Sich in der Vorweihnachtszeit an Ständen am Dachauer Christkindlmarkt vorbei einen Weg in das Dachauer Rathaus zu bahnen, ist gar nicht so einfach. Dennoch haben es am Mittwochabend alle Gäste in den Alten Sitzungssaal geschafft. Zum 51. Mal werden an diesem Abend Dachauerinnen und Dachauer mit der Silbernen Bürgermedaille geehrt. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) betont in seiner einleitenden Rede die Bedeutung ihres Engagements: „Ohne sie wäre die Stadt Dachau und die Gesellschaft um vieles ärmer und kälter.“
Umso wärmer ums Herz wird einem im Laufe des Abends bei der Vorstellung der sieben Menschen, die auf unterschiedliche Weise das Wohl anderer zur Priorität machen – und dabei ihre eigenen Bedürfnisse hintanstellen.
Eine von ihnen ist Christine Albrecht. Mit einem Lächeln im Gesicht kontrolliert sie bei den Dachauer Theatertagen die Eintrittskarten, begrüßt die Gäste und beruhigt die Kinder im Publikum. Doch der Großteil ihres Engagements findet hinter der Bühne statt. Seit knapp 20 Jahren setzt sie sich – inzwischen als Vorsitzende – an der Seite von Frank Striegler für die Organisation und Planung der Theatertage ein: Um die 55 Vorstellungen mit rund 7000 Besuchern im Jahr sind das Ergebnis. Und damit nicht genug: Als leidenschaftliche Handballerin engagiert sich die Logopädin auch beim ASV Dachau.
Auch Brigitte Hinterscheid wird an dem Abend in höchsten Tönen gelobt. Als Vorsitzende der Dachauer Liedertafel brachte sie von 1996 bis 2011 zahlreiche Konzerte sowie Aufführungen mit anderen Dachauer Chören auf die Bühne. Durch ihr Wirken waren der Liedertafel keine Grenzen gesetzt: Neben Kontakten zu den Dachauer Partnerstädten Klagenfurt und Fondi organisierte sie unter anderem 2010 eine Reise nach Cork in Irland. Trotz ihres internationalen Engagements ist die 72-Jährige immer heimatverbunden geblieben: Seit Jahren ist sie treibende Kraft der Dachauer Fair-Trade-Initiative und zudem seit April 2023 im Dachauer Stadtrat tätig.
Auch Monika Kohrs Leistung ist nicht zu unterschätzen. Mindestens zweimal die Woche steht sie als Schulweghelferin an der Hermann-Stockmann-Straße. Seit 20 Jahren hilft sie Kindern über die Straße. Fast genauso lange ist sie außerdem beim Pfarrverband Mariä Himmelfahrt tätig. Ihre eigenen vier Kinder sind bereits erwachsen, doch das hält Kohr nicht von ihrer Tätigkeit ab – ans Aufhören denke sie noch lange nicht. „Es macht auch einfach Spaß“, sagt sie.
Ob beim Wohnen, beim Sport oder in der Schule: Inklusion ist überall möglich, davon ist Marianne Nickl überzeugt. Gemeinsam mit elf weiteren Müttern von Kindern mit einer Behinderung hat sie 2019 den Verein „Kunterbunte Inklusion“ gegründet. Als Vereinsvorsitzende kämpft Nickl unermüdlich dafür, die Stadt Dachau auf allen Ebenen inklusiver zu machen. Neben Initiativen wie inklusiven Stadtführungen bietet sie Informationsveranstaltungen und individuelle Beratungsgespräche für Familien an.
Auch Ingrid Poltschek ist es wichtig, dass niemand im Stich gelassen wird – auch dann nicht, wenn die Personen am Ende ihres Lebens stehen. Seit 2005 steht Poltschek im Elisabeth Hospizverein Dachau als Hospizbegleiterin Menschen auf ihrem letzten Weg zur Seite. Im Rahmen der Sterbebegleitung besucht sie die teils schwer kranken Menschen regelmäßig und leistet darüber hinaus auch emotionale Unterstützung für Angehörige oder Pflegeteams. Anfangs hat sie die neben dem Beruf gemacht, inzwischen ist sie Rentnerin: In den vergangenen zehn Jahren hat sie 38 Sterbende begleitet.
Für die meisten Menschen ist ein Fahrrad ein Fortbewegungsmittel – für einige kann es ein Stück Freiheit bedeuten. Klaus Scherzer ermöglicht diese Freiheit seit 20 Jahren. Am Mittwochabend ist er der einzige Mann in der Runde der Geehrten. Seit 1986 ist er als Mitglied des Dachauer Arbeitskreises Asyl in verschiedenen Bereichen tätig und hat sich im Laufe der Zeit auf einen spezialisiert: Fahrräder für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen. Damit ermöglicht er jene Mobilität, die viele von ihnen dringend brauchen. Mehr als 250 Fahrräder hat Scherzer schon besorgt und repariert – und damit mindestens genauso viele Menschen glücklich gemacht.
Die letzte Medaille des Abends geht an Theresia Schindler. Seit 2016 ist sie Schriftführerin der Dachauer Ortsgruppe des Deutschen Alpenvereins. Als Presseverantwortliche des Vereins hält sie zudem im Hintergrund die Fäden in der Hand. Im Jahr 2020 war sie maßgeblich an der Organisation des 100-jährigen Bestehens der Ortsgruppe beteiligt. Ihr Engagement beim DAV beweist: Oft sind es die Menschen abseits vom Rampenlicht, die Berge versetzen können.
Am Ende des Abends lädt der Oberbürgermeister wie gewohnt auf ein Essen in der Kulturschranne ein. Mit einem Lächeln im Gesicht und der Medaille in der Hand verlassen die Geehrten den Saal. In den kommenden Tagen werden sie sich wieder voller Herzblut für das Wohl anderer einsetzen. Doch heute stehen ausnahmsweise mal sie im Mittelpunkt.