Dachau:Diebische Putzfrau

Mit einer Falle und der Hilfe der Polizei gelingt es zwei Arbeitgeberinnen, ihre Reinigungskraft zu überführen. Das Amtsgericht in Dachau verurteilt die 48-Jährige zu elf Monaten Haft auf Bewährung.

Von Benjamin Emonts

Hier mal zwei 50-Euro-Scheine aus der Geldbörse, da mal ein paar Hände voll silberner Euro-Münzen, oder mal eben ein Kuvert mit 2500 Euro. Die Geldquelle, die sich eine Putzfrau aus dem Landkreis Aichach erschloss, schien unaufhörlich zu sprudeln und nie zu versiegen. Über etwa ein Jahr hatte die Putzfrau - neudeutsch: Reinigungskraft - regelmäßig bei zwei Frauen aus dem Landkreis Dachau, die sie schwarz beschäftigten, Geld gestohlen. Mindestens 2900 Euro kamen so zusammen. Doch im Oktober 2011 versiegte die Quelle. Nachdem die Arbeitgeberinnen Verdacht geschöpft hatten, stellten sie der Putzfrau gemeinsam mit der Polizei eine Diebesfalle. Eine Falle, die zuschnappte. Nun musste sich die 48-Jährige vor dem Dachauer Amtsgericht des gewerbsmäßigen Diebstahls verantworten.

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Die Polizei legte eine Diebesfalle - und die schnappte zu.

(Foto: dpa)

Es dauerte wirklich lange, doch irgendwann kam es den befreundeten Frauen spanisch vor. Das Geld, das sie regelmäßig am Bankautomaten abhoben, war in kürzester Zeit verschwunden, die Banknoten wie vom Winde aus der Geldbörse verweht. "Ich gebe ganz schön viel aus zur Zeit", dachte sich eine der Frauen zunächst. Die andere: "Mir ist lange Zeit gar nichts aufgefallen."

Bis eine der Frauen begann, ihre Ausgaben minutiös zu dokumentieren. Schnell kam die ernüchternde Erkenntnis: Das Geld, das ihr zuletzt regelrecht durch die Finger glitt, es wurde gestohlen. Doch von wem? Ihr erster Verdacht fiel auf ihren Sohn. Die Putzfrau? "Niemals. Die war ja immer sehr nett, auch zu den Kindern, ich war sehr zufrieden mit ihr." Dennoch stellt sie ihre Reinigungskraft auf die Probe. Sie steckt 300 Euro in ihren Geldbeutel, platziert ihn klar sichtbar im Hausgang und verlässt das Haus; nur die Putzfrau ist da. Dann kommt die Frau nach Hause, blickt in den Geldbeutel und - wer hätte das gedacht - es fehlen tatsächlich 100 Euro. Als sie ihrer Freundin von dem Vorgang erzählt, kommt diese ins Grübeln. Zumal ihr erst wenige Monate zuvor das Weihnachtsgeschenk ihrer Mutter, ein Kuvert mit "2880 Euro" abhanden gekommen war - und das, obwohl es im "Küchenkasten zwischen Anleitungen von Küchenmaschinen bestens versteckt war". So langsam dämmert es ihr: Der Umschlag könnte gestohlen worden sein. Er kann sich ja nicht in Luft aufgelöst haben.

Die Frauen sind sich nun sicher: "Die Diebin ist unsere Putzfrau." Anstatt sie aber gleich zur Rede zu stellen, warten sie ab und informieren die Polizei. Ein Hauptkommissar der Polizeiinspektion Dachau, der auch als Zeuge geladen war, präparierte 350 Euro mit einer Chemikalie und platzierte das Geld genau an dem Ort, an welchem das Kuvert damals versteckt war. Ein Köder, an dem die Putzfrau einen Tag später bereits angebissen hat - dieses Mal fehlten zwei 50-Euro-Scheine und eine 10-Euro-Note.

Bei der kurz darauf veranlassten Hausdurchsuchung wurden dann zumindest die zwei Fünfziger konfisziert, ebenso wie 2910 Euro Bargeld, das - so die Vermutung - zu einem großen Teil das Geld aus dem gestohlenen Kuvert gewesen sein soll. Fingerabdrücke von der Angeklagten ließen sich auf dem Geld jedoch ebenso wenig finden wie die der mutmaßlich Bestohlenen.

Überhaupt sollte Richter Lars Hohlstein und die Staatsanwaltschaft die große Geldmenge aus dem Umschlag die meiste Zeit der dreistündigen Gerichtsverhandlung beschäftigen. Den Diebstahl der kleineren Geldsummen hatte die Deutsche, die mit schwäbischem Akzent sprach, schon zu Beginn der Verhandlung eingeräumt. Dass sie auch das Kuvert gestohlen hat, wollte sie hingegen nicht zugeben. Zumal es tatsächlich einige Ungereimtheiten gab: So konnte sich die mutmaßlich Bestohlene, die anscheinend einen laxen Umgang mit Geld pflegte, nicht mehr genau an den Betrag erinnern, den das Kuvert enthielt. Sie widersprach sich mehrmals.

Dennoch legte Richter Hohlstein der Angeklagten auch den Diebstahl des Kuverts zur Last - obwohl es keinen handfesten Beweis dafür gab. Zu viele Indizien würden dafür sprechen, sagte der Richter. Einerseits habe die Frau das Versteck in dem Küchenschrank gekannt, wie aus der Diebesprobe ersichtlich geworden sei. Andererseits sei eine große Menge Bargeld gefunden worden, deren Herkunft die Angeklagte nicht aufklären konnte. Hohlsteins Urteil: elf Monate Freiheitsstrafe, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist; Einbehaltung des konfiszierten Bargelds und vollständige Entschädigung der Bestohlenen. Das Geld fließt wieder. Aber nun in die andere Richtung.

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