Dachau:Die neue Hauptstadt des Fernsehkrimis

Filmpremiere

Günter Zigawe (v.l.n.r.), Sigi Fischer, Nuno Huang, Christian Past und Niels Osthorst bei der Vorstellung der Krimipersiflage "Die Leichenschmausler".

(Foto: Niels P. Jørgensen)

"Die Leichenschmausler", eine Persiflage auf das Krimi-Dinner, spielt in Dachau-Ost. Der Erlös der Vorstellung geht ans Tierheim

Von Dorothea Friedrich, Dachau

In welcher Stadt und auf welche höchst persönliche Art ein Tatort-Kommissar ermittelt, ist bekanntlich immer noch für heftige Diskussionen gut - und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen streng nach Länderquoten geregelt. Doch von den Verwaltern unserer Rundfunk- und Fernsehgebühren unbemerkt, hat sich eine neue Hauptstadt des Fernsehkrimis nebst neuem Kommissar etabliert. Ort des Geschehens ist Dachau. Brückl heißt der Mann, der dem Verbrechen keine Chance lässt. Er vereinigt alles, was das Zuschauerherz höher schlagen lässt: Stahlblaue Augen wie Schimanski in seinen besten Dortmunder Jahren, blitzschnelle Kombinationsgabe wie Thiel und Börne in Münster, zupackend wie Batic und Leitmayr in München. Am Samstagabend gab es im Ludwig-Thoma-Haus eine Kostprobe unter dem vielsagenden Titel "Die Leichenschmausler - ein ruinierter Abend". Fast eine Weltpremiere, denn der Film war kürzlich bereits im kleinen Kreis gezeigt worden. Dieses Mal aber ging der Erlös der Vorstellung an das Dachauer Tierheim. Dazu später mehr.

Gedreht wurde der 23-Minuten-Film selbstverständlich in Dachau am Originalschauplatz, und Hauptdarsteller Christian Past ist Dachauer. Echtes Lokalkolorit ist also garantiert. Spaß und Unterhaltung ebenso. Denn die fünfköpfige Crew plus Autor und Regisseur Nuno Miquel Wong hat sich einen Spaß daraus gemacht, eines der allseits beliebten Krimi-Dinners gehörig auf die Schippe zu nehmen. Und das geht so: Im Bräustüberl (gibt es tatsächlich) soll eine Theateraufführung stattfinden. Der blasierte Autor (Niels Osthorst) kommt aber über einleitende Worte nicht hinaus. Denn die wohlgestalte Moni (urkomisch: Sigi Fischer) hat gerade die Leiche ihres Schauspielerkollegen Schorsch entdeckt. Kommissar Brückl (Christian Past) findet schnell heraus, dass nichts so ist, wie es scheint. Schließlich weiß er: "Mei Kopf, der macht ja praktisch nie Pause". Also geht er allen möglichen Fragen nach: Was hat es mit dem Zickenkrieg in der Schauspieltruppe auf sich? Warum ist das T-Shirt des Technikers (umwerfend: Günter A. Zigawe) blutbeschmiert? Ist die Produzentin (cool: Christine Eberl) wirklich nur um ihre Schauspieler besorgt?

Brückl kombiniert messerscharf, dass jeder mehr oder weniger schlechte Gründe hatte, besagtem Georg den Rest zu geben. So richtig vertrackt wird es, als sich herausstellt, dass die Wirtin nebst Kasse das Weite gesucht hat. Warum? Die Lösung ist ebenso überraschend wie Krimi-Dinner-mäßig. Schließlich sind die Darsteller in dieser Form der Abendunterhaltung erprobt.

Christian Past sagte der SZ Dachau, dass er bei einem solchen Event die Idee gehabt habe, selbst unter die Autoren zu gehen. Aber der Plot muss so aufgebaut sein, dass die Story die Wartezeit zwischen den einzelnen Gängen im Lokal der Wahl überbrückt und dennoch den Spannungsbogen bis zur Auflösung nach dem Dessert hält. Die Idee griff Regisseur Nuno Miquel Wong auf. Weil er gerade Zeit hatte, schrieb er das Drehbuch für "Die Leichenschmausler"; der perfekte Drehort - von dem alle immer noch schwärmen - war in Dachau-Ost schnell gefunden. In nur sieben Stunden waren alle Aufnahmen im Kasten. Kein Wunder. Denn Past und seine Kollegen nennen sich zwar bescheiden Laiendarsteller, sind aber erfahrene Komparsen, die schon bei vielen großen Produktionen mitgewirkt haben.

Regisseur Wong hat ein Händchen für gelungene Einstellungen, für verwirrend-flirrende Rückblenden und einen sauberen Schnitt. So wird "Die Leichenschmausler" zur amüsanten Persiflage eines Krimi-Dinners und spielt locker auf der Klaviatur der Klischees - ohne ins Dümmliche abzugleiten. Wong ist inzwischen übrigens mit einem Projekt der ganz anderen Art beschäftigt. Er bereitet einen Film über die unsichtbaren Machenschaften der kalabrischen Mafia in Deutschland vor.

Hauptdarsteller Past hat ebenfalls ein neues Projekt im Visier: Er will den Tierschutzverein Dachau tatkräftig unterstützen und warb vor der Vorstellung so überzeugend wie in seiner Rolle als Kommissar für die Arbeit der Organisation: "Die brauchen nicht nur Geld, sondern auch helfende Hände." Auf geht's Herr Kommissar!

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