Süddeutsche Zeitung

Dachau:Die Stellvertreter-Frage

Welche Fraktionen im Dachauer Stadtrat die Bürgermeisterposten besetzen, ist noch völlig offen. Doch vom Ausgang hängt die angestrebte Konsenspolitik des neuen OB Florian Hartmann ab.

Von Walter Gierlich

Wenn es nach dem neuen Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann und seiner SPD geht, dann hätten die Fraktionen entsprechend dem Wahlergebnis das Vorschlags- und Zugriffsrecht für die Bürgermeisterposten - mit Ausnahme der SPD, die ja schon den OB stellt. Der Posten des ersten Stellvertreters ginge also, wie die SPD-Fraktionsvorsitzende Christa Keimerl, erklärte, an die CSU, die 15 Stadträte stellt, der des zweiten Vizes an die Grünen mit vier Sitzen. Doch ob es so kommt, ist ungewiss: Am Montagabend standen noch einmal Fraktionssitzungen an. Und der Grünen-Fraktionssprecher Thomas Kreß betont: "Es könnte Überraschungen geben." Die konstituierende Sitzung des neugewählten Stadtrats findet an diesem Dienstag im Rathaus statt. Beginn ist um 18 Uhr.

Vor sechs Jahren hat es ein solche Überraschung gegeben. Damals ist der Proporz über den Haufen geworfen worden und Claus Weber zum ersten Stellvertreter gewählt worden. Weber hatte seinerzeit noch auf der Liste der Überparteiliche Bürgergemeinschaft (ÜB) kandidiert, war aber noch vor der ersten Sitzung zu den Freien Wähler (FW) übergetreten. Zusammen mit den beiden anderen FW-Stadträten und dem FDP-Vertreter sicherte Weber der CSU durch den Übertritt eine knappe Mehrheit. Diese knappe Mehrheit gibt es rein rechnerisch immer noch: CSU, FW und die gemeinsame Fraktion von Bürger für Dachau des ehemaligen SPD-Stadtrats Horst Ullmann und FDP bringen es auf 21 Mandate, SPD, Grüne, Bündnis für Dachau und ÜB kommen zusammen mit der Stimme von SPD-OB-Hartmann auf 20 Stimmen.

Doch diesmal dürfte Weber leer ausgehen. Auf die Frage, ob er wieder auf einen Bürgermeisterposten hoffen könne, antwortet er knapp: "Wer rechnen kann, weiß, dass das illusorisch ist." Er sei an Verhandlungen unter den Fraktionen im Vorfeld nicht beteiligt gewesen. Weber, der seit der Stichwahl nahezu alle öffentlichen Termine für den abgewählten OB Peter Bürgel (CSU) wahrgenommen hatte, betont: "Mein Amt endete am 30. April. Meine letzte Amtshandlung war die Eröffnung des Amperitiv-Festivals. Seit 1. Mai bin ich nicht mehr im Dienst."

Momentan nicht mehr im Dienst ist auch die bisherige zweite Stellvertreterin des OB, die CSU-Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky. Doch sie wird als heiße Kandidatin für das Amt der Bürgermeisterin gehandelt. "Das entscheidet sich morgen", betonte sie allerdings am Montag. Und über Absprachen im Vorfeld schweigt sie sich aus. "Da müssen sie unseren Fraktionsvorsitzenden fragen. Ich werde den Teufel tun und mich zu Sachen äußern, zu denen ich nicht befugt bin."

Doch auch der neue CSU-Fraktionschef Dominik Härtl gibt sich bedeckt: "Ich kann und werde zu Personen nichts sagen." Die CSU sei als stärkste Fraktion der Meinung, dass ihr das Amt des ersten Stellvertreters zustehe, sagt Härtl und ist damit im Einklang mit SPD-Kollegin Keimerl. Doch wen die CSU am Dienstag vorschlagen wird, werde sie erst in einer Fraktionssitzung am Montagabend entscheiden. Auch einen Grünen als weiteren Stellvertreter könnte sich CSU-Fraktionschef Härtl vorstellen. Schließlich, so betont er, habe die Fraktion angekündigt, dass sie Sachpolitik machen wolle. "Es ist unser Wunsch, Entscheidungen im Konsens zu treffen. Ob das am Ende gelingt, ist fraglich." Doch wolle man nicht gleich am Anfang Knatsch, sagt er. Dass nicht alles so glatt laufen könnte und es auch Überraschungen geben könnte, schließt Härtl jedenfalls nicht aus, erklärt aber: "Mit der Situation, die man vorfindet, muss man vernünftig und verantwortungsvoll umgehen. Und das haben wir vor."

Für den Verfahrensvorschlag von OB Hartmann und der SPD sprechen sich auch Grüne und ÜB aus, die jeweils vier Sitze haben. "Unsere Aussage war immer: Wir wollen eine Besetzung nach dem Wahlergebnis. Das ist das Demokratischste", sagt ÜB-Fraktionsvorsitzender Rainer Rösch. Und Kreß betonte: "Es wird einen Vorschlag aus dem ökologisch-grünen Lager geben." Also nicht zwangsläufig ein Mitglied seiner Partei, sondern vielleicht auch jemand aus den Reihen des Bündnis für Dachau. "Prinzipiell stimmen wir zu, dass die Bürgermeisterposten nach dem Wahlergebnis vergeben werden", sagt denn auch Kai Kühnel, Chef der ebenfalls vierköpfigen Bündnis-Fraktion, ehe er eine Einschränkung macht: "Wir wählen nicht jeden aus der CSU." Es hänge von der Person, die die Christsozialen vorschlagen: "Der Ball ist eindeutig bei der CSU."

Kühnel wie auch Kreß wollen das Vorschlagsrecht für den zweiten Stellvertreter Florian Hartmann überlassen. Der OB brauche als Stellvertreter Leute, auf die er sich verlassen, denen er vertrauen kann. Eine letzte Besprechung dazu findet laut Kühnel am Dienstag um 15 Uhr statt - drei Stunden vor der Sitzung.

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SZ vom 06.05.2014
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