahr nach dem Volksbegehren: Anton Kreitmair, glaubte, dass das Volksbegehren die Bauern "zerstören" werde.

Anton Kreitmair, glaubte, dass das Volksbegehren die Bauern "zerstören" werde.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Als es im Frühjahr 2019 im Landkreis summte und brummte, waren jedoch auch die Hilferufe der Bauern nicht zu überhören. Anton Kreitmair, Dachauer Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV), sprach damals beispielsweise von "reinem Populismus" und war der Meinung, dass das Volksbegehren die Bauern "zerstören" werde. Nun, ein Jahr später, ist sein Unmut besänftigt: "Die Veränderungen für uns sind überschaubar", sagt er. Das liege aber vor allem daran, dass die "textlichen Fehler korrigiert wurden" und der BBV gemeinsam mit der Staatsregierung wichtige Begleitgesetze erarbeitet habe. "So ist ein vernünftiges Gesetz zum Schutze aller entstanden - es sichert den Fortbestand der Bienen und der Bauern." Kreitmair ist zufrieden. Schließlich war es auch die Intention des Volksbegehrens, gemeinsam an einem Strang zu ziehen.

Eines der im neuen bayerischen Natur-schutzgesetzt festgeschriebenen Ziele ist die Ausweitung des ökologischen Landbaus - bis zum Jahr 2025 sollen mindestens 20 Prozent, bis zum Jahr 2030 sogar mindestens 30 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen ökologisch bewirtschaftet werden. Diese Forderung sieht Anton Kreitmair nach wie vor als nicht machbar an: "Das wird man nicht erreichen." Dafür wurden im Zuge des Bienenvolksbegehrens Blühstreifen am Rand von Feldern, Straßen oder im eigenen Garten umso beliebter: "Viele Bauern machen das freiwillig. Außerdem gab es schon vor Jahren vom BBV eine solche Initiative, und wir werden das auch weiterhin unterstützen", betont Kreitmair. Generell ist es ihm vor allem wichtig, dass Anordnungen und Maßnahmen für die Landwirte auch umsetzbar sind. "Dann sind wir auf einem guten Weg."

Volksbegehren Artenvielfalt

Im Kampf um Unterschriften: Georg Weigl, Adrian Heim und Peter Heller (v. li.) vor einem Jahr.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Kreisimkervorstand Niedermeier hingegen sagt über die Blühstreifen am Rand von riesigen Feldern: "Das ist mehr oder weniger ein Alibi", ergänzt aber sogleich: "Den Bienen bringt das aber trotzdem was." Denn weniger in den Städten, sondern auf dem intensiv bewirtschafteten Land hätten die fleißigen Nektarsammler spätestens im Juni Probleme bei der Nahrungssuche. Im Landkreis gebe es aber auch sehr gute Beispiele von Landwirten, und bei Beratungen in der Landwirtschaftsschule habe er die Erfahrung gemacht, das die Landwirte einfach noch nichts über die Bedürfnisse der Bienen und entsprechende Unterstützungsmöglichkeiten wüssten. Motivierten Bürgern, die etwas für die Bienen im Landkreis tun wollen, rät Niedermeier: Man sollte heimisches und wenn möglich mehrjähriges Saatgut verwenden. Ideal ist natürlich eine Fläche von zwei bis fünf Quadratmetern, aber auch auf dem Balkon kann man insektenfreundliche Kräuter und Blühpflanzen anbauen." Die allseits beliebten Geranien hätten hingegen einen "Wert von null für Bienen".

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