Dachau:Die Linke und der Trump-Effekt

Während die Volksparteien im Landkreis Mitglieder verlieren, verzeichnen kleine Parteien ein wachsendes Interesse.

Von Gregor Schiegl, Dachau

Die Parteienlandschaft im Landkreis wird kleinteiliger und bunter. Während die großen Volksparteien CSU und SPD weiter Mitglieder verlieren, haben die kleineren Gruppierungen im vergangenen Jahr mehr Eintritte als Austritte verzeichnen können. Vom vielfach berichteten Trump-Effekt, der zu einem stärkeren Engagement in den Parteien als Reaktion auf den Ausgang der US-Wahlen führen soll, ist im Landkreis wenig zu spüren. Häufigste Motive für einen Parteieintritt sind nach übereinstimmender Aussage der Parteichefs Grundüberzeugungen zu zentralen gesellschaftlichen Themen wie Klimaschutz oder Flüchtlingspolitik. Lokalpolitische Erwägungen spielten für Neumitglieder dagegen kaum eine Rolle.

Trotz leichten Mitgliederschwunds ist die CSU nach wie vor die mit Abstand größte Partei im Landkreis. Derzeit haben die Christsozialen im Landkreis 1414 Mitglieder. Anfang 2016 waren es noch 1432. Nach Auskunft von Johanna Mertl vom CSU-Bürgerbüro halten sich Ein- und Austritte in etwa die Waage. Dass die CSU per Saldo trotzdem leicht verloren hat, liegt auch daran, dass viele Parteimitglieder inzwischen schon recht betagt sind. 17 von ihnen sind im vergangenen Jahr gestorben. Bei den Christsozialen hat es definitiv keinen positiven Trump-Effekt gegeben. Seit der Wahl Trumps im November ist die Mitgliederzahl bis heute um zehn gesunken.

Auch die Sozialdemokraten werden weniger. Anfang 2015 gab es noch 490 Leute mit SPD-Parteibuch im Landkreis, jetzt sind es nur noch 480. Besonders prekär ist die Lage der Sozialdemokraten im westlichen Landkreis. Vielerorts bestehen die Ortsvereine nur mehr aus einer Person. Gut verwurzelt ist die SPD auf lokalen Inseln wie in Petershausen, Markt Indersdorf oder in Vierkirchen, der einzigen SPD-regierten Gemeinde im Landkreis. "Es gelingt uns nicht, die Wähler als Mitglieder in die Parteien zu holen", stellt der Unterbezirksvorsitzende Martin Güll fest. Den Zustand der SPD im Landkreis charakterisiert er als "kränkelnd". Das liegt auch an der Altersstruktur. 50 Prozent der Dachauer Sozialdemokraten sind 60 Jahre oder älter. Viele Kandidaten, die bei Kommunalwahlen für die SPD antreten, sind gar keine Parteimitglieder. Allerdings ist das kein Alleinstellungsmerkmal der SPD. Bei den anderen treten auch viele Parteilose an. Ein kleiner Trost: Die Zahl der Jusos, den Mitgliedern bis 35 Jahren, ist im Landkreis im vergangenen Jahr geringfügig gestiegen: von 40 auf 42.

Dachau: Renate Schiefer, Linke, freut sich über neue Interessenten.

Renate Schiefer, Linke, freut sich über neue Interessenten.

(Foto: privat)

Die Kleinen wachsen - ein bisschen

Bei den Grünen geht es auch wieder aufwärts. "Wir haben in den vergangenen Monaten leicht zugelegt", sagt Kreissprecherin Marese Hoffmann. Derzeit liege die Zahl der Mitglieder im Landkreis bei 59. Vor drei Jahren war die Partei "im totalen Tief", sagt Hoffmann. Damals war die Zahl auf weniger als 50 Mitglieder gefallen. Schätzungsweise ein Fünftel der Mitglieder sind unter 35. "Wir kämpfen trotzdem vehement um jüngere Mitglieder."

