Dachau:Die Kraft des Ingwertees

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Eine feste Größe im bayerischen Kabarett: Django Asül präsentiert in Dachau große Kleinkunst. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Mit seiner Treffsicherheit bringt der Kabarettist Django Asül das Thoma-Haus zum Toben

Von Julian Erbersdobler, Dachau

Django Asül trinkt im Scheinwerferlicht Ingwertee. Aus einem Bierglas. Er sei ein bisschen angeschlagen, sagt er. Davon merkt man aber sonst nichts. Gleich in den ersten Minuten schafft er es, den ausverkauften Saal im Dachauer Ludwig-Thoma-Haus für sich einzunehmen. Wie er das schafft? Mit Ortskunde. Wann wurde Dachau zum ersten Mal urkundlich erwähnt, fragt er das Publikum. Die lautstarke Antwort einer Frau, die direkt vor der Bühne sitzt, lässt nicht lange auf sich warten: "Ich bin aus München."

Es läuft. Vielleicht auch, weil der Kabarettist das Thoma-Haus als Dachauer "Festspielhaus" bezeichnet, das schon als Vorbild für die Hamburger Elbphilharmonie hergehalten hat. Und sicherlich auch, weil er sich mit seinem Publikum auseinandersetzt. Einmal spielt er mit einer jungen Fotografin, die erst nach der Pause kommt. Ein anderer Gag zieht sich durch das ganze Programm: Es geht um den jüngsten Kabarett-Gast, einen Bub, gerade mal 14. Django Asül bietet ihm seine Unterstützung an: "Wenn du nicht ganz mitkommst, kannst du dich jederzeit melden und nachfragen."

Eigentlich muss er es keinem mehr beweisen. Der gebürtige Niederbayer mit türkischen Wurzeln, bürgerlich Uğur Bağışlayıcı, ist schon mehr als 3000 Mal aufgetreten. Und gehört zu den festen Größen im bayerischen Kabarett. 2007 durfte er die prestigeträchtige Fastenpredigt auf dem Nockherberg halten. Seit 2008 tritt der Kabarettist beim Maibockanstich im Münchner Hofbräuhaus auf. Sein fünftes Bühnenprogramm "Paradigma" führt er seit 2012 auf. Bald soll ein Best-Of kommen, verrät er.

Und wie es sich für einen echten Niederbayern gehört, beschäftigt auch er sich mit den wichtigen Dingen des Lebens: der CSU und "Dahoam is Dahoam", "der komplexesten Serie der Nachkriegszeit". Während er der Sendung intellektuell allerdings nicht ganz gewachsen sei, habe er dafür einen sehr guten Draht zu Horst Seehofer. "Wir telefonieren einmal im Monat und tauschen unsere Texte aus, da haben alle was davon", sagt er. Ob Horst Seehofer auch am aktuellen Programm zu Gange war? Eher nicht. Meistens schießt Asül gegen die Christsozialen. Vom "bescheidenen" Markus Söder über Generalsekretär Andreas Scheuer zum "James Bond der CSU": Alexander Dobrindt.

Aber natürlich geht es auch um Europa. Und um Jean Claude Juncker, den "Drecksack des Jahrhunderts". Sein Verdienst: "Er hat es geschafft, aus Luxemburg die größte Geldwaschanlage der Welt zu machen." Dagegen sehen sogar Maffiosi wie "albanische Hütchenspieler" aus, sagt Asül. Der Kabarettist ist aber nicht nur gekommen, um zu schimpfen. Sondern auch in friedlicher Mission. Ein Deutscher, ein Niederbayer, mit türkischen Wurzeln, der sein Bühnenprogramm auf ein griechisches Wort tauft: Paradigma. "Das hat schon einen ökumenischen Touch."

Damit wäre der Titel geklärt, aber wer inspiriert den Kabarettisten zu seinem Programm? Die Antwort ist recht simpel: die tiefsinnigen Gespräche im örtlichen Wirtshaus. Django Asül hält sich auf der Bühne an einem Tisch fest, schwankt von links nach rechts, dann beginnt die Konversation. Sagt der eine Betrunkene zum anderen: "Brauchst du a Demokratie?" - "I wollt ma eigentlich grad a Weißbier bestellen", antwortet der andere. Der Saal tobt. Vielleicht sollten auch andere Kabarettisten mal zum Ingwertee greifen.

© SZ vom 28.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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