Amtsgericht Dachau:30 Monate Haft für Drogenkauf im Darknet

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Petershausener gesteht, beim "Kinderzimmer-Dealer" in Leipzig Amphetamin, Crystal Meth, Kokain und Ecstasy bestellt zu haben.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Anfang 2015 gelang der Leipziger Polizei ein sensationeller Schlag gegen die Drogen-Szene. Im Zimmer eines 20-Jährigen, der noch bei seiner Mutter lebte, stellten die Fahnder etwa 320 Kilogramm Drogen sicher, von Haschisch, LSD, Ecstasy über Kokain bis hin zu Crystal Meth. Die Ermittlungen ergaben, dass der Leipziger seit Ende 2013 fast eine Tonne illegaler Substanzen über das Darknet, einen anonymen und verschlüsselten Teil des Internets, vertrieben hatte. Im November 2015 wurde der "Kinderzimmer-Dealer", als den ihn die Medien bezeichneten, zu sieben Jahren Jugendstrafe verurteilt. Doch die Justiz beschäftigt der Fall weiter. Nach dem Hauptschuldigen werden nun vielerorts dessen Kunden zur Rechenschaft gezogen. Vor dem Amtsgericht Dachau musste sich am Dienstag ein 30-jähriger Mann aus der Gemeinde Petershausen verantworten, der über die Webseite des Leipzigers Drogen bezogen hat. Der Mann gestand, zwischen August 2014 und Februar 2015 insgesamt elf Bestellungen aufgegeben und die Ware zehn Mal per Post auch erhalten zu haben. Mit der Internet-Währung Bitcoins bezahlte er mehr als 800 Gramm Amphetamin, sieben Gramm Crystal Meth, zwei Gramm Kokain und 45 Ecstasy-Tabletten. Einzig seine letzte Bestellung über 100 Gramm Amphetamin erreichte nie sein Haus - der Leipziger saß da bereits in Untersuchungshaft.

Die Webseite "shiny-flakes" geriet damals groß in die Schlagzeilen. Im Internet kursierten Beweisbilder der Polizei, auf denen Säcke voll mit Tabletten und weißen Substanzen zu sehen waren. Der Leipziger, so weiß man heute, führte seit Ende 2013 ein florierendes Online-Warenhaus für verschiedenste Drogen, mit dem er schätzungsweise mehr als vier Millionen Euro umsetzte. Für Konsumenten war seine Plattform ein regelrechtes Eldorado. Wie etwa bei Amazon oder anderen legalen Online-Shops, konnten sie per Mausklick ihre Bestellungen aufgeben. Je mehr man bestellte, desto kleiner wurde der Stückpreis. Der Angeklagte vor dem Dachauer Amtsgericht zahlte beispielsweise für ein Gramm Amphetamin 2,50 Euro. Auf der Straße, so schätzte Amtsrichter Christian Calame, koste das Gramm etwa zwölf Euro.

Der Dachauer betonte, wie verlockend das Angebot gewesen sei. Es lief alles wie geschmiert. Er bestellte Drogen für einen sehr günstigen Preis und zwei, drei Tage später lagen sie in seinem Briefkasten. Er selbst sei hochgradig süchtig nach Amphetamin gewesen, das in Szenekreisen oft als Speed bezeichnet wird. Pro Tag will der Angeklagte zwei bis drei Gramm davon konsumiert haben. Die Droge sei fester Bestandteil seines Alltags gewesen, die erste Linie habe er sich schon morgens gezogen, um in der Arbeit zu funktionieren.

Akkurat geführtes Kundenverzeichnis

Zum Verhängnis wurde dem 30-Jährigen, dass der Betreiber von "shiny-flakes" fein säuberlich Buch über seine Kunden führte. In den Verzeichnissen stieß die Kripo Leipzig auf die private Email-Adresse des Dachauers. Sein Name tauchte im Zusammenhang mit elf Geschäften auf. Die Staatsanwaltschaft München II übernahm die weiteren Ermittlungen. Bei einer Hausdurchsuchung stellten die Fahnder Verpackungsmaterial, Ziehröhrchen und eine sehr geringe Menge Amphetamin sicher.

Das Dachauer Schöffengericht verurteilte den 30-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Die Version des Angeklagten, er habe die großen Mengen mit drei engen Freunden nur zum Eigenkonsum bezogen, betrachteten sie als nicht widerlegbar. Eine Bewährungsstrafe, wie von der Verteidigerin gefordert, kam für die Richter aufgrund der Vielzahl an Einzeltaten und der immensen Mengen aber nicht in Betracht. Der Angeklagte und seine Angehörigen weinten am Ende der Verhandlung. Der 30-Jährige ist angeblich wieder clean, ins Gefängnis muss er nun trotzdem.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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