In Bayern ist sie nur eine Splitterpartei, doch im Landkreis kann die ÖDP gut mit den Grünen mithalten. Die wertkonservative Öko-Partei hält sich seit 2013 stabil über der Marke von 50 Mitgliedern. Vor 20 Jahren hatte der Kreisverband sogar schon einmal mehr als 60 Mitglieder. Nach der Landtagswahl 1998, die für die ÖDP mit einem enttäuschenden Ergebnis ausging, gab es einen großen Umbruch in der Partei. "In diesem Zuge haben auch wir im Landkreis Dachau Mitglieder verloren", sagt der ÖDP-Kreisvorsitzende Adrian Heim. Der Tiefpunkt war 2007, als die Zahl der Mitglieder auf 38 hinunterrutschte. "Seitdem geht der Trend langfristig aufwärts."

Die Liberalen erholen sich langsam

Auch die Liberalen schöpfen wieder Hoffnung: Vor einem Jahr gab es im Landkreis nur noch 33 Mitglieder, jetzt sind es wieder 38. Zwei Liberale sind in den Landkreis gezogen, drei neu in die Partei eingetreten. Sie hätten angegeben, unzufrieden über die große Koalition in Berlin zu sein, sagt der ehemalige Dachauer FDP-Stadtrat Alfred Stelzer. Die Entwicklung stimmt ihn vorsichtig optimistisch. "Aber es ist sehr schwierig, von den Bürgern wahrgenommen zu werden." Vor drei Jahren flog die FDP aus Bundestag und Landtag. In der Dachauer Kommunalpolitik ist sie nur mehr in Person von Stadtrat und Kreisrat Jürgen Seidl vertreten.

Dachau: Adrian Heim, ÖDP, verzeichnet einen langfristigen Aufstieg.

Adrian Heim, ÖDP, verzeichnet einen langfristigen Aufstieg.

(Foto: Toni Heigl)

Bei den Freien Wählern ist die Lage kompliziert. Sie sind nur zum Teil Partei und haben daher eine Doppelstruktur mit einem Kreisverband und einer Kreisvereinigung. Zu letzterer gehören 45 FW-Parteimitglieder, darunter auch die Freien Wähler Dachau, die allerdings dem FW-Kreisverband nicht angehören. Das ist selbst Mitgliedern der Freien Wähler nicht immer ganz leicht zu vermitteln, wie der FW-Kreisvorsitzende Josef Baumgartner einräumt. Bei den Freien Wählern gab es weder einen Zuwachs noch einen Schwund.

Auch die AfD hat inzwischen einen Ortsverband

Neu in der Parteienlandschaft ist der Dachauer AfD-Verband, der im Oktober 2016 gegründet wurde. Er umfasst Dachau, Karlsfeld, Bergkirchen, Hebertshausen und Schwabhausen und zählt 24 Mitglieder. Allerdings gibt es noch 16 weitere AfD-Mitglieder im Landkreis, die dem kreisverband angehören. Die Zahl spiegelt allerdings längst nicht die Zustimmung wider, die AfD-Sprecher Karl-Herrmann Behrens sich für seine Partei bei der Bundestagswahl im Landkreis erwartet. Leider scheuten sich "immer noch zu viele Bürger, sich klar zur AfD zu bekennen", sagt er und beklagt Anfeindungen und Diskriminierungen gegen AfD-Anhänger. Die sind angeblich auch der Grund dafür, dass der Vorsitzende des Dachauer AfD-Ortsverbands und sein Stellvertreter bislang auf der Homepage der Partei nicht mit vollem Namen und ohne Foto geführt werden. "Die Vorstandschaft wird sich zeitgerecht mit Namen und Bild zu erkennen geben", kündigt Behrens an.

Die Linke war nach zahlreichen internen Querelen fast völlig von der Bildfläche verschwunden. Die Mitgliederzahl ist im Landkreis binnen eines Jahres von zehn auf zwölf gestiegen. "Das ist natürlich mau", sagt Renate Schiefer, die Parteisprecherin und Bundestagsdirektkandidatin. Doch es gebe nun eine ganze Reihe von Interessenten. Vor allem Schüler und Studenten wollten bei der Dachauer Linken jetzt mitmachen, um dem Rechtsdruck im Land etwas entgegenzusetzen. "Bei uns gibt es durchaus so etwas wie einen Anti-Trump-Pegida-AfD-Effekt", sagt Schiefer.

